Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
natürlich konnte kein Politiker von Gyangtse es sich leisten, etwas anderes zu zeigen als eiserne Entschlossenheit, bis zum Letzten auszuharren und Widerstand zu leisten.
Es sei denn, natürlich, es würde sich herausstellen, dass Jongdomba sie eben doch nicht beschützen kann, heißt das, dachte sie, dann legte sie die Stirn in Falten, als ihr eine weitere, deutlich unschönere Möglichkeit in den Sinn kam.
»Hat der Brigadier uns einen Lagebericht übermittelt, Sergeant Major?«, erkundigte sie sich kurz darauf.
»Er sagt, die Lage sei ›unklar‹, Ma'am. Er sagt, ihm stehe das Äquivalent von zwei Bataillonen zur Verfügung, und derzeit schätzt er ab, er werde durch eine bislang unbestimmte - aber große - Anzahl schwer bewaffneter Guerillakämpfer der BFG festgehalten. Er meldet, sie seien mit Waffen in Militärausführung ausgerüstet, und ihm gehe langsam die Munition zur Neige. Außerdem weist er darauf hin, dass er daran zweifelt, ohne Unterstützung den Widerstand länger als zwei oder drei Stunden aufrecht halten zu können.«
»Ich verstehe«, wiederholte Major Palacios. »Ich gehe davon aus, dass er nicht angegeben hat, wie viele Zivilisten denn nun genau sich in dem von ihm gesicherten Bereich befinden?«
»Nein, Ma'am, hat er nicht.« Stirnrunzelnd blickte Winfield sie an, und sie ließ in einem freudlosen Lächeln die Zähne aufblitzen.
»Na, wenn das mal nicht interessant ist«, murmelte sie in sich hinein.
»Wie bitte, Ma'am?«
»Ich habe nur laut gedacht, Sergeant Major«, gab Palacios zurück und stellte fest, dass sie sich trotz ihrer düsteren Gedanken bei Winfields Blick kaum ein Lachen verkneifen konnte. Doch ihre Belustigung legte sich rasch wieder.
»Tom?«
»Jawohl, Ma'am?«, fragte Lieutenant Bradwell sofort.
»Ich möchte bitte den Gouverneur sprechen.«
»Ist das Ihr Ernst, Major?«
Serafina Palacios kniff die Augen zusammen, und sie wollte schon den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, doch der Mann, den sie auf ihrem Komdisplay sah, hob abwehrend die Hand, bevor der Major das Wort ergreifen konnte.
»Bitte entschuldigen Sie«, sagte Jasper Aubert, und völlig unfreiwillig riss Palacios die Augen auf, als sie hörte, wie ernsthaft seine Bitte um Entschuldigung geklungen hatte.
»Ich glaube, ich muss Sie - eigentlich alle hier, aber vor allem wohl Sie - ernstlich um Verzeihung bitten, dass ich nicht auf Sie gehört habe«, sprach der Gouverneur weiter. »Im Augenblick möchte ich es dabei bewenden lassen. Ich hoffe, später noch eine Gelegenheit zu haben, diese Bitte um Entschuldigung erneut vorzutragen - in einem privaten Gespräch. Aber ich versuche nicht, das abzutun, was Sie gerade eben gesagt haben. Ich muss es nur erst richtig verdauen.«
»Herr Gouverneur«, ergriff nun Palacios wieder das Wort, »ich weiß nicht, ob ich recht habe - bei weitem nicht. Aber falls ich tatsächlich recht haben sollte, dann stehen wir hier vielleicht vor einem größeren Problem, als wir jemals gedacht haben.
Die Daten unserer Fernsonden zeigen deutlich, dass nur eine Minderheit der Gesamtbevölkerung von Zhikotse aktiv in all das hier verwickelt ist, aber selbst ein Bruchteil der Bevölkerung einer ganzen Stadt sind wirklich viele. Ich bezweifle, dass auch nur zwanzig Prozent dieser ... sagen wir: ›Randalierer‹ zu Beginn moderne Waffen bei sich geführt haben, und die weitaus meisten davon kamen nicht aus Militärbeständen. Aber es sieht ganz so aus, als befänden sich die Waffen der beiden Kompanien, die Sharwa für diesen ... Versuch einer Festnahme abgestellt hat, mittlerweile in anderen Händen.
Das alleine wäre schon schlimm genug, aber Aufklärungsflug über die beiden Hauptarsenale der Miliz lässt vermuten, dass auch diese geplündert wurden. Also befindet sich zusätzlich zu allem, was diese ›Randalierer‹ schon zuvor bei sich trugen, auch noch die Feuerkraft mindestens mehrerer Miliz-Regimenter unkontrolliert dort draußen auf den Straßen.«
Einschließlich, schoss es ihr grimmig durch den Kopf, zahlreicher tragbarer BLFs.
Diese Boden-Luft-Flugkörper, die von der Schulter abgefeuert werden konnten und nun irgendwelchen Unbefugten in die Hände gefallen waren ( oder, musste sie sich selbst unwillig eingestehen, die sich schon immer im Besitz der BFG befunden hatten) , hatten ihre ursprünglich drei Stinger ihrer
Luftunterstützungstruppen bereits auf zwei reduziert, und dabei hatte sie nicht nur ein Schiff, sondern auch einen Piloten verloren.
Und das wäre
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