Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
verbliebenen Schnellfeuergeschütze, und Alicia gab den Soldaten die gesamte Schnellfeuergeschütz-Munition und ließ das letzte Schnellfeuergeschütz achtlos zu Boden fallen. Die großkalibrige Schnellfeuerwaffe wäre ohnehin nur von sehr beschränktem Nutzen dabei, in eine Anlage einzudringen, in der sich zahlreiche zivile Nichtkombattanten befanden.
»An alle Einheiten, Winchester-Eins hier«, sagte sie. »Plasma-Gruppen, nicht vergessen: die Luftabwehr und die jeweils zugewiesenen Sekundärziele ausschalten, und dann nichts wie weg. Der Rest von uns schlägt los, sobald Obaseki und Serena die Stellung in der Mitte vor unserem Abhang erledigt haben.«
Es wäre nicht nötig gewesen, ihnen allen das noch einmal zu sagen, aber das war Alicia nur recht so. Sie machte sich keine Sorgen, ihre Kameraden könnten den Eindruck haben, sie traue ihnen nicht zu, diesen Einsatz richtig durchzuführen, doch sie konnte ihnen nicht das sagen, was sie eigentlich wirklich hätte sagen wollen. Sie konnte ihnen nicht erklären, wie viel jeder Einzelne von ihnen ihr bedeutete, vor allem jetzt, wo sie die einzige Kader-Familie darstellten, die Alicia noch hatte. Nicht, wo sie doch diejenige war, die entschieden hatte, sie nun alle nacheinander zu verheizen.
Nicht, wo so viele von ihnen den Tod finden würden.
Nein, das konnte sie ihnen nicht sagen ... aber sie hörten es trotzdem. Alicia wusste, dass ihre Kameraden genau das hörten, und das reichte ihr.
»In drei Minuten schlagen wir los«, sagte sie leise. »Alles Gute.«
Shau-pang Shwang, Sektionsleiter der Befreiungsarmee der Freiheits-Allianz, verabscheute Kampfpanzerungen. Er hatte sie noch nie leiden können, so praktisch sie auch sein mochten, weil er nie die Klaustrophobie überwunden hatte, die ihn schon seit seiner Kindheit plagte. Das war der Hauptgrund, warum er es vorzog, den Visor seines Helms aufgeklappt zu lassen, solange das irgend möglich war, und nun sog er die kühle Nachtluft von Green Haven tief in die Lungen.
Wie die meisten anderen ›Soldaten‹ der BAFA, die für diesen Einsatz ausgewählt worden waren, hatte auch Shwang eine militärische Laufbahn hinter sich. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen hatte er bei den Imperial Marines gedient. Die lange, verschlungene Ereigniskette, die ihn letztendlich dorthin geführt hatte, wo er sich im Augenblick gerade befand, wäre niemals jener Person in den Sinn gekommen, die sich vor langer, langer Zeit freiwillig für den Dienst bei den Wespen gemeldet hatte. Doch die Ausbildung aus jener Zeit war noch verblieben. Deswegen hatte man ihn auch für diesen Einsatz angeworben - die BAFA hatte nicht allzu viele Aktivisten, die fast fünf Standardjahre lang eine Plasmakanone Mark Achtzehn bemannt und gewartet hatten.
Und an sich war Shau-pang Shwang, der diese kühle Nacht genoss, insgeheim durchaus dankbar, dass seine Erfahrung ihn hierher verschlagen hatte und nicht zu den Infanterie-Einheiten, die das Gelände sicherten. Er hasste den Kader ebenso, wie es für jedes andere Mitglied der Freiheits-Allianz auch galt, und er war zutiefst und voller Gehässigkeit befriedigt über die Verluste, die diese persönlichen Sturmtruppen des Imperators in dieser Nacht erlitten hatten. Aber er war nun einmal sehr pragmatisch, und er war durchaus zufrieden damit, das eigentliche Töten jemand anderem überlassen zu können.
Vor allem, nachdem diese Mistkerle ein derartiges Talent an den Tag gelegt haben, uns ebenfalls zu töten, dachte er und grinste schief.
Andererseits ließ Genosse Omicron - selbst ihren vertrauenswürdigsten Gefolgsleuten gegenüber verwendeten die Mitglieder des Kommandorats ausschließlich ihre Codenamen - die Imps allmählich wissen, was die Allianz eigentlich im Sinn hatte. Shwang bezweifelte zwar, dass Omicron wirklich so zuversichtlich war, sie alle könnten hier einfach wieder verschwinden, wie er tat. Shwang selbst hatte sich eine Chance von vielleicht vierzig Prozent ausgerechnet, dass die Imps sich zurückziehen würden, Geiseln hin oder her. Doch jeder Einzelne von ihnen, jeder Mann und jede Frau, die für diesen Einsatz eingeteilt waren, hatte von Anfang an gewusst, dass ihre Überlebenschancen, sobald sie einmal gegen das Imperium zu den Waffen gegriffen hatten, ohnehin nur noch sehr gering wären. Und wenn sie ihr eigentliches Ziel auch nur halb so weit erreichten, wie es derzeit aussah, dann hätte sich das alles letztendlich in jedem Falle gelohnt.
Nicht, dass ich das hier nicht gerne
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