Weg in die Verdamnis
und sagte dann: »Einige Fragen stehen trotzdem offen.«
»Ich weiß.«
»Du wirst mir auch antworten, denke ich.«
Zunächst einmal mußte Ignatius mit seinem Stuhl etwas zur Seite rücken, weil Suko erschien. Er hatte sich einen Fischteller zurechtmachen lassen, mit Lachs, Garnelen und Heilbutt. Diese drei Köstlichkeiten Umlagen ein dünnes Stück Rindfleischsülze, zu der eine weiße Soße gehörte.
»Dann mal guten Hunger«, sagte ich.
»Das habe ich mir auch verdient.«
Ich griente. »Kann ich verstehen. Ich habe schon gegessen. Es war eine Belohnung. Schließlich bin ich einer Kompanie von Ratten entwischt.«
Jetzt staunten beide und wollten natürlich wissen, was geschehen war.
Suko hatte auch nichts dagegen, daß ich es während des Essens erzählte, und so spulte ich meinen Bericht ab. Und damit kam ich auch auf den Kernpunkt zu sprechen.
»Dieses Haus, Ignatius, weshalb hast du mich hingeschickt? Wußtest du Bescheid?«
Er senkte den Kopf. »Nicht genau, John, wirklich nicht, aber ich habe es mir gedacht.«
»Was wollte Santerre dort?«
»Er hat einen Unterschlupf gesucht. Meine beiden Späher, die leider tot sind, haben mir davon berichtet. Er hatte vor, sich in diesem Haus einzunisten. Daß er dabei das Dach zerstört hat, kann ich nur seiner Wut zuschreiben.«
»Möglicherweise fühlte er sich entdeckt«, sagte Suko kauend.
»Ja, das kann sein. Und wir haben ihn ja auch gesehen. Er hat mich als Verfolger erkannt. Er hat mir die Ratten geschickt. Denkt darüber nach. Er ist in der Lage, Ratten auf Menschen zu hetzen. Das allein muß uns vorsichtig werden lassen.«
Ignatius nickte. »In ihm steckt das Böse, das abgrundtief Böse. Er hat sich der Hölle und seinem Herrscher schon vor siebenhundert Jahren verschrieben, er hat durch die Macht des Teufels überlebt und muß nun sein nächstes Soll erfüllen.«
»Elf Menschen opfern«, sagte ich.
Ignatius nickte. »Er hat sie auch gefunden. Gestrandete, Menschen, die ihr Gewissen unterdrückt haben, die für diese Botschaften empfänglich sind. Die nur danach trachten, daß es ihnen persönlich gutgeht und nicht daran denken, welches Elend sie über andere bringen. Das genau sind seine Opfer. Für ihn ist es heute ebenso leicht wie damals gewesen, Menschen in den Dunstkreis der Hölle zu ziehen. Wir müssen sie davor bewahren, sich in den Tod zu stürzen.«
Ich klopfte mit dem Finger auf den Tisch. »Da bringst du mich auf etwas, Ignatius. Kannst du dir vorstellen, wo und wie sie sich in den Tod stürzen werden?«
»Ja.«
»Das klang sehr sicher«, sagte Suko.
»Ich bin es auch. Hört zu, es wird im Prater geschehen, und das historische Riesenrad wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Ich habe euch vorhin von meiner kurzen Vision berichtet. Darauf kann man sich natürlich nicht verlassen, daß brennende Gondeln in die Tiefe stürzen, und ich will es auch nicht hoffen, aber diese elf Schwarzen Apostel haben sich bereits um das Riesenrad herum versammelt. Sie halten es unter Beobachtung, sonst hätten sie mich nicht daran gehindert, weiterzugehen. All dies sind Hinweise darauf, daß es dort geschehen wird. Wir können leider auch nicht hingehen und die elf jungen Männer festnehmen. Das ist nicht möglich. Sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen. Da werden uns die Wiener Polizisten auslachen. Und daß ich von ihnen zu Boden geworfen wurde, ist auch kein Grund.«
Wir gaben ihm recht.
»Also stehen wir allein«, sagte Suko.
»So ist es.«
»Wann sollen wir losgehen?« fragte ich.
Father Ignatius winkte ab. »Erst bei Einbruch der Dunkelheit, denke ich. Der Weg in die Verdammnis, den sie gehen, er wird nicht bei Tageslicht vollzogen, sondern in der Nacht.«
Keiner von uns konnte widersprechen. Ich fragte noch: »Santerre hast du im Prater nicht gesehen?«
»Nein.«
»Er war ja auch bei mir. Aber er wird sich ausrechnen können, daß wir ihm auf den Fersen sind, und er wird möglicherweise etwas dagegen unternehmen.«
»Denkst du an eine Falle?« fragte Suko, bevor er sich das letzte Stück Sülze in den Mund schob.
»So ähnlich. Es kann durchaus sein, daß er seinen elf Helfern rät, auf uns zu achten. Sie werden versuchen, uns abzufangen, und deshalb möchte ich von dir, Ignatius, eine Beschreibung haben, die so gut wie möglich ist.«
Der Father lächelte.
»Elf Personen zu beschreiben. Verlangst du nicht etwas viel, John?«
»Klar. Aber ich kenne dich, und ich weiß auch, daß du um den berühmten Tick besser bist als
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