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Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Erinnerung glitzerte die Waffe im Halbdunkel, und das hätte all den Schmerz der Welt über Alicia hereinbrechen lassen müssen.
    Doch das tat es nicht. Nichts bewirkte das, und das war ... schlichtweg falsch. Die Bilder waren noch da, klar und tödlich, mit allen grausamen Details. Jeder Einzelne, den sie einst geliebt hatte, war tot - schlimmer noch: zerstört, niedergemetzelt mit krankem, bewusst überlegtem Sadismus -, und doch übermannte der Schmerz Alicia nicht.
    Sie hob die Hand an ihren Kopf und legte die Stirn in Falten; ihre Gedanken waren klarer, als sie eigentlich hätten sein sollen, und doch wirkten sie dabei sonderbar distanziert. Erinnerungen durchzuckten sie, gnadenlos und deutlich wie Holovideos, und doch unnahbar, als betrachte Alicia sie durch das zeitverlangsamende PanzerPlastik des ›Tickers‹. Und endlich war da doch noch etwas, es schien sie zu verspotten ...
    Ihre Hand erstarrte mitten in der Bewegung, und Alicia riss die Augen auf, als die Erinnerung an den Wahnsinn zurückkehrte, der sie letztendlich ereilt hatte. Sie hatte Stimmen gehört! Was für ein Unfug! Und doch ... erneut blickte sie sich in dem stillen Raum um, und sie wusste, dass sie ihn eigentlich niemals hätte zu Gesicht bekommen sollen.
    »Natürlich hättest du ihn zu Gesicht bekommen sollen«, sagte eine kalte, klare Stimme. »Ich habe dir deine Rache versprochen, und um diese Rache auch nehmen zu können, musst du leben.«
    Alicia erstarrte, lag mit weit aufgerissenen Augen im Halbdunkel des Raumes, und selbst jetzt lag in ihrem Blick noch nicht einmal ein Anflug von Panik. Ihre Augen waren kühl und ruhig, denn das Entsetzen ob dieser lautlosen Stimme schien von einem gläsernen Schutzwall abzuprallen. Sie spürte die Anwesenheit dieser körperlosen Stimme, spürte ein Prickeln in ihren Handflächen, und doch konnte diese Stimme sie nicht erreichen, nicht berühren.
    »Wer ... was ... bist du?«, fragte sie in die Leere hinein, und tief in ihrem Innersten spürte sie ein lautloses Lachen.
    »Haben die Sterblichen uns wahrhaftig vergessen? Ach, wie wankelmütig ihr doch seid! Du darfst mich Tisiphone nennen.«
    »›Tisiphone‹?« Irgendwie kam Alicia dieser Name bekannt vor, doch ...
    »Ganz ruhig«, flüsterte die Stimme, klar wie ein Kristall, der so heftig vibrierte, als müsse er augenblicklich zerspringen, und die Bemühung, jemanden zu besänftigen, schien ihr gänzlich unvertraut zu sein, fremdartig für sie. »Einst nannten deinesgleichen uns Erinnyen, doch das ist lange, lange her. Wir waren zu dritt: Alekto, Megaira ... und ich. Ich bin die Letzte der Furien, kleines Menschenkind.«
    Alicias Augen wurden noch größer, dann kniff sie sie fest zu. Die einfachste Antwort war wohl doch, dass sie von Anfang an recht gehabt hatte. Sie musste den Verstand verloren haben! Das ergab auf jeden Fall mehr Sinn, als dass sie hier ein Gespräch mit jemandem aus der Mythologie von Alterde führte! Doch zugleich wusste sie, dass sie nicht verrückt war, und dieser Gedanke brachte sie dazu, die Lippen zu einem Grinsen zu verziehen. Hieß es nicht immer, ein Verrückter wisse ganz genau, dass er nicht verrückt sei? Und wer außer einer Wahnsinnigen konnte in einem derartigen Moment so ruhig bleiben?
    »All eurem Können zum Trotze ist dein Volk fast blind geworden. Habt ihr die Fähigkeit verloren, etwas zu glauben, das ihr weder sehen noch berühren könnt? Haben nicht eure ›Wissenschaftler‹ täglich mit Dingen zu tun, die sie lediglich zu beschreiben vermögen?«
    »Touché«, murmelte Alicia, dann schüttelte sie den Kopf. Eine Streckhalterung umschloss ihr linkes Bein vom Knie bis zur Hüfte, so dass sie es nicht bewegen konnte. Der Verband war leichter als ein PlastoGips, und doch zerrte er an ihr, als sie versuchte, sich auf die Ellbogen zu stützen. Alicia strich sich das Haar aus den Augen und blickte sich um, bis sie die Steuerung des DynamikBettes entdeckte. Sie streckte die linke Hand aus und verband ihren Gamma-Rezeptor mit dem Stecker der Steuerung. Sie hatte ihn schon so lange nicht mehr genutzt, dass fast zehn Sekunden vergingen, bis die erforderlichen NeuroLinks aufgebaut waren, doch dann surrte das Bett leise und stellte sich ein wenig schräger. Alicia mühte sich, eine halbwegs bequeme Sitzposition zu finden, und legte die Hände in den Schoß; dann reckte sie den Hals und blickte sich erneut hastig im Raum um.
    »Sagen wir doch einfach, ich würde an dich glauben ... Tisiphone. Wo bist du?«
    »Dein

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