Weg mit den Pillen
Prozess weniger schnell vor sich, der Zucker wird wesentlich langsamer abgebaut, vor allem aber entstehen keine freien Radikale und es wird kein Sauerstoff benötigt. Wenn die Krebszellen also rasch wachsen, manchmal weit entfernt vom Ausgangsort, dort, wo wenig Blut und damit wenig Nährstoffe und Sauerstoff hinkommen, dann können sie alternative, evolutionär gesehen vermutlich ältere Stoffwechselprozesse in Gang setzen, die ihr Überleben sichern. Diese alternative Energieversorgung hilft den Krebszellen, schneller zu wachsen und auch ein Milieu zu überleben, das dem Wachstum eigentlich nicht zuträglich ist.
Der Biologe und Krebsforscher Johannes Coy, der eine Weile am deutschen Krebsforschungszentrum arbeitete, entdeckte ein Gen bzw. ein Eiweiß, das diesen Umschaltprozess markiert, das sogenannte TKTL-1-Gen. Es ist immer dann aktiv, wenn irgendwo im Organismus Zellen auf Vergärung umschalten und dadurch den Zuckerverbrauch erhöhen. In der Tat verwendet man heute als diagnostisches Zeichen von Krebsaktivität radioaktiv markierten Zucker und kann mit entsprechenden Positronen-Emissions-Kameras feststellen, dass dort, wo der Krebs aktiv ist, am meisten Zucker verbraucht wird. Die Aktivität der Tumorzellen und der hohe Zuckerverbrauch konnten bei einigen Krebsformen mittlerweile auch schon mit der Aktivität des TKTL-1-Gens in Verbindung gebracht werden. Das ist ein Zeichen dafür, dass der zweite Strang der Energieversorgung, die Vergärung, zugeschaltet wurde.
Tumorzellen nutzen Zucker damit gleich auf zweifache Weise zur Energiegewinnung. Daraus ergibt sich, dass eine ernährungstherapeutische Strategie zur Krebsvorbeugung und auch Krebsbekämpfung der konsequente Zuckerentzug sein könnte. Coy entwickelte daraus eine eigene Diät, die – seinen eigenen Worten zufolge – bei einzelnen dokumentierten Fällen zum Tumorrückgang geführt hat. Der Schlüssel in dieser Diät ist die konsequente Reduktion der Zufuhr von Zucker und leicht verwertbaren Kohlehydraten. 86 Das heißt nun nicht, dass plötzlich niemand mehr Kohlehydrate essen soll. Aber dieses Beispiel zeigt, dass der vernünftige Umgang mit Kohlehydraten ein Schlüssel zu einer gesunden Ernährung sein kann.
Dies dürfte übrigens auch für die Prävention von Demenz zentral sein. Auch hier wird diskutiert, ob die Erkrankung nicht teilweise der Tatsache zuzuschreiben ist, dass Nervenzellen insulinresistent geworden sind – also aufgrund des zu großen Zuckerangebots unfähig wurden, diesen sinnvoll zu nutzen. Sie verhungern dann sozusagen inmitten der Fülle. 87 Wird das Zuckerangebot reduziert, so können die Nervenzellen andere Mechanismen der Energiegewinnung aktivieren. Sie können sich zum Beispiel von Ketonkörpern ernähren, die bei der Fettverbrennung frei werden. Sie können auch, ähnlich wie Krebszellen, Zucker vergären – dieser Prozess
verläuft dann langsamer und es entstehen dabei vor allem keine schädlichen freien Radikale. Damit beide alternative Prozesse der Energieversorgung in Gang kommen, muss man allerdings die Zuckerzufuhr und vor allem den Zuckerüberfluss begrenzen.
Haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass Sie in ein Restaurant oder in eine Kantine gehen, jede Menge eigentlich recht ordentliches Essen genießen und eine halbe Stunde später plötzlich Heißhunger kriegen? Dem können Sie sich dann nur noch entziehen, indem Sie zu einem Marsriegel oder einem Stück Schokolade greifen. Das liegt ganz einfach daran, dass Ihnen Essen mit einem viel zu hohen glykämischen Index vorgesetzt wurde. Meistens sind die versteckten Soßenbinder das Problem, die sehr viel einfache Stärke enthalten. Wenn dann noch Kartoffeln dabei waren, die ebenfalls einen hohen Anteil an rasch zu erschließenden Kohlehydraten enthalten, und das Menü als »gesund und fettarm« beschrieben wurde, dann ist die Blutzuckerspitze nach einer halben Stunde vorprogrammiert und der Fall ins tiefe schwarze Loch des Hungers ist garantiert. Wenn Sie das allzu oft machen, dann essen Sie einfach falsch und noch dazu zu viel. Ihr Körper hat keine Wahl, als die überflüssigen Kalorien in Fett umzuwandeln. Und weil wir uns nicht mehr so viel bewegen, werden wir dieses Fett niemals los. Auf diese Art und Weise ist die Hamburger-Generation in den Vereinigten Staaten und anderswo auf der Welt dick geworden. Denn die Halbfertig- und Fertignahrungsmittel der modernen Zeit – vom Hamburger aus der Fast-Food-Bude bis zum Nudelgericht der chinesischen
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