Weg mit den Pillen
tun will, dann ist es die Reduktion der Kalorienzufuhr oder auf gut Deutsch gesagt: weniger Essen.
Das klingt einfach, ist aber komplizierter, als man denkt. Das weiß jeder, der das einmal probiert hat. Dabei hilft es uns, wenn wir uns Folgendes vor Augen führen: Wir alle sind Nachkommen von Generationen von Vorgängern, die die schlimmsten Hungersnöte und Katastrophen überlebt haben. Bis vor etwa 70 Jahren war Hunger ein ständiger Begleiter der Menschen in Europa, und auch heute noch leben viele Menschen im Rest der Welt mit ihm. Unser Organismus ist extrem gut daran angepasst, mit der Nahrung, die uns zur Verfügung steht, zu haushalten und auch mal eine ganze Weile ohne Nahrung auszukommen. Er ist aber überhaupt nicht daran angepasst, alle zwei Stunden etwas zu essen oder zu knabbern, nur weil uns die Nahrungsmittelindustrie und eine schlecht informierte Medizin suggerieren, wir würden sterben, wenn wir das nicht tun und nicht dauernd einen Joghurt in der Tasche oder eine Tafel Schokolade in der Schreibtischschublade haben. Wir können Tage, ja Wochen ohne Nahrung besser überstehen als Jahre im Überfluss – wenn man einmal evolutionär denkt. Während einer
Hungersnot haben stets die überlebt, die ihre Nahrung gut verwerten konnten, die auch Reserven in Form von Fett angelegt hatten und dann auf diese zurückgreifen konnten. Von solchen Menschen stammen wir alle ab; denn die anderen sind vorher ausgestorben. Kein Wunder also, dass wir alle dick werden, wenn wir ständig die Nahrung vor uns sehen und zugreifen. Es dauert viele Generationen, bis sich ein solcher genetischer Überlebensvorteil in einer Population wieder ändert, weil sich das Nahrungsangebot geändert hat. In Zukunft werden diejenigen einen Vorteil haben, die rasch verbrennen, wenig Fett anlegen können und daher schlank bleiben. Was aber macht der Rest (und das dürfte die Mehrzahl sein)?
Schon sich dieses Wissen klarzumachen hilft. Denn es zeigt uns, dass wir nicht immer auf den Neandertalerinstinkt hören dürfen. Der sagt uns: »Greif zu, wenn irgendwo Fettes und Süßes auf dich wartet!« Denn das war früher das, was selten zu haben und wertvoll war. Süßes kam aus Honig oder aus Früchten, und die gab es nur zu bestimmten Zeiten. Fett musste man mühsam aus Samen gewinnen oder aber man hatte eben ein Tier erlegt oder geschlachtet. Süßes liefert rasch Energie. Fett ist ein Energiespeicher. Daher haben wir die Tendenz, ganz automatisch auf diese Quellen von Energie zurückzugreifen, jedenfalls in der Regel.
Es ist daher wichtig, sich diese Zusammenhänge vor Augen zu führen und entsprechend zu handeln. Hier sind ein paar moderne Vorurteile, die es zu beseitigen gilt – zunächst im Kopf, dann in der Praxis:
Vorurteil Nummer eins: Wir sterben, wenn wir nicht essen. Das ist nur annäherungsweise richtig. In der Tat kann ein gesunder Mensch über Wochen ohne Nahrung auskommen. Ohne Wasser ist das schwieriger, aber ohne Nahrung geht das. (Hierüber später mehr, wenn wir uns mit dem Fasten beschäftigen.)
Vorurteil Nummer zwei: Wir müssen alle paar Stunden etwas essen, sonst leben wir ungesund. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir unserem Körper die Chance geben, die Reserven aufzubrauchen, belasten wir ihn weniger.
Vorurteil Nummer drei: Wenn wir Hunger haben, müssen wir
unbedingt etwas essen, sonst werden wir krank. Auch falsch. Hunger signalisiert, dass der Blutzucker gesunken ist und der Körper wieder Energie braucht. Er kann dies auf zweierlei Weise tun. Wir können Energie in Form von Nahrung zuführen und essen. Der Körper kann aber auch auf seine eigenen Reserven zurückgreifen. Das tut er normalerweise auch, wenn der Hunger nicht rasch gestillt wird.
Vorurteil Nummer vier: Wenn wir unseren Hunger stillen wollen, ist es eigentlich egal, womit wir das tun – Hauptsache etwas, das rasch sättigt. Auch hier ist das Gegenteil richtig. Je mehr wir unseren Körper daran gewöhnen, komplexe Kohlehydrate aufzuschließen und nicht einfach rasch verwertbare Zucker, desto eher haben wir eine Chance, aus der schnellen Schaukel zwischen Hungergefühl, essen und erneutem Hungergefühl so herauszukommen, dass daraus eher ein langsames Wechseln wird.
Wenn wir uns diese Tatsachen ins Bewusstsein rufen, dann fällt es uns auch leichter, etwas an unserem Verhalten zu ändern. Vielleicht hilft es auch, sich klarzumachen, dass es eigentlich nur einen Gewinner gibt, wenn die ganze Bevölkerung zu viel isst, nämlich die
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