Weg mit den Pillen
prostataspezifischen Antigens, das man als wichtigen Diagnosemarker bei Prostatakrebs verwendet, nahmen in der Behandlungsgruppe um vier Prozent ab, in der Kontrollgruppe um sechs Prozent zu. 72
In einer weiteren Studie konnten die Autoren zeigen, dass sich durch diese Diät bei Patienten mit Prostatakarzinom der Ausdruck von vielen hundert Genen veränderte – vor allem solcher, die als Onkogene bekannt sind (Gene, die den Krebsprozess vorantreiben), und solcher, die für den Fett- und Kohlehydratstoffwechsel zuständig sind. 73 Dies bestätigt, was ich vorher über die Epigenetik gesagt habe: Die Gene allein sind keine Erklärung für eine Krebserkrankung. Erst wenn die Gene durch ein entsprechendes Verhalten mit Stoffen und Bedingungen von außen in Berührung kommen, werden sie aktiv. Umgekehrt können wir durch unser Verhalten und unsere Ernährung diese Aktivität auch wieder beenden und Gene aktivieren, die uns vor solchen Krankheiten schützen.
Das zeigte sich in einer anderen Studie, in der durch die Einführung einer solchen Diät die Aktivität des Enzyms Telomerase zunahm. Dieses Enzym ist wichtig, weil es die Verkürzungen der Telomere wieder rückgängig macht, die bei der Zellteilung geschehen. Sie erinnern sich: Die Telomere sind Bestandteile unserer Gene und ihre Verkürzung hängt, vereinfacht formuliert, mit Alterungs-und Krankheitsprozessen zusammen. Die Telomerase-Aktivität ist deswegen sozusagen ein direkter Marker für die Anfälligkeit eines Organismus für eine Erkrankung und bestimmt sein biologisches Alter. Bei dieser Pilotstudie mit Prostatakarzinompatienten zeigte
sich nicht nur, dass sich die PSA-Werte durch die Diät verbesserten, sondern auch, dass die Telomerase-Aktivität zunahm. 74
Die Diät in den Ornish-Studien war zweifellos streng. Dennoch hielten sich 95 Prozent der Patienten in der Prostatakarzinomstudie auch noch nach einem Jahr daran. Aber man kann es auch ein kleines bisschen lockerer handhaben und dennoch Erfolg haben. Das zeigten zwei Pilotstudien, die den Patienten die Vorgaben machten, möglichst viel Gemüse und Obst zu essen, vor allem Tomaten, Brokkoli, anderes Kohl- und Blattgemüse sowie Karotten und Vollkornprodukte. Gleichzeitig sollte die Zufuhr von verarbeiteten Kohlehydraten, also Weißmehl, Zuckerprodukten und Ähnlichem sowie von Fleisch reduziert werden. Es konnte gezeigt werden, dass das Übernehmen dieser Diätempfehlungen zusammen mit einem Entspannungsprogramm bei Prostatakarzinompatienten mit schlechter Prognose zu einem Rückgang der PSA-Aktivität und damit zu einer Reduktion der Krebsgefahr führte. Der Rückgang war interessanterweise daran gekoppelt, wie stark sich die Patienten an die Diätvorgaben hielten. 75
Wir sehen an diesen Beispielen: Krebs ist zwar eine bedrohliche Krankheit. Aber ein großer Teil der Bedrohung ist hausgemacht. Krebs entsteht deswegen, weil wir zuviel und zuviel vom Falschen essen, weil wir einen Lebensstil führen, der uns eher belastet als uns hilft und gesund erhält, und weil wir als Gesellschaft und als Einzelne immer noch allzu oft der Meinung sind: »Der Papa wird’s scho richt’n, des g’hört zu seinen Pflicht’n«, um mit dem Wiener Kabarettisten Helmut Qualtinger zu reden. Wir meinen, der Arzt, die Medizin, muss uns zusammenflicken, wenn wir krank geworden sind und der Krebs oder der Herzinfarkt vor der Tür steht. Wir befeuern dadurch genau diejenige Maschine, die uns auch daran hindert, selbst Verantwortung zu übernehmen und durch unseren Lebensstil dafür zu sorgen, dass wir gar nicht erst krank werden. Ist es nicht interessant zu sehen, wie stark die Effekte einer lebensstilbasierten Intervention sein können? Ist es nicht auch verblüffend, dass über all die Jahre hinweg gerade mal ein einziger Forscher, Dean Ornish, sich aus Überzeugung diesem Thema zuwandte,
sehr überzeugende Daten in den besten Publikationsorganen vorgelegt hat, und die Botschaft verhallt beinahe ungehört über Dekaden? Ist es nicht interessant zu sehen, dass in der gleichen Zeit Milliarden in die Erforschung vergleichsweise moderat wirkender Therapieformen gesteckt wurden, obwohl eigentlich das Verhindern der Krankheiten (die dann mit einem Riesenaufwand behandelt werden müssen) relativ einfach wäre? Aus meiner Sicht ist es offensichtlich, dass hier im gesamten System etwas sehr falsch läuft.
Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt
Was für Krebs gilt, gilt auch für die koronare Herzkrankheit. Das ist neben Krebs
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