Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
denen, die schnell genug die Seiten gewechselt hatten), richtete sich die Zerstörungslust der entfesselten Menschenmassen derzeit vor allem gegen den Geschäftsbezirk der Innenstadt. Mindestens ein Drittel der Hauptfinanzgebäude in diesem Bezirk, einschließlich der Börse und der Zentrale der Planetarbank von Gyangtse, stand in Flammen. Zusätzlich hatten die Fernsonden gezeigt, wie lachende und singende Plünderer - von denen die meisten unbewaffnet waren und keinerlei politische Ziele verfolgten - die Schaufenster verschiedener Geschäfte einschlugen und alles raubten, was ihnen in die Hände fiel. Und dann hatte natürlich irgendjemand auch diese nun leeren Geschäfte in Brand gesteckt.
Warum gehen eigentlich Pyromanie und Volksaufstände immer Hand in Hand?, fragte sie sich. Kann denn niemand einen Tumult organisieren, ohne gleich Streichhölzer mitzunehmen?
Der Gedanke entlockte ihr ein verbittertes Lachen, doch dann konzentrierte sie sich wieder auf das Display und fuhr nachdenklich mit dem Finger darüber.
»Wir sind uns darüber einig, dass wir die Verluste Unbeteiligter so gering wie möglich halten müssen, Herr Gouverneur«, sagte sie und richtete den Blick wieder auf das Komdisplay. »Im Augenblick scheint es mir, als seien unsere Blockhaus-Stellungen ausnahmslos gesichert. Das wird auch gewiss so bleiben, es sei denn, die andere Seite erhielte weitere Waffen in größerer Anzahl und würde ihre Angriffe organisieren, und derzeit finde ich dafür keinerlei Anzeichen. Aber wenn ich mich nicht sehr täusche, werden die Ausschreitungen schon bald unseren Sicherungsring am Raumhafen erreichen. Wenn das geschieht, dann werden Gyangtsesen sterben. Es tut mir wirklich leid, aber nichts im Universum kann das jetzt noch verhindern.«
»Ich verstehe, Major«, gab Aubert mit belegter Stimme zurück. »Was auch immer es Ihnen jetzt noch bringen mag: Sie haben meine offizielle Ermächtigung, in jeglicher Hinsicht nach eigenem Ermessen vorzugehen, wie es Ihnen aufgrund Ihrer militärischen Erfahrung ratsam erscheint.«
»Ich danke Ihnen, Sir. Aber damit bleibt immer noch dieses andere kleine Problem ungelöst. Haben Sie in dieser Hinsicht auch Anweisungen?«
»Derzeit? Um ehrlich zu sein: Nein. Soweit ich das beurteilen kann, liegen uns im Augenblick nicht genügend Informationen vor.«
»Bedauerlicherweise muss ich Ihnen recht geben.« Erneut blickte Palacios zum Kartendisplay hinüber, dann schaute sie wieder Auberts Abbild auf dem Kom an. »Wenn Sie gestatten, Herr Gouverneur, werde ich mich darum bemühen, sämtliche Informationen einzuholen, die uns derzeit fehlen. Und ich werde auch einen Krisenplan aufstellen.«
»Das erscheint mir als eine ausgezeichnete Idee«, pflichtete Aubert ihr bei. »Bitte halten Sie mich über Ihre Befunde und Pläne auf dem Laufenden.«
»Wird gemacht.« Höflich nickte sie. »Palacios, Over and Out.«
Sie unterbrach die Verbindung und wandte sich Lieutenant Boris Adrianovich Beregovoi zu.
»Boris!«
»Jawohl, Ma'am?« Der Lieutenant war ihr S-2, der Nachrichtendienst-Offizier ihres Bataillons, und als sie nun seinen Namen rief, blickte er von seinem Platz vor den Konsolen auf; bislang hatte er die Steuerung der Fernsonden überwacht.
»Die stürmen immer noch von Süden und Westen an, richtig?«
»Jawohl, Ma'am.« Beregovoi ließ keine Bemerkung darüber fallen, dass die Displays vor ihr dies bereits deutlich zeigten. Allerdings war er schon immer recht taktvoll gewesen.
»Was ist mit identifizierten Führungspersonen der BFG?«
»Die meisten, die wir eindeutig haben identifizieren und orten können, sind von unseren Schirmen verschwunden, Ma'am«, gestand Beregovoi. »Unsere Lauscher empfangen immer weniger Komnachrichten zwischen den BFG-Angehörigen, was vermuten lässt, dass sie sich irgendwo getroffen haben - vielleicht sind die einander jetzt nahe genug, dass sie keinen Komverkehr mehr brauchen, um sich zu koordinieren. Und wenn die erst einmal aufhören, aktiv Nachrichten zu übertragen, ist es entsetzlich schwierig, sie in so einem Chaos im Auge zu behalten.«
»Verstanden.« Unruhig trommelte Palacios mit den Fingerspitzen auf ihr Display und legte die Stirn in Falten.
»Sie sagen, wir fangen immer weniger Nachrichten ab. Geben die Nachrichten, die wir bislang belauscht haben, irgendeinen Hinweis darauf, wohin ihre Führungsspitze gegangen sein könnte?«
»Nein, Ma'am. Eigentlich nicht. Wir haben hier viel ›So-und-so soll sich da-und-da
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