Weg in die Verdamnis
Österreich. Nur eine kleine Karaffe. An einem der Tische nah ich Platz und stellte fest, wie bequem manche Sessel doch sein können. Plötzlich fühlte ich mich nicht nur wohl, sondern wie auf Wolken getragen.
Das Bestellte wurde serviert. Ich bedankte mich und wunderte mich wenig später über die Zartheit des Filets. Auch die Kräuterkruste schmeckte, und die Soße war ein Gedicht! Alles paßte hervorragend zusammen. Ich war mehr als zufrieden, denn auch der Wein ließ sich genießen.
Ich wäre hier wirklich gern als Privatmann geblieben, wenn es da nicht eine Person namens Santerre gegeben hätte. Sie schwebte wie ein düsterer Schatten über allem. Ich wußte zumindest jetzt, wozu dieser Mensch – falls er noch einer war – fähig war. Einmal hatte ich ihn getroffen, wobei sich automatisch die Frage stellte, wann und wo wir das nächste Mal zusammentrafen.
Leider wußte ich nichts, aber Father Ignatius hatte angedeutet, daß es noch weitere Spuren gäbe, denen er nachgehen wollte, und so rechnete ich mit ihm.
Der Teller war leer, sogar die Salatgarnierung hatte mir geschmeckt, und ich wollte mich dem Rest des Weines widmen und auch eine Verdauungszigarette rauchen. Das kam nicht oft vor, in diesem Fall hatte ich einfach das Bedürfnis, und kleine Schwächen sollte man jedem Menschen zugestehen.
Der Wein war ausgezeichnet und mit einem langen Abgang, wie man immer so schön sagt. Er mußte in kleinen Schlucken getrunken werden, um ihn richtig genießen zu können.
Entspannung war wichtig, denn vor mir lag einiger Streß, das war mir auch ohne weitere Erläuterungen klar. Wenn Suko und Father Ignatius erschienen, würde es zur Sache gehen, und ich hoffte darauf, endlich mehr über die Hintergründe des Falls zu erfahren, die tief in der Vergangenheit lagen.
Es herrschte nur wenig Betrieb in meiner Umgebung. Einige wenige Paare verteilten sich an den Tischen, am größten hatten vier Geschäftsleute ihre Plätze gefunden. Die Männer redeten während des Essens nur von Kursen und Aktien. Das war nicht mein Gebiet.
Mein Platz hatte noch einen Vorteil. Ich konnte auch die Rezeption überblicken und würde es sofort bemerken, wenn Suko und Ignatius das Hotel betraten. Wenn möglich, übernachtete ich immer hier, wenn ich mich in Wien aufhielt. Es war nett, wenn sich das gut geschulte Personal noch erinnerte und man auch mit dem eigenen Namen begrüßt wurde, ohne sich erst groß vorstellen zu müssen.
Gegen den Durst bestellte ich mir noch ein Wasser. Es war gerade gebracht worden, als sich zwei Männer durch die Eingangstür schoben.
Der eine dunkel gekleidet, Father Ignatius, der andere trug eine lockere Kleidung, Suko, und er hatte mein Winken gesehen, denn er winkte sofort zurück.
Die Formalitäten waren rasch erledigt, das Gepäck wurde auf die beiden Zimmer verteilt, dann konnte ich meine Freunde endlich begrüßen. »Das ist ja superpünktlich gewesen«, sagte ich.
»Entsprechend der Ladung«, sagte Suko. Er schaute sich um. »Wenn ich das hier so sehe, kriege ich Hunger. Soll ich dir auch etwas bestellen, Ignatius?«
»Nein, danke. Mir ist der Appetit vergangen.«
Ich horchte auf. »Ärger?«
»Und nicht zu knapp.« Er ließ sich mir gegenüber nieder. Suko wußte bereits Bescheid. Er stand an der Vitrine, suchte seine kleine Mahlzeit aus, und ich war ganz Ohr, denn Ignatius hatte einiges zu berichten.
Seine Erlebnisse im Prater deuteten darauf hin, daß Santerre schon inmitten der Vorbereitungen steckte.
»Und du gehst davon aus, daß es in der folgenden Nacht oder am Abend passieren wird?«
»Ja.«
»Was macht dich so sicher?«
»Sie werden den Weg in die Verdammnis gehen müssen, denn in der nächsten Nacht ist es genau siebenhundert Jahre her, daß sich die elf Schwarzen Apostel in die Schlucht gestürzt haben. Jetzt braucht er neue Opfer, und die hat er gefunden. Ich habe elf Personen gezählt, John, das sollte dir auch zu denken geben.«
»Gibt es auch«, bestätigte ich. »Kannst du sie denn beschreiben?«
Ignatius lachte. »Im Prinzip ist es ja so geblieben. Die Menschen sind nicht anders geworden, nur die Äußerlichkeiten haben sich verändert. Wenn damals die Männer in Kutten oder in was weiß ich für welcher Kleidung den Weg ins Verderben angetreten haben, so kleiden sie sich heute anders. Ich möchte die elf Verblendeten nicht als Grufties bezeichnen, aber so ähnlich haben sie schon ausgesehen. Sie passen demnach in die Szenerie hinein.«
Dem konnte ich nur zustimmen
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