Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
du in jedem Beruf, für den du dich entschieden hättest, unglaublich weit gekommen wärst. Aber, Alley, du bist nun einmal die Enkelin deines Großvaters. Die Uniform, die du jetzt gerade trägst, verrät mir, wie zufrieden deine Vorgesetzten bislang mit dem waren, was du in dem Beruf leistest, für den du dich nun einmal entschieden hast. Und was noch wichtiger ist: Ich sehe, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Und das Imperium braucht weiß Gott dringend Leute, bei denen das eben die richtige Entscheidung war.«
Alicia blickte ihrem Vater tief in die Augen und verstand, dass er jedes Wort genau so meinte, wie er es sagte. Ihr Vater hatte sie noch nie angelogen, doch insgeheim hatte Alicia immer befürchtet, er könne sich bei seinen Bemerkungen darüber, dass sie eine Karriere beim Militär anstrebte, zumindest ... ein wenig gezügelt haben. Jetzt begriff sie, dass sie ihrem Vater unrecht getan hatte.
»Ich will ganz ehrlich sein«, erwiderte sie leise. »Es gibt Momente, in denen ich genau verstehen kann, warum jemand darüber besorgt ist, jemand anderes müsse den ›Preis‹ zahlen, den eine Karriere beim Militär nun einmal fordert. Aber die Wahrheit ist nun einmal, Dad, dass das genau das ist, wofür ich geboren wurde. Manchmal ist das ... ziemlich schlimm, aber trotzdem ist das meine Bestimmung.«
»Ich weiß«, gab er ebenso leise zurück, und über seine grauen Augen schien sich ein Schatten zu legen. »Ich habe meinen Ministeriums-Zugang dazu genutzt, mir die internen Berichte darüber anzusehen, was auf Gyangtse geschehen ist, Alley. Ich weiß, warum man dir den Silbernen Stern verliehen hat. Ich weiß genau, was du getan hast, um ihn dir zu verdienen.«
»Und das ... stört dich nicht?«
»Natürlich stört mich das. Ich habe gesehen, wie es dich verändert hat, als du vor deiner Versetzung auf Landurlaub nach Hause gekommen bist. Damals hatte ich die Berichte noch nicht gelesen, aber ich habe damals geglaubt, mir ziemlich genau vorstellen zu können, was du da getan hast - und wie sich herausgestellt hat, lag ich damit auch ziemlich richtig. Das war eine verdammt brutale Methode, eine Siebzehnjährige zu zwingen, erwachsen zu werden, Alley. Tatsächlich war das sogar noch deutlich heftiger als alles, was ich mir hatte vorstellen können - nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen. Aber du hast es überlebt, und du bist immer noch du selbst geblieben. Und das ... das war für mich der Beweis dafür, dass du recht hattest. Und zumindest, dass du mit dieser Entscheidung keinen Fehler gemacht hast.«
»Und das hier?« Sie legte eine Fingerspitze an den Kragenspiegel ihrer Uniform: die Harfe mit dem Raumschiff. »Der Kader?«
»Das beängstigt mich«, antwortete er unumwunden. »In welche Situationen die Marines gebracht werden, ist ja schon schlimm genug; aber gegen das, womit der Kader es gelegentlich zu tun hat, nimmt sich Gyangtse doch aus wie eine Kissenschlacht. Glaub's mir, ich weiß das. Und um ganz ehrlich zu sein: Auch die Verlustrate des Kaders ist zutiefst erschreckend. Wahrscheinlich ist sie für das, was der Kader zu leisten hat, sogar noch geradezu phantastisch niedrig, aber wer zum Kader gehört, wird immer und immer wieder in neue Einsätze geschickt. Der Preis dafür, zur Elite des Imperiums zu gehören, ist nun einmal, die härtesten, gefährlichsten, tödlichsten Einsätze zu erfüllen - und ich möchte niemals das erhalten, was dein Großvater ›das persönliche Anschreiben‹ nennt, selbst jetzt nicht, wo es dann vom Imperator persönlich käme, nicht mehr vom Kriegsminister.
Aber ich glaube wirklich, dass das für dich genau die richtige Art Herausforderung ist. Wie du schon selbst sagst: Dafür wurdest du geboren. Ich wäre in vielerlei Hinsicht ungleich beruhigter, wenn du eine geborene Konzertviolinistin wärest, aber das bist du nun einmal nicht. Wenn du also durch die Gegend laufen und für das Imperium dein Leben riskieren musst, dann kannst du das genauso gut auch zusammen mit den Besten der Besten tun. Schließlich gehörst du doch selbst auch zu den Besten der Besten, oder nicht?«
»Das würde ich zumindest gerne über mich sagen können«, gab Alicia zurück; ihr Tonfall klang deutlich gelassener, und ihr Vater lachte leise.
»Aber jetzt ist langsam auch genug von diesem tiefgründigen Zeug«, schloss er. »Also reden wir über erfreulichere Dinge. Zum Beispiel: Hast du kürzlich einen Brief von deinem Großvater erhalten?«
»Ja, vor
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