Weg da, das ist mein Handtuch

Anna.
    »NEIIIN!«, heulte Carlotta und prügelte auf Elias ein.
    Der nahm Anlauf und warf sie um.
    Carlotta schrie beleidigt, gellend und wie am Spieß.
    »Elias, Carlotta«, rief Oliver laut, »hört sofort auf. Schluss!«
    Nebenan, hinter der Wand, rief der Mann noch lauter: »Das kotzt mich an. Ich habe keine Lust mehr!«
    »Denkst du, ich?«, kreischte die Frau schrill. »Hau bloß ab, du blöder Arsch!«
    Oliver und Anna registrierten erschrocken, dass ihre Kinder auf einmal still vor der Wand standen und fasziniert zuhörten.
    »Ja«, brüllte es auf der anderen Seite, »ich haue AB, DU BLÖDE, DRECKIG E …«
    Gerade noch rechtzeitig fing Anna an, das Kinderlied »Der Mond ist aufgegangen« gegen die Wand zu schmettern.
    Nebenan wurde es still.
    »Papi«, krähte Elias, »was ist ein blöder Arsch?«
    »Ein Schimpfwort«, raunte Oliver. »Sei leiser!«
    »Selber blöder Arsch«, krähte Elias laut zur Wand hin, »selber blöder Arsch! Selber!«
    Oliver hielt seinem Sohn den Mund zu.
    Zu spät. Nebenan wurde eine Tür aufgerissen und mit aller Wucht wieder zugeknallt. Oliver sah sich hektisch nach etwas um, mit dem er seine Familie verteidigen konnte.
    Draußen waren Schritte zu hören. Dann, nach einer Pause, klopfte es an ihre Tür.
    Anna begriff viel zu spät und zog entsetzt die Kinder an sich.
    Das einzige Waffenähnliche in diesem erbärmlich ausgestatteten Raum war der Holzkleiderbügel, auf dem Annas Kleid für abends hing. Oliver ließ es zu Boden fallen, schwang den Bügel und riss die Tür auf, entschlossen, bis zum Letzten zu kämpfen.
    Vor der Tür stand ein Mann in Hoteluniform. Er hatte ein Klappbett dabei.
    SUSAN
    Nach dem Hauptgerich t – Ente mit Kartoffel n – griff der Elvis-Verschnitt wieder zum Mikrofon. »Liebe Freunde von Circumstance«, rief er, »denkt ja nicht, dass wir keine Aufgabe für EUCH haben! Im Gegenteil: Gleich könnt ihr zeigen, was ihr draufhabt! Wer will der Erste sein? Das erste Opfer?«
    Niemand wollte.
    Elvis erklärte einen schwammigen Mittdreißiger zum Freiwilligen, der zwei Tische weiter saß und aussah, als könne er sich nicht wehren. Zwei komische Kellner installierten auf der Tischseite ihm gegenüber eine kleine Wippe und legten eine gekochte Kartoffel auf ihr eines Ende.
    »Nun brauchen wir noch einen Freiwilligen!«, rief Elvis. »Wer von euch will diesen leidenschaftlichen Kartoffelliebhaber füttern? Du hast doch keine Erdapfelallergie, nein? Hahahaha!«
    Diesmal gab es viele Meldungen. Eine Frau im knallroten Top durfte sich neben die Wippe setzen. Elvis wies sie an, so auf das freie Ende zu schlagen, dass die Kartoffel im Mund des Opfers landen würde und machte den Countdown. Die Kartoffel kollerte über das Tischtuch.
    Aufstöhnen an den Tischen.
    Eine neue Kartoffel wurde aufgelegt.
    »Frauen und Technik, nur Mut!«, rief Elvis. »Du musst fester schlagen. Trau dich! Sonst müsste einer der Gentlemen neben dir gebeten werde n …«
    Weiter kam er nicht. Die Rotgekleidete war aufgesprungen und hieb beide Fäuste mit aller Kraft auf die Wippe. Mit Erfolg: Die Kartoffel flog über den Freiwilligen hinweg. Schlug ein im üppigen Brusthaar, das Elvis sich perfekt in den XXL-V-Ausschnitt seines Glitzerfummels gestylt hatte, und zerbröselte dort.
    Gelächter an den Tischen.
    JESSICA
    »Elvis has left the Building. Kommst du noch mit an die Bar?«, fragte Susan, als sich der Moderator geknickt zurückgezogen hatte.
    Eigentlich war das pure Zeitverschwendung. Sie wollte noch an der Feinkonzeption weiterarbeiten, die Stunden vor Mitternacht waren meist die besten. Andererseits war sie am Meer gut vorangekomme n – trotz all dieser Typen, die ihr Wasser oder Kinderschaufeln zu Phantasiepreisen verkaufen oder sie unbedingt eincremen wollten. Und mit Susan war es so lustig wie lange nicht mehr.
    Jessica hatte das letzte Mal an Weihnachten einen freien Abend gehabt. Reiner Zufall, der Firmenserver war abgeschmiert und der Wartungstechniker bildete sich ein, er könne zu Hause erst noch den Weihnachtsmann zu Ende machen.
    Okay, ein Stündchen würde sie noch mitgehen. FKK-Uschi wollte auch. Der Entrückte schloss sich an. Und dieser labernde Lockige mit der Kassenkombisonnenbrille leider auch.
    MARIO
    Es ging nach Plan weiter. Nach dem Hauptgang (394,85) hatte er ganz lässig vorgeschlagen, zusammen noch an die Bar zu gehen, un d – Hammer ! – alle zwei Mädels kamen mit. Die andere auch, na ja, war wurscht. An der Bar war es voll und eng. Nicht mal hier