Weg des Unheils, Band 1-4 (Western-Sammelband) (German Edition)
hin, legte ihr wie beschützend den Arm um die zuckenden Schultern und knurrte: „Ich hole den Kleinen, Kath. Wenn er diesen Mann als seinen Onkel erkennt, dann müssen wir es akzeptieren, dass er ihn mitnimmt. Dann müssen wir davon ausgehen, dass die Geschichte, die er uns erzählt hat, der Richtigkeit entspricht. Ich werde allerdings morgen nach Hickiwan reiten und Erkundigungen einziehen.“
Stan Wilburn führte seine Frau zum Tisch und drückte sie mit sanfter Gewalt auf einen der Stühle, dann ging er in den angrenzenden Raum. Warren Elliott hörte ihn grollend sprechen, eine Kinderstimme sagte etwas, dann kam der Farmer mit dem Dreijährigen auf dem Arm in die Küche zurück.
Der Junge sah Warren Elliott, und schrie: „Onkel Warren! Das ist mein Onkel Warren.“ Er streckte dem Mann aus Gila Bend die Arme entgegen.
Warren Elliott spürte es heiß in sich aufsteigen. „Barry, Kleiner, endlich …“ Er nahm das Kind und drückte es fest an sich. Ein überwältigendes Glücksgefühl durchströmte ihn. Er strich über die blonden Haare des Knaben. „Ich bringe dich nach Hause, mein Kleiner. Alles wird gut, mein Wort darauf.“
Einen flüchtigen Augenblick lang dachte er an Alice Warner, die schöne Frau, die am Bouse Wash in der Nähe von Bradford Well mit ihren beiden Kindern auf einer Farm lebte und die ihm geschrieben hatte, dass sie sich freuen würde, wenn er den Weg zu ihr fände.
Barry klammerte sich an ihn.
„Kann ich die Nacht über auf der Farm bleiben?“, fragte Warren Elliott.
„Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, ist es nicht auszuschließen, dass Daugherty auf der Farm erscheint“, bemerkte der Farmer.
„Ich habe ihn verwundet“, antwortete Warren Elliott. „Ob es ihn schlimm erwischt hat, weiß ich nicht. Ja, es kann sein, dass er kommt, um sich den Jungen zu holen, weil er ihn als Geisel gegen mich und jeden anderen etwaigen Verfolger einsetzen möchte.“
„Meinetwegen können Sie hier übernachten, Elliott.“
„Nun wird mir zum zweiten Mal ein Kind genommen“, murmelte Kath Wilburn. Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab und schniefte. „Ich – ich hätte Barry aufgezogen wie einen leiblichen Sohn. Aber jetzt …“
Warren Elliott verspürte Mitleid mit der Frau. Aber er konnte ihr nicht helfen, und er erwiderte auch nichts auf ihre Klage. Damit musste sie selbst fertig werden. Irgendwelche Worte wären nichts sagend gewesen.
„Wo kann ich schlafen?“, fragte Warren Elliott.
„Im Haus habe ich leider keinen Platz“, antwortete der Farmer. „Sie werden mit der Scheune Vorlieb nehmen müssen.“
„Das ist für mich kein Problem“, murmelte der Mann aus Gila Bend.
*
Als die Sonne aufging, saß Warren Elliott im Sattel. Er hatte Barry vor sich aufs Pferd genommen und hielt ihn mit dem linken Arm fest. Seine Rechte führte die Zügel.
Kath und Stan Wilburn standen vor dem Haus. Wie es schien, hatte sich die Frau damit abgefunden, dass der Mann aus Gila Bend den Dreijährigen mit sich nahm.
„Verkehrt in Gu Achi die Postkutsche?“, fragte Warren Elliott.
„Nein“, antwortete der Farmer. „Wenn Sie die Stagecoach benutzen wollen, müssen Sie nach Hickiwan.“
„Also dann – ich wünsche Ihnen beiden alles Gute.“ Mit einem Schenkeldruck trieb Warren Elliott das Pferd an. In dem Moment peitschte ein Schuss. Warren Elliott kippte seitlich vom Pferd und schlug schwer am Boden auf. Staub schlug unter seinem Körper auseinander. Das Pferd scheute einige Schritte zur Seite und Barry stürzte ebenfalls von seinem Rücken.
„Gütiger Gott!“, entfuhr es Stan Wilson, er überwand seine Lähmung und setzte sich in Bewegung, um zu Warren Elliott hinzulaufen.
Wieder knallte es; kurz und trocken. Stan Wilson hielt an, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen, bäumte sich auf, kippte im nächsten Moment über seine Absätze nach hinten und schlug der Länge nach zu Boden.
Barry saß am Boden und weinte.
Das letzte Echo des Schusses verhallte mit geisterhaftem Geraune.
Kath Wilburn stand da wie zu Stein erstarrt.
Hufschläge kamen auf. Ein Reiter lenkte sein Pferd aus einer Hügellücke. Er hatte sich den Stetson tief ins Gesicht gezogen, denn die aufgehende Sonne blendete ihn. Das Gewehr hielt er in der linken Hand, er hatte es quer über den Mähnenkamm seines Pferdes gelegt.
Im Trab näherte er sich der Farm.
Barry kroch ein Stück durch den Staub, erhob sich und rannte zu Kath Wilburn hin, die jetzt ihre Lähmung
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