Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
Kampfauszeichnungen des Colonels - und auch dessen Miene - hielten ihn davon ab, Protest einzulegen. »Deswegen hat der Bericht von Admiral Gomez auch dafür gesorgt, dass ein ganzes Team von Spezialisten mit Höchstgeschwindigkeit auf dem Weg hierher ist.«
Okanami führte seinen Besucher in die äußerst karg eingerichtete Lounge, die um diese Uhrzeit völlig menschenleer war, und holte aus einem Automaten zwei Becher Kaffee. Die beiden Männer setzten sich an einen der Tische, und der Blick des Colonels wanderte immer wieder zu der offenstehenden Tür hinüber, während Okanami ein kleines Handlesegerät bediente, um die medizinischen Daten abzurufen. Dampfend stand sein Kaffee auf dem Tisch, doch der Chirurg ignorierte ihn, und er schürzte die Lippen, als er bemerkte, wie spärlich die Daten doch waren. Jeder zweite Eintrag endete mit den Worten ›WEITERER ZUGRIFF NUR BERECHTIGTEN PERSONEN GESTATTET‹, gefolgt von einer astronomisch hohen Sicherheitseinstufung. Geduldig wartete McIlhenny ab, bis Okanami mit einem Seufzer das Lesegerät beiseitelegte.
»Merkwürdig«, murmelte er, schüttelte den Kopf und griff nach seinem Kaffee, und der Colonel lachte leise, doch in seinem Lachen lag keinerlei Belustigung.
»Sogar noch merkwürdiger, als Sie denken. Was jetzt kommt, dient einzig und allein Ihrer persönlichen Information - das kommt geradewegs von Admiral Gomez -, aber Sie sind für diesen Fall verantwortlich, bis ein Mediziner-Team vom Kader hier eintrifft, also soll ich Sie auf den aktuellsten Kenntnisstand bringen. Oder zumindest so weit, wie wir das eben selbst wissen. Klar?«
Okanami nickte, und trotz des Schlucks Kaffee fühlte sich seine Kehle sonderbar trocken an.
»Also gut. Ich habe meine eigenen Leute nach da draußen auf das DeVries-Gut geschickt, weil der ursprüngliche Bericht schlichtweg unmögliche Dinge enthielt. Zum einen hatten drei voneinander unabhängige Flieger der Such- und Rettungsmannschaften nicht das Geringste entdeckt. Wäre Captain DeVries dort gewesen und hätte sie noch gelebt, dann hätte man sie mit den Thermoscannern auch orten müssen - vor allem, wenn sie einfach nur so dort in der Ebene gelegen hätte. Also wusste ich ganz genau, dass daran irgendetwas faul sein musste.«
Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und zuckte mit den Schultern.
»War es aber nicht. Sämtliche Anhaltspunkte führen schlüssig zu genau dem gleichen Ergebnis. Sie hat sich den Angreifern von Süden her genähert, so dass der Wind hinter ihr stand, und hat sie völlig überrascht. Sie hat genug Blutspuren hinterlassen, dass wir uns herleiten konnten, was genau geschehen sein muss, und es war wohl ungefähr so, als hätte man einen Säbelzahntiger auf ein Rudel Hyänen losgelassen, Doktor. Letztendlich haben die sie dann doch erledigt, aber dabei hat sie die Angreifer alle erledigt, bis auf den letzten. Der Shuttle muss unter Fernsteuerung gestartet sein, denn es waren ganz gewiss keine Piraten mehr übrig, die ihn noch hätten fliegen können.
Aber ab dann wird es eben merkwürdig. Die Leute aus unserer Forensik-Abteilung haben den jeweiligen Todeszeitpunkt der Piraten und der Mitglieder ihrer Familie abschätzen können, und sie haben auch die Blutspuren untersucht, die DeVries selbst währenddessen hinterlassen hat. Den Gesetzen der Logik zufolge muss sie wenige Minuten nach dem Tod des letzten Piraten verblutet sein. Und wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, dann hätte sie erfrieren müssen, ebenfalls vermutlich ziemlich rasch. Und wenn sie noch gelebt hätte, dann hätten unsere Scans sie eindeutig orten müssen. Aber nichts dergleichen ist geschehen - es ist wirklich, als hätte sie sich an irgendeinem anderen Ort aufgehalten, bis Sikorskys Mannschaft gelandet ist und sie gefunden hat. Und, Doktor ...« Der Blick des Colonel wirkte sehr angespannt, »nicht einmal jemand von den Springereinheiten ist zu so etwas in der Lage.«
»Also, was wollen Sie damit sagen? Dass hier Zauberei im Spiel war?«
»Ich will damit sagen, dass sie mindestens drei Dinge geschafft hat, die schlichtweg unmöglich sind, und niemand hat auch nur den Hauch einer Ahnung, wie das geschehen sein könnte. Bis uns also irgendeine Möglichkeit dafür eingefallen ist, würden wir sie gerne in Ihren fähigen Händen wissen.«
»Zu welchen Bedingungen?« Okanamis Stimme klang mit einem Mal unverkennbar frostig.
»Wir würden es vorziehen«, entgegnete McIlhenny vorsichtig, »sie in genau dem Zustand zu
Weitere Kostenlose Bücher