Weg des Unheils, Band 1-4 (Western-Sammelband) (German Edition)

Revolver bewaffnet. Das Rudel Reiter vermittelte einen erschreckenden Eindruck von Entschlossenheit, Wucht und Stärke. Ein Strom von Unerbittlichkeit und Vernichtungswillen ging von ihnen aus. Es war wie der kalte Hauch des Todes.
    Das Wasser reichte Higgins bis zu den Oberschenkeln. Heiße Furcht schnürte ihm die Kehle zusammen. Wie ein gehetztes Tier bemühte er sich, das andere Ufer zu erreichen. Der Untergrund war glitschig. Immer wieder rutschte er aus, doch stets konnte er das Gleichgewicht bewahren. Er erreichte das andere Ufer, brach auf die Knie nieder und kroch auf allen vieren über den Ufersaum. Das Gebüsch, das Schutz versprach, war greifbar nahe.
    Am jenseitigen Ufer rissen die Reiter ihre Pferde in den Stand. Eine Winchester peitschte. Die Kugel klatschte dicht neben Sam Higgins in den hart gebackenen Schlamm. Schrill breitete sich die Panik in seinem Denken aus. Sie stieg wie ein alles verzehrendes Feuer in ihm auf, verbreitete sich, erfasste seinen ganzen Körper und ließ keinen anderen Gedanken mehr zu.
    „Stehen bleiben!“, erklang es, die Stimme hatte einen stählernen Klang. „Die nächste Kugel hat du im Schädel, Hombre!“, erklang es klirrend.
    Sam Higgins erstarrte. Er lag auf Händen und Knien, sein Kopf baumelte nach unten, Speichel tropfte von seinen Lippen. Der kurze Spurt von der Stadt bis zum Fluss hatte ihm das letzte an Kraft und Energien abverlangt. Seine Bronchien pfiffen und rasselten. Das Pochen in seinen Schläfen war das Echo seiner Pulsschläge. Seine Lungen pumpten.
    Die Männer aus Buckeye trieben ihre Pferde ins Flussbett. Schließlich bildeten sie einen Kreis um den Banditen. Mehr als ein halbes Dutzend Gewehr- und Coltmündungen starrten ihn an. Sein gehetzter Blick sprang von einem zum anderen. Er las in den Gesichtern nicht die Spur von Entgegenkommen oder Versöhnlichkeit.
    Der Bandit erbebte.
    Er hatte das Empfinden, von einer knöchernen Klaue berührt zu werden.

    *

    Einige der Stadtbewohner sprangen von den Pferden, rissen Sam Higgins in die Höhe, einer fesselte ihm die Hände brutal auf den Rücken. Der Mann stieß hervor: „Du hast Stevens erschossen und Carrigan schwer verletzt, Bandit. Außerdem fragen wir uns, was aus Butch Dodson geworden ist. Er hat dir seine drei Pferde gewiss nicht freiwillig überlassen.“ Die Stimme nahm einen drohenden Klang an. „Hast du Dodson getötet?“
    „Nein, nein!“, keuchte Higgins. Mühsam brachte er die beiden Worte hervor. Sein Mund war so trocken, dass er kaum sprechen konnte. Es gelang ihm nicht, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. „Ich – ich musste mein Pferd erschießen, weil es sich das Bein gebrochen hatte. Der Zufall führte mich auf die verfallene Ranch. Der Mann …“
    „Lebt Dodson noch oder hast du ihn ermordet, um an seine Pferde heranzukommen?“
    Higgins zog den Kopf ein, als hätte der Sprecher mit einer Peitsche nach ihm geschlagen. „Er lebt“, ächzte Higgins. „Ich – ich bin doch kein Mörder. Er – er weigerte sich, mir eines seiner Pferde zu verkaufen. Also schlug ich ihn nieder …“
    Higgins hustete. Tränen traten ihm in die Augen.
    „Bringen wir ihn in die Stadt und hängen wir ihn dort auf!“, schlug einer vor. „Er hat Slim Stevens niedergeknallt. Das reicht, um ihm den Hals langzuziehen.“
    Sam Higgins schluckte würgend. Ein Netz glitzernder Schweißperlen überzog sein Gesicht. Die Angst zerfraß sein Gehirn und zog wie Fieber durch seine Blutbahnen. Sie sprach aus jedem Zug seines Gesichts.
    Die Männer, die ihn auf die Beine gezerrt und gefesselt hatten, kletterten auf ihre Pferde. Einer nahm das Lasso vom Sattel, legte Higgins die Schlinge um den Hals und zog sie zusammen. Dann ritten sie an. Der Bandit taumelte hinter den Pferden her. Seine Beine wollten ihn kaum noch tragen. Doch es gab weder Mitleid noch Erbarmen.
    Am Stadtrand wurden sie von den Stadtbewohnern erwartet. In dem Pulk befanden sich auch Frauen und Kinder. Kalte Augen starrten den Banditen an wie ein wildes Tier, das zur Schau gestellt wurde. Stimmen wurden laut. Die meisten schrieen nach einem Strick für Sam Higgins.
    Vor dem Saloon wurden sie von einer Gruppe Männern erwartet, von denen keiner unter vierzig war. Der Pulk hielt an. Einer der Kerle, die Sam Higgins gestellt hatten, sagte: „Er behauptet, Dodson lediglich niedergeschlagen zu haben. Fakt ist aber, dass er mit den drei Pferden Dodsons in die Stadt kam. Und dann hat er Slim Stevens erschossen und Carrigan