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Weg mit den Pillen

Weg mit den Pillen

Titel: Weg mit den Pillen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Walach
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auch das ist, was uns nun behindert. Dieses Modell hat Strukturen geschaffen, Geld, Intelligenz, Kreativität und Geisteskraft gebunden. Alle Anstrengungen medizinischer Forschung fließen in diese Richtung. Alle Studierenden werden so ausgebildet. Eine warm-dümpelige Glocke hängt sich über alle, ein bisschen wie eine intellektuelle Bierzelt-Atmosphäre: Wenn man drin ist, kann man sich gar nicht vorstellen, wie es anders auch gut sein kann. Wenn man draußen ist, fragt man sich, warum man eigentlich drin war. Alle denken in die eine Richtung und erwarten ihr eigenes Heil, das der Medizin und der Menschheit davon, dass wir noch mehr Details erkennen, noch mehr Verzahnungen und Verwinkelungen erforschen. Und weil alle so denken, alle so handeln, darum kommt es auch gar niemandem komisch vor. Ein allgemeiner, stillschweigender Konsens verbindet alle: Erst wenn wir den Mechanismus der Maschine voll und ganz verstanden haben, können wir sie auch richtig reparieren. Bis dahin ist alles Flickwerk.
    Hier ist meine Einladung zum Austritt aus dem Bierzelt für diejenigen, die noch einen Rest Nüchternheit bewahrt haben und die es nach frischer Luft verlangt. Wir drehen jetzt den Spieß einfach einmal um. Das heißt – wie bereits öfter gesagt – nicht, dass wir das
Maschinenparadigma für falsch erklären. Denkmodelle sind oftmals nützlich für einen Zweck, aber unbrauchbar für andere Zwecke. Wir drehen den Spieß um, sage ich, und stellen das Modell vom Kopf auf die Füße. Wir gehen nicht vom Detail aus, sondern vom Ganzen. Was sehen wir dann?
    Wir sehen, dass unser Organismus, wie jedes lebende System, in einer wunderbaren Art und Weise alles, was er braucht, selbst erzeugt und herstellt. Was er nicht hat, das führt er sich zu, durch Nahrungsaufnahme und andere Aktivität. Und wenn man den Organismus lässt und gut auf ihn hört, dann entdeckt man auch eine tiefe Weisheit in ihm. Die Weisheit der Jahrmillionen, in denen er durch die Evolution zu dem geworden ist, was er ist. Die Weisheit Hunderttausender von Generationen, die ihr Leben mindestens so lange leben konnten, wie es nötig war, damit sie ihre genetische Information weitergeben konnten – Kinder zeugen und aufziehen konnten, die überlebt haben. Wir alle stammen von solchen »Überlebern« ab, sonst gäbe es uns nicht. Die Weisheit einer erstaunlichen Anpassung an die ökologischen Bedingungen in einer enormen Vielfalt von Mitwelten, von der Kälte der Arktis bis zur Dürre der Wüste. Diese Weisheit bringt laufend, selbsttätig und ohne dass ein Arzt eingreift, Gesundheit hervor. Kontinuierlich. Nur wenn dieser Prozess gestört wird, müssen wir uns überlegen, was zu tun ist. Und das Sinnvollste ist eigentlich, diesen Prozess der inneren Weisheit – Carl Rogers, der Begründer der Gesprächspsychotherapie pflegte von der »organismischen Weisheit« zu sprechen – zu unterstützen. Ihn mit solchen Maßnahmen zu unterstützen, die sein Funktionieren möglichst wenig stören, sondern dazu führen, dass die Aktionen, die der Organismus unternimmt, um sich wieder ins Gleichgewicht zu bringen, effektiv sein können. Davon handelt das nächste Kapitel. Inzwischen haben wir gesehen:
Wir kommen nie ohne Denkmodelle aus; sie helfen uns die Wirklichkeit zu ordnen.
Diese Denkmodelle sind Abstraktionen; sie sind nicht die Wirklichkeit.
Wenn man einen anderen Ausschnitt der Wirklichkeit sehen will, muss man zurücktreten oder einen anderen Blickwinkel einnehmen.
Das mächtigste Denkmodell innerhalb der Medizin ist das von Descartes eingeführte Maschinenmodell vom Menschen.
Es verleitet dazu, den Organismus nicht nur wie eine Maschine, sondern als Maschine zu sehen.
Es funktioniert gut im akuten Fall. Es ist weniger geeignet zur Behandlung komplexer, chronischer Störungen.
Es ist aber in einem fast hypnotischen Sinne mächtig, weil die vorherrschende Meinung ihm entspricht und alle Ressourcen dahin fließen, dieses Modell noch mehr zu verankern.
Dies ist so, weil das Modell mächtige wirtschaftliche Interessen stützt, die es wiederum ernähren.
Um diesen Bann zu brechen, müssen wir aufhören, den Organismus als Maschine zu verstehen. Wir müssen ihn als eigentätiges, lebendes Wesen erkennen, das eigentlich immer von sich aus Heilung anstrebt, wenn man es nicht stört.

5.
Wie Placeboeffekte die Kraft zur Selbstheilung lehren
    Wir alle kennen grippale Infekte. Wenn es dumm kommt, bekommen wir rasch Fieber, wir fühlen uns müde und schwer, wir wollen nichts

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