Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
die ihr immer noch entgegenbrandeten. Das Einzige, was jetzt noch zählte, war diese Stahlkugel, die in der Ferne so winzig schien. Alicias unersättlicher Blutdurst sehnte die Zerstörung herbei - und das letzte, allmählich sterbende Fragment jener Person, die sie einst gewesen war, hieß sie willkommen: als letzte, als einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, was aus ihr geworden war.
»Sie bricht den Angriff nicht ab«, flüsterte Tannis, und Keita nickte nur. Zehn Minuten waren vergangen, seit Alley ihre Nachricht erhalten haben musste, und die Megaira behielt den Kurs unverändert bei. Keita blickte auf das Taktik-Display. Vor elf Minuten hatte das Kurierschiff den Orbit von Soissons durchquert, und die Entfernung zur Megaira war auf dreißig Lichtminuten zusammengeschrumpft. Die Hand voll Kriegsschiffe, die sich derzeit im System befanden, hielten mittlerweile auf die AlphaSyntho-Einheit zu, doch kein einziges von ihnen würde Alicia rechtzeitig erreichen können.
Keita schloss die Augen, dann wandte er sich dem Commander des Kurierschiffes zu.
»Ich brauche zwei Freiwillige. Einen im Maschinenraum, einen am Steuer. Schaffen Sie den Rest Ihrer Leute in den Shuttle, und machen Sie, dass Sie hier wegkommen.«
Verwirrt hob der Lieutenant den Kopf, doch Ben Belkassem verstand, worauf der Brigadier hinauswollte.
»Ich bin ein recht akzeptabler Steuermann, Sir Arthur«, sagte er.
»Was ...?«
Tannis hielt inne und riss die Augen auf, dann starrte sie schweigend Keita an. Voller Entschlossenheit erwiderte der Brigadier den Blick, und Tannis biss sich auf die Unterlippe.
»Gehen Sie mit den anderen, Tannis«, forderte er sie mit sanfter Stimme auf.
»Nein. Lassen Sie mich mit ihr reden! Ich kann sie aufhalten - ich weiß, dass ich das kann!«
»Dafür haben wir keine Zeit mehr ... und es gibt nur diesen einen Shuttle. Wenn Sie jetzt nicht gehen, dann können Sie das niemals mehr tun.«
»Ich weiß«, erwiderte der Major, und Sir Arthur wollte die Aufforderung gerade zu einem Befehl machen, doch dann seufzte er nur.
»Admiral, gerade eben hat das Kurierschiff seinen Shuttle abgesetzt.«
Admiral Horth riss sich vom Bildschirm los, auf dem immer stärkere Feuerstöße der AlphaSyntho-Einheit wirkungslos entgegenbrandeten, und schaute auf ihre eigene taktische Karte, auf der jetzt zu erkennen war, wie sich der Shuttle auf einem bogenförmigen Kurs vom Kurierschiff entfernte. Er war noch vierzehn Lichtminuten von Soissons entfernt und raste mit fünfundsechzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit mitten ins Nichts hinein - und kein Shuttle konnte eine derartige Geschwindigkeit abbauen. Das bedeutete, die Mannschaft an Bord vertraute darauf, von irgendjemand anderem abgeholt zu werden ... und sie musste einen äußerst guten Grund haben, ihr Schiff aufzugeben.
Der Vektor des Kurierschiffes veränderte sich kaum merklich, beschrieb einen winzigen Bogen, und Horth musste schlucken, als sie endlich verstand. Von Anfang an war sein Kurs annähernd konvergent zu dem der AlphaSyntho-Einheit gewesen; jetzt war die Übereinstimmung perfekt, und das Kurierschiff bremste nicht mehr weiter ab.
Ein blauer Lichtpunkt genau auf Kurs der Megaira erschien auf der taktischen Karte vor Alicias geistigem Auge; er wurde größer und größer, und was auch immer dort auf sie zuhielt, war eindeutig größer und leistungsstärker als irgendein SBF. Alicias Nasenflügel bebten, und sie fletschte die Zähne, als der Hass in ihr erneut aufloderte. Sie wusste, was das sein musste - und sie wusste auch, dass es, im Gegensatz zu einem SBF, über Zielaufschaltungssysteme verfügte.
Sie kauerte sich in ihrem Kommandosessel zusammen, die Augen blutunterlaufen, der Blick wild, doch sie wich kein bisschen von ihrem Kurs ab. Sie würde Treadwell erledigen oder bei dem Versuch umkommen - und auch dieser Tod wäre dann ein Triumph.
Sir Arthur Keita blickte auf das Chronometer. Ben Belkassem hatte das Steuer übernommen. Der Skipper des Kurierschiffes befand sich im Maschinenraum, und Tannis stand an der Kommunikationskonsole. Sonst befand sich niemand an Bord, und ihnen blieben noch acht Komma neun Minuten zu leben - wenn man die Auswirkungen der Relativität miteinbezog, waren es weniger als sieben. Irgendwie erschien es ihm ungerecht, aufgrund von Einsteins uralten Gleichungen dieser kostbaren Lebenszeit beraubt zu werden, doch diesen Gedanken verdrängte er.
»Reden Sie mit ihr, Tannis«, sagte er leise.
»Alley ... Alley, hier ist
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