Weg des Unheils, Band 1-4 (Western-Sammelband) (German Edition)
Hört her …“
*
Wesley Barranco betrat Warren Elliotts Wohnung. Eine Laterne, die über dem Tisch in der Raummitte von der Decke hing, verbreitete düsteres Licht. Es reichte nicht aus, um die Ecken der Wohnstube auszuleuchten. „O’Bannion hat Gila Bend wieder verlassen“, berichtete der Town Marshal.
Warren Elliott setzte sich. „Nimm Platz, Wes.“
Barranco winkte ab. „Dem Stallmann hat er erzählt, dass er seinen Weg nach Flagstaff fortsetzen möchte.“
„Dann müsste er in nördliche Richtung aus der Stadt geritten sein“, sagte Elliott.
„Ist er auch. Aber was sagt das schon? Außer Sichtweite kann er die Richtung geändert haben. Irgendetwas liegt in der Luft, Warren. Ich spüre das Unheil, dem wir entgegensteuern, bis ins Mark. Wir müssen höllisch auf der Hut sein.“
„Einerseits hoffe ich, dass Dave Lewis kommt“, murmelte Warren Elliott. „Vielleicht erhalte ich dann Gewissheit, was aus Barry geworden ist.“
„Mit der Stagecoach ist heute ein Brief vom County Sheriff angekommen“, sagte Barranco. „Er schickt drei Deputies. Einer soll die Stelle von Dale Roberts besetzen, die anderen beiden sollen Irving Langdon nach Phönix überführen. Auf meine schriftliche Anzeige hin will er Anklage gegen Langdon erheben.“
„Das war nicht anders zu erwarten“, erklärte Warren Elliott. „Wenn wieder ein Deputy Sheriff in Gila Bend fungiert – wirst du dann den Stern zurückgeben?“
„Das zu entscheiden überlasse ich dem Bürgerrat. Wenn er den Stern zurückhaben will, kann er ihn haben. Ich hänge nicht an dem Posten. Ich habe mich vor einigen Jahren zur Ruhe gesetzt, weil ich den Revolver nicht mehr schwingen wollte. Als ich hier den Stern nahm, tat ich das nur, weil die Stadt sozusagen in Not war.“
Wesley Barranco warf einen schnellen Blick auf den Regulator an der Wand. Es war kurz nach zehn Uhr.
„Hat der County Sheriff in seinem Brief auch ein Wort über Rich Butler verloren?“, fragte Warren Elliott. „Die Anzeige wegen der Urkundenfälschung hat ihm noch Dale Roberts vorgelegt.“
„Nein, von dem Bankier stand nichts in dem Brief.“
Der Town Marshal wandte sich ab und ging zur Tür. Ehe er sie öffnete, um in den dunklen Flur zu treten, sagte er über die Schulter: „Ich kann verstehen, dass du ganz wild darauf bist, etwas über deinen kleinen Neffen in Erfahrung zu bringen. Die Frage ist, ob du – wenn Lewis in die Stadt kommt -, die Gelegenheit erhältst, ihm deine Fragen zu stellen. Diese Spezies geht kein Risiko ein. Du weißt, was ich meine.“
Warren Elliott nickte. Im düsteren Licht wirkte sein Gesicht starr und maskenhaft. Die Schatten schienen die Linien darin zu vertiefen. Die Augen glitzerten wie Glasstücke und schienen in dunklen Höhlen zu liegen.
Wesley Barranco atmete tief durch, als er wieder im Freien war. Über der Stadt war der Himmel wolkenverhangen, hier und dort glitzerte aus einem Loch in der Wolkendecke ein einsamer Stern. Der Mond war nur als gelber, verschwommener Fleck hinter den Wolken zu sehen. Zwischen den Häusern war die Finsternis derart dicht, dass sie fast stofflich und greifbar anmutete. Unheilvolle Impulse schienen die Nacht zu schwängern. Gefahr und Tod schienen allgegenwärtig zu sein. Ein kalter Hauch schien den Town Marshal zu streifen.
Ein untrüglicher sechster Sinn für Gefahr warnte ihn. Sein Blick glitt über die Fassaden der Häuser hinweg und bohrte sich in die finsteren Passagen und Gassen. Irgendwo begann ein Hund zu bellen. Laut hallte das Gekläff durch die Stadt. Ein anderer Hund stimmte ein. Vom Saloon her wehte verworrenes Stimmendurcheinander. In einem der Häuser in der Nähe begann ein Kind jämmerlich zu weinen.
Wesley Barranco kehrte ins Office zurück. Er machte Licht, nahm die Laterne und begab sich damit in den Zellentrakt. Der Lichtschein huschte vor ihm her. Irving Langdon schlief. Doch sein Schlaf schien nicht besonders tief gewesen zu sein, denn er ruckte hoch und starrte den Marshal an. „Hat man hier denn niemals seine Ruhe?“, blaffte der gefangene Rancher, der einer düsteren Zukunft entgegenblickte.
„Gegen das, was Sie erwartet, Langdon, dürfte das hier der Himmel auf Erden sein“, versetzte der Town Marshal trocken.
„Ich hoffe, du erstickst an deinen Worten, Sternschlepper!“, giftete Langdon.
„Ein ausgesprochen frommer Wunsch“, murmelte Barranco. „Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass morgen oder übermorgen zwei Deputies aus Phönix eintreffen
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