Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
Verstand ist zu scharf, als dass du eine derartige Frage stellen müsstest, Alicia DeVries.«
    »Du meinst«, erwiderte Alicia sehr vorsichtig, und ein leichtes Zittern der Furcht durchdrang nun doch die schützende Glaswand, »du bist in meinem Kopf?«
    »Natürlich.«
    »Ich verstehe.« Sie holte tief Luft. »Warum hänge ich dann nicht von der Decke herab und stoße nur noch unverständliche Laute aus?«
    »Es wäre unserem gemeinsamen Ziel wohl kaum dienlich, wenn ich das zuließe. Nicht ...«, setzte die Stimme nüchtern hinzu, »dass du nicht genau das gerade zu tun versuchen würdest.«
    »Nun ja ...« Es überraschte Alicia, dass sie ein wenig lächelte, trotz des Wahnsinns, der sie hier erfasst hatte. »Ich denke, das wäre wohl das Vernünftigste, oder?«
    »›Vernunft‹ ist ein überbewertetes Gut, kleines Menschenkind. Auch der Wahnsinn hat seinen Ort, aber er macht das Sprechen beschwerlich, nicht wahr?«
    »Das wohl.« Alicia presste die Hände an die Schläfen, ertastete mit ihren Handflächen die vertraut kantige Form ihrer subkutanen Alpha-Rezeptoren und leckte sich kurz über die Lippen. »Bist du ... der Grund dafür, dass ich keine Schmerzen mehr verspüre?« Sie sprach nicht von körperlichen Schmerzen, und das war auch dieser körperlosen Stimme bewusst.
    »Gewiss. Du bist eine Soldatin, Alicia DeVries. Erreicht ein Krieger, den die Trauer in den Wahnsinn getrieben hat, letztendlich sein Ziel, oder stirbt er von der Hand seiner Gegner? Verlust und Hass sind mächtig, doch man muss sie sich zunutze machen. Ich werde nicht zulassen, dass sie sich dich zunutze machen. Noch nicht.«
    Wieder schloss Alicia die Augen, dankbar für diese Glasscheibe zwischen ihr und diesem Gefühl des Verlustes. Sie fühlte die endlose, nachtschwarze Trauer, die jenseits dieses Schutzwalls, den diese Tisiphone errichtet hatte, nur darauf wartete, sie in die Zerstörung zu zerren - und die Vorstellung ängstigte Alicia. Doch in ihrer Dankbarkeit dafür lag auch ein gewisser Unmut, als habe man ihr etwas geraubt, das von Rechts wegen ganz alleine ihr gehören sollte - etwas, das ebenso kostbar wie grausam war.
    Erneut atmete sie tief ein und ließ die Hände wieder sinken. Entweder existierte diese Tisiphone wirklich, oder sie, Alicia, war wirklich verrückt geworden - und sie konnte sich in ihrem Handeln genauso gut darauf einstellen, nicht dem Wahnsinn verfallen zu sein. Sie öffnete ihr Krankenhaus-Nachthemd und betrachtete die rote Linie auf ihrer Brust und die auf ihrem Unterleib. Sie verspürte keinerlei Schmerzen, und die Eiltherapie schien ganze Arbeit zu leisten - die Schnittwunden dort waren schon fast verheilt und würden mit der Zeit ganz verschwinden, ohne auch nur eine Narbe zu hinterlassen -, doch diese Schnitte bestätigten deutlich, welche Verletzungen sie davongetragen hatte. Alicia schloss das Nachthemd wieder und ließ sich in ihrem stillen Krankenzimmer wieder auf das Kissen sinken.
    »Wie lange ist es her, dass ich verwundet wurde?«
    »Zeit ist etwas, das die Sterblichen besser zu messen vermögen als ich, kleines Menschenkind, und dort, wo du und ich gewesen sind, existiert sie nicht. Doch es sind drei Tage vergangen, seit du an diesen Ort hier gebracht wurdest.«
    »›Wo du und ich gewesen sind‹?«
    »Du lagst im Sterben, und ich bin nicht mehr, was ich einst gewesen bin. Meine Macht ist geschwunden, seit meine anderen Wesenheiten dahinschieden, und ich war stets eher dazu fähig, Wunden zu reißen als sie zu verheilen. Da ich dich nicht wieder herrichten konnte, habe ich dich an einen Ort gebracht, zu dem die Zeit keinen Zutritt hat, bis die Sucher kamen, um dich zu finden.«
    »Würde es dir etwas ausmachen, mir das ein wenig genauer zu erklären?«
    »Würde es dir etwas ausmachen, einem blindgeborenen Menschen den Begriff ›Blau‹ zu erklären?«
    »Du klingst genau wie diese Arschlöcher vom Nachrichtendienst.«
    »Nein. Die haben dich angelogen. Ich weiß, was ich getan habe, und ich würde es dir auch erklären, wenn du mich nur verstehen könntest.«
    Alicia schürzte die Lippen; es überraschte sie, wie rasch Tisiphone sie verstanden hatte.
    »Wie sollte ich dich nicht verstehen? Ich habe Tage damit verbracht, deine Erinnerungen zu erkunden, kleines Menschenkind. Ich weiß von deinem Colonel Watts.«
    »Das ist nicht mein Colonel Watts.« Plötzlich klang Alicias Stimme eiskalt, und der hochkochende Zorn überraschte Tisiphone; mühelos durchdrang er den Schutzwall, als Alicia

Weitere Kostenlose Bücher