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Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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nicht gedacht, was? Das liegt daran, dass Sie einfach nicht paranoid genug sind für einen unserer unbeliebten ›Geheimdienstler‹, Doktor. Aber das Wichtige hier ist, dass, solange wir nicht zumindest eine Vorstellung davon haben, was da unten eigentlich wirklich passiert ist, wir einfach nicht wissen, ob sie das nun mit Absicht hat geschehen lassen oder nicht - was auch immer sie getan haben mag. Und wir wissen auch nicht, was mit ihr passiert, falls sie es noch einmal tun sollte.«
    »Sie haben Recht - Sie sind paranoid«, murmelte Okanami. Kurz dachte er angestrengt nach, dann zuckte er die Achseln. »Ist trotzdem egal. Wenn ein Zivilist im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte darauf besteht, auf eigene Verantwortung ein Krankenhaus zu verlassen, dann wird das auch geschehen - es sei denn, man hätte irgendwelche handfesten Anklagepunkte vorzubringen, aufgrund derer man ihn auch gegen seinen Willen weiter festhalten kann. Und wenn das eben nicht so ist, dann war's das, Colonel.«
    »Nicht ganz.« McIlhenny lehnte sich zurück und lächelte den Arzt an. »Wissen Sie, Sie haben vergessen, dass diese Patientin nicht zur Navy oder den Marines gehört, sondern zum Imperialen Kader.«
    »Na und?«
    »Es gibt da etwas, was die meisten über den Kader nicht wissen. Eigentlich ist das auch nicht sonderlich erstaunlich; es ist nicht wichtig genug, als dass es allgemein bekannt sein müsste. Aber das Wichtige hier ist, dass diese Patientin im eigentlichen Sinne gar keine Zivilistin ist.« Erstaunt kniff Okanami die Augen zusammen, und McIlhennys Lächeln wurde noch breiter. »Beim Kader wird man nicht ›verabschiedet‹, und man scheidet auch nicht endgültig aus dem Dienst aus - man wird lediglich in den Status eines ›inaktiven Reservisten‹ versetzt. Und wenn Sie diese ›Zivilistin‹ nicht für uns weiterhin unter Beobachtung halten wollen, dann werden wir sie bei Gott einfach wieder in den aktiven Dienst zurückberufen!«

Kapitel 3
    Das Wesen, das die Menschen einst ›Tisiphone‹ genannt hatten, durchstreifte die Korridore im Verstand ihres Wirtes und betrachtete erstaunt, was es dort vorfand. In den gewaltigen, dunklen Höhlen prasselten goldene Traumfeuer, und selbst im Schlaf war die Kraft dieses Menschen gewaltig. Es war viel zu lange her, dass Tisiphone zum letzten Mal den Verstand eines Sterblichen berührt hatte, und damals war sie an denen, in die sie eingedrungen war, nicht sonderlich interessiert gewesen. Sie waren nur Zielobjekte gewesen, Quellen der Information, Werkzeuge und Beute - nichts, was man erproben und untersuchen musste, denn sie selbst war nun einmal eine Scharfrichterin, keine Philosophin.
    Doch die Dinge hatten sich geändert. Sie war allein, geschwächt, und niemand hatte sie ausgesandt, diese Sterbliche zu strafen; der Verstand, den sie hier durchstreifte, hatte sie herbeigerufen, und Tisiphone selbst benötigte diesen sterblichen Körper. Sie brauchte ihn als Fokus und als Verkörperung ihres geschwächten Selbst, und so durchforstete sie die labyrinthartigen Gänge, suchte nach Orten, an denen sie sich verankern, die Kraft dieses sterblichen Wesens erkunden und sich mit dessen Erinnerungen befassen konnte.
    Es war so anders. Der letzte Mensch, dessen Gedanken sie berührt hatte, war ... dieser Schäfer in Kappadokien gewesen? Nein, Kassander von Makedonien, dieser verschlagene, ehrgeizige Mörder. Ja, das war ein mächtiger Verstand gewesen, so böse er auch war. Und doch konnte er es nicht mit der Kraft, der Klarheit und dem Wissen dieses Verstandes aufnehmen. Der Mensch an sich hatte sich während ihres Jahrtausende währenden Schlafes verändert, und selbst die kühle Athene oder der geschickte Hephaistos hätten die heutigen Sterblichen wohl um ihr Wissen und ihr Können beneidet.
    Doch mehr noch als das Wissen war es die Kraft dieses Verstandes, die Tisiphone wahrlich erstaunte - ihr fokussierter Wille, die kristallene Klarheit ... und die ungestüme Wildheit. Kein Wunder, dass dieses Echo, dieses Aufblitzen der Macht, ihre Träume gestört hatte, denn davon fand sich viel in dieser Alicia DeVries. Diese Sterbliche hier mochte so unerbittlich sein wie sie selbst, das spürte Tisiphone deutlich, und ebenso tödlich - und das war erstaunlich. Waren alle Sterblichen so, nur dass sie es eben schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte? Oder hatte sich während ihres Schlafes mehr verändert als nur das Wissen der Menschheit?
    Und doch gab es auch Unterschiede zwischen ihnen.

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