Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
tierisch erstaunt darüber auch. Sie verbarg diesen Gedanken hinter einem freundlichen Lächeln und beobachtete ihn schweigend. Sie fragte sich, was er wohl gerade denken mochte.
»Sie können von Glück reden, dass Sie noch leben«, sprach er sanft weiter, »aber ich fürchte ...«
»Ich weiß schon.« Sie fiel ihm ins Wort, bevor er den Satz beenden konnte. »Ich weiß schon«, wiederholte sie deutlich sanfter und räusperte sich.
»Ja ... na ja.« Okanami richtete den Blick auf den Boden des Krankenzimmers und zupfte sich mit der linken Hand am Ohrläppchen. »Ich war noch nie sonderlich gut darin, irgendjemandem mein Beileid auszusprechen, Captain. Wirklich noch nie. Ich denke, das ist bei einem Arzt wohl ein echter Makel ... aber wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, dann lassen Sie mich das bitte wissen.«
»Mache ich.« Sie blickte auf ihre eigenen Hände herab und räusperte sich erneut. »Ich gehe davon aus, Sie wissen mittlerweile, dass ich dem Kader angehöre?«
»Ja. Es hat uns ziemlich überrascht, aber ja, wir haben das mittlerweile herausgefunden. Das hat uns auch einige Probleme bereitet - echte medizinische Probleme, meine ich damit.«
»Das kann ich mir vorstellen. Ich bin froh, dass Sie nicht irgendwo auf eine Tretmine gestoßen sind.«
»Eigentlich sind wir das sogar schon.« Erschreckt blickte sie zu ihm auf, und er zuckte mit den Schultern. »Nichts, womit wir nicht fertig geworden wären ...« - Alicia wurde das Gefühl nicht los, dass ihm diese Bemerkung nicht ganz leicht über die Lippen gegangen war - »... und wir hatten auch zumindest zu einigen Ihrer Implantate die zugehörigen Spezifikationen. Ich rechne nicht mit weiteren Problemen, bis das MediTeam des Kaders hier eintrifft.«
»Ein MediTeam des Kaders?«, fragte Alicia sofort nach. »Das kommt hierher?«
»Selbstverständlich. Ich sehe mich wirklich außerstande, mit Ihrem Fall fertig zu werden, Captain DeVries, daher hat Admiral Gomez ein Team zu Hilfe gerufen. Wenn ich es richtig verstanden habe, befindet sich eine Abteilung des Kaders auf Alexandria, und von dort aus sind die Experten jetzt gerade auf dem Weg - an Bord eines Kurierschiffes der Krone.«
»Ich verstehe.« Diesen Gedanken musste Alicia erst einmal verarbeiten. Es waren fünf Jahre vergangen, seit sie zum letzten Mal einen Kameraden vom Kader gesehen hatte. Sie hatte geglaubt - und gehofft -, es würde niemals wieder geschehen.
»Wir hatten wirklich keine andere Wahl, so leid es mir tut. Die Daten, die uns vorliegen, sind entschieden zu lückenhaft.«
»Ich verstehe«, wiederholte sie, doch dieses Mal klang ihre Stimme deutlich normaler. »Und was geschieht in der Zwischenzeit?«
»In der Zwischenzeit bleiben Sie einfach, wo Sie gerade sind. Wir mussten wirklich einiges reparieren ... wie Ihnen gewiss schon aufgefallen sein dürfte. Und ich möchte, dass sich das jemand ansieht, der mit den Implantaten des Kaders auch vertraut ist.« Alicia nickte, und der Surgeon Captain neigte den Kopf zur Seite. »Haben Sie irgendwelche Beschwerden? Ich würde es wirklich ungern mit irgendwelchen ausgefallenen Medikamenten versuchen, aber ich denke, mit dem guten alten Aspirin könnte man wohl kaum etwas falsch machen.«
»Nein, keine Beschwerden.«
»Gut.« Die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken. »Ich war mir nicht sicher, aber ich hatte gehofft, Ihre Implantate würden sich darum kümmern. Ich bin froh, dass es wirklich so ist.«
»Ohm ... ja, ja«, sagte sie, doch ein kurzer Zugriff auf die Steuerungseinheit ihres Pharmaskops meldete ihr, dass dieser Arzt sich täuschte. »Machst du das?«, fragte sie die körperlose Stimme lautlos.
»Natürlich.«
»Danke.«
»Wie sieht denn Ihre Prognose aus?«, fragte sie Okanami kurz darauf.
»Auf die chirurgischen Eingriffe haben Sie gut angesprochen, und ebenso auf die Eiltherapie«, erwiderte der Stabsarzt. »Langfristig werden Sie wahrscheinlich zumindest in Erwägung ziehen, einen Ersatz für Ihre Milz zu erhalten, aber vorerst machen Sie sehr gute Fortschritte. Der Knochenschaden an Ihrem Bein war extrem, und die Reparaturen daran werden mindestens noch einige Wochen in Anspruch nehmen, aber der Rest ...«
Mit einer Handbewegung tat er alles Weitere als unbedeutend ab und ging - wie Alicia sofort bemerkte - mit keinem Wort auf ihren Geisteszustand ein. Sehr taktvoll von ihm.
Er trat einige Schritte nach rechts, warf einen Blick auf die Displays ihrer Kontrollsichtgeräte, dann drehte er sich wieder ihr
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