Weg des Unheils, Band 1-4 (Western-Sammelband) (German Edition)
Handelsstation gekommen waren und den brutalen Tod in seiner ganzen Grausamkeit verkörperten. Doch dann erkannte sie den Mann aus Gila Bend, eine Woge der Erleichterung überschwemmte sie, sie stemmte sich gegen die Zügel und das erschöpfte, röchelnde Pferd kam zum Stehen. Staub wirbelte um die Beine des Tieres. Seine Flanken zitterten.
Maria sprang ab und lief Warren Elliott entgegen. Sie trafen aufeinander, sie drängte sich an ihn und lehnte ihre heiße Stirn gegen seine Brust. Es war, als suchte sie Schutz. Ihre Lungen pumpten. Abgehackt, zwischen keuchenden Atemzügen, noch immer im Klammergriff eines überwältigenden Entsetzens stieß sie hervor: „Gleich nachdem du weggeritten warst, Elliott, kamen sie. Vier Gringos. Sie wollten von meinem Vater hören, was dein Ziel ist. Einer zog plötzlich den Revolver und schoss meinen Vater nieder. Sie verfolgten mich ins Haus. Es gelang mir zu fliehen. Ich stahl eines ihrer Pferde …“
Maria brach ab. Sie wurde von ihren Gefühlen überwältigt und begann hemmungslos zu weinen. Warren Elliott legte den linken Arm um ihre Taille, mit der rechten Hand strich er ihr sanft und beruhigend über den Rücken. Ihre Gestalt erbebte. Warren Elliott starrte über ihren Kopf hinweg in die Richtung, aus der sie gekommen war. Er konnte keine Hufschläge hören, die etwaige Verfolger angekündigt hätten.
„Es waren vier Amerikaner?“, vergewisserte er sich. Seine Gedanken arbeiteten.
„Si, Elliott, vier Gringos. Es – es sind die Mörder, die du suchst. Sie reiten auf deiner Fährte.“ Maria schluchzte und schniefte. „Sie – sie wollten mich …“
Wieder brach ihre Stimme. Die Erinnerung überwältigte sie. Allein der Gedanke daran, dass die Mörder sie schänden wollten, ließ ihre Stimmbänder versagen.
„Wie sahen die Kerle aus?“, erkundigte sich Warren Elliott und ahnte bereits, um wen es sich handelte.
„Ich – ich hatte nicht die Zeit, mir ihre Gesichter einzuprägen“, murmelte Maria. „Als sie mit meinem Vater sprachen, wendeten sie mir ihren Rücken zu. Und dann …“
„Verfolgen sie dich?“
„Ich weiß es nicht, befürchte es aber. Ich muss zurück, Elliott, denn ich weiß nicht, was mit meinem Vater ist. Vielleicht lebt er noch und benötigt Hilfe.“
„Komm“, murmelte der Mann aus Gila Bend gedankenvoll. Er nahm das abgetriebene Pferd am Kopfgeschirr, legte den linken Arm um die schmalen Schultern der jungen Mexikanerin und führte sie in die Felsenlücke, in der er sein Pferd zurückgelassen hatte.
Ja, er ahnte, um wen es sich bei den vier Amerikanern handelte. Maria meinte, dass es sich um die Mörder seines Bruders und seiner Schwägerin handelte. Er fragte sich, warum sie ihn nicht getötet hatten. Die Gelegenheit dazu hatten sie sicherlich. Sollte er sie zu Dave Lewis führen? Wenn ja – warum?
Seine Fragen blieben fürs Erste unbeantwortet.
Er konzentrierte sich auf Maria. Bei seinem Pferd angekommen hakte er die Wasserflasche vom Sattel, entkorkte sie und reichte sie der jungen Frau. „Trink“, forderte er sie auf. „Das Wasser wird dir gut tun.“
Maria de la Vega trank mit durstigen Zügen. Nachdem die Canteen wieder am Sattel hing, sagte Warren Elliott. „Wir warten hier, Maria. Vielleicht tauchen die Schufte auf. Zur Station zurückzukehren hieße vielleicht, ihnen direkt in die Arme zu reiten. Du hast selbst gesehen, dass ihnen ein Menschenleben nichts wert ist.“
„Aber – mein Vater, er …“
„Wenn sie uns erwischen, kommen wir nie bei deinem Vater an.“
Maria ließ den Kopf sinken. Sie begriff, dass er recht hatte.
„Setz dich an den Felsen, Maria“, sagte der Mann aus Gila Bend ruhig. „Wenn sie innerhalb der nächsten Stunde nicht auftauchen, dann kommen sie sicherlich auch nicht mehr. Dann reiten wir zur Station und kümmern uns um deinen Vater.“
Warren Elliott postierte sich mit seinem Gewehr wieder bei dem hüfthohen Felsen und beobachtete die Felsen, die die staubige Mulde nach Westen begrenzten. Seine Gedanken arbeiteten. Wieder einmal stellte sein Verstand – viele und quälende Fragen.
Die Zeit schien stillzustehen …
*
Die Kerle, auf die Warren Elliott wartete, tauchten nicht auf. Wahrscheinlich hatten sie die Spur der flüchtenden Mexikanerin verloren und aufgegeben. Von Maria hatte der Mann aus Gila Bend erfahren, dass ihr Vater – ehe er niedergeschossen wurde – den Banditen noch sein Ziel verraten hatte.
Sie machten sich auf den Weg zurück zu dem Handelsposten.
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