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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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empfand in Dublin oft ähnlich, wenn er nach langen Arbeitsstunden unten in der Apotheke nach oben in die Wohnung kam.
    Als seine Frau starb, verkaufte ihr Vater das Geschäft schließlich an einen jungen, ehrgeizigen Assistenten, der es in eine Goldgrube verwandelte. Mr.Barry senior zog in den Westen von Irland, wo er sich ein Cottage kaufte und seinem Hobby, dem Angeln, frönen konnte. Und er war nicht allein, eine »gute Bekannte« leistete ihm Gesellschaft.
    Einmal im Jahr besuchte Peter ihn dort.
    Das Haus war freundlich und bequem eingerichtet. Ruby, die Freundin seines Vaters, hatte für sie gekocht und dabei erzählt, dass sie bald eine Kreuzfahrt machen würden.
    Eine Kreuzfahrt!
    Peter und Amy blieben über Nacht, und als sie am nächsten Tag nach Hause fuhren, spürte Peter, wie es in ihm arbeitete. Irgendwie ließ ihn das Gefühl nicht los, dass sein Vater es mit dem Verkauf sehr gut getroffen hatte. Voller Stolz gab er sogar damit an, um wie viele Quadratmeter die alte Apotheke seitdem vergrößert worden war.
    Amy hatte die ganze Zeit über, während sie – vorbei an Flüssen und Schlossruinen – durch kleine Städte fuhren, wortlos aus dem Fenster gestarrt.
    »Was denkst du?«, wollte Peter schließlich von ihr wissen.
    »Ich habe gerade überlegt, ob die beiden Alten wohl noch Sex miteinander haben«, erwiderte sie.
    Peter fand diese Vorstellung so verstörend, dass er beschloss, niemals mehr einen anderen Menschen zu fragen, was er gerade dachte. Besser, man wusste es nicht …
     
    Als er Amy nun nachsah, wie sie auf der Suche nach einem Job in der Menge verschwand, hatte Peter keine Ahnung, was in ihrem Kopf vor sich ging. Bereute sie es, dass sie nicht anständig gelernt hatte? Oder nahm sie es Gott und der Welt übel, dass sie keine Mutter, dafür aber einen mürrischen, kleinlichen Vater hatte, der ihr Bedürfnis, sich zwei Wochen lang auf Zypern sinnlos zu betrinken, nicht verstand? Peter fragte sich, wer Amy wohl einstellen würde und als was.
    Wie gern hätte er jetzt eine gute alte Freundin wie Ruby gehabt, einen Menschen, mit dem er offen über seine Tochter hätte reden können. Aber es gab niemanden in seinem Leben.
    Genau in dem Moment betrat Clara Casey von der Herzambulanz die Apotheke.
    »Peter, heute komme ich mit einer Riesenbitte zu Ihnen«, sagte sie und kam ohne große Umschweife zum Thema.
    »Schießen Sie los, was wollen Sie dieses Mal wieder von mir?«, fragte er mit gespielter Märtyrermiene.
    »Also, um Geld habe ich Sie doch noch nie angehauen, oder? Nein, und auch heute habe ich es nicht auf Ihr Geld, sondern nur auf Ihre Zeit abgesehen.« Und voller Enthusiasmus schilderte ihm Clara, dass die Klinik eine Reihe von Vorträgen plane, aber nicht nur für ihre Patienten und deren Familien; auch die breite Öffentlichkeit sollte in diesen Genuss kommen, sozusagen als Teil ihrer Aufklärungskampagne über die Funktion des Herzens. Sie würde es sehr begrüßen, wenn er – Peter Barry – als der Apotheker vor Ort sie bei diesen Vorträgen unterstützen und sein Fachwissen über die verschiedenen Arten von Medikamenten wie Betablocker und ACE -Hemmer beisteuern könnte. Und wenn ihm das auch noch in einer für den Laien verständlichen Sprache möglich wäre, hätten die Leute weitaus mehr davon als von dem üblichen Kauderwelsch der Ärzte, die sie mit ihren Fachbegriffen und langen lateinischen Namen nur verwirrten. Die meisten Leute hätten nämlich großes Vertrauen zu ihrem Apotheker, fügte Clara schmeichelnd hinzu.
    Peter freute sich, dass sie so große Stücke auf ihn hielt. »Aber Sie haben mich noch nie in der Öffentlichkeit reden hören. Ich bin nicht unbedingt ein rhetorisches Talent«, gestand er.
    »Aber Sie sind der Ansprechpartner dieser Menschen, Peter. Vielleicht bekommen Sie sogar mehr Kunden, wenn Sie Gelegenheit haben, zu zeigen, wie unkompliziert und umgänglich Sie sind.«
    »Na dann, wenn ich damit mein Geschäft ankurbeln kann, muss ich natürlich mitmachen«, erwiderte Peter lachend.
    Clara und er einigten sich auf ein Datum und eine Uhrzeit, und Peter fügte hinzu, dass er Interesse habe, noch mehr über das Projekt zu erfahren. Ob er Clara vielleicht mal zum Abendessen einladen dürfe? Clara zögerte, ehe sie antwortete, dass sie sich das sehr gut vorstellen könne. Gleichzeitig warnte sie ihn aber davor, dass dieses Projekt ihr Steckenpferd sei und dass sie stundenlang darüber reden könne. Also, wenn er verspreche, auch über andere Themen

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