Wege des Herzens
habe, wovon soll ich mir dann was zu essen kaufen?« Für Linda war das ein Rätsel.
»Tja, genau das ist das Problem. Aber vielleicht hast du ja eine zündende Idee«, meinte Clara.
»Was hast
du
denn am Sonntag vor?«, fragte Linda störrisch.
»Ich habe jemanden zum Essen eingeladen.«
»Das fehlt mir gerade noch. Was interessiert mich das Gerede von dir und einer geschwätzigen alten Schachtel über die Herzklinik.«
»Gut – dann schließe ich daraus, dass du dir für den Sonntag etwas anderes überlegst, Linda.«
»Ich habe
verstanden
, Mam, und es ist übrigens nicht nötig, dass du den Kühlschrank leer räumst, für den Fall, ich könnte mich an
deiner
Milch oder an
deinem
Schinken vergreifen …«
»Ich finde, es ist immer besser, wenn man Klartext redet«, erwiderte Clara munter.
Peter brachte als Gastgeschenk eine Flasche Wein mit.
»Das ist aber nett von Ihnen. Würden Sie den Wein für uns öffnen?« Clara reichte ihm einen Korkenzieher.
»Danke, aber die Flasche hat einen Schraubverschluss. Der Wein war ein Sonderangebot, aber ich glaube, man kann ihn ganz gut trinken«, erwiderte er.
»Also, meinetwegen könnten alle Weinflaschen einen Schraubverschluss haben«, sagte Clara, während sie den Räucherlachs auf dem dunklen Brot verteilte.
»Meiner Meinung nach wird von diesen angeblichen Weinkennern ohnehin viel zu viel Wind um die Sache gemacht«, fuhr Peter fort. »Die Leute kaufen nur noch nach dem Preis. Was teuer ist, muss auch gut sein. Mir kommt das so vor wie die Geschichte von des Kaisers neue Kleider. Manche günstigere Weine wie der hier sind wirklich exzellent und kosten nur die Hälfte von den sogenannten ›guten‹ Weinen.«
Clara wünschte sich, Peter würde endlich aufhören, über Geld zu reden. Sie waren beide zwei gutsituierte Angehörige der Mittelschicht in den besten Jahren. Sie war Ärztin, er Apotheker, sie besaßen ein eigenes Haus beziehungsweise eine Wohnung – sie würden sich, in Gottes Namen, doch noch eine Flasche Wein leisten können. Aber es war besser, wenn sie diesen irritierenden Zug an ihm einfach ignorierte.
Und bald waren sie wieder angeregt ins Gespräch vertieft. Peter bewunderte ihr Haus, das so hell und luftig war, während der Garten einer kleinen, farbenprächtigen Oase glich. Der Trick, einen Garten gut aussehen zu lassen, sei der, sich bunt blühende Büsche anzuschaffen, die kaum Pflege benötigten, aber großen Eindruck machten, erklärte Clara. Sie nahmen ihre Weingläser mit nach draußen, und Clara wies ihren Gast auf die eine oder andere Pflanze hin, während sie durch den winzigen Garten schlenderten.
»Ziehen Sie Ihre Pflanzen selbst aus den Samen?«, wollte Peter wissen.
»Nein, ich habe kein Gewächshaus oder Ähnliches, das man dazu bräuchte.«
»Aber wären die Kosten dann nicht viel geringer?«, fragte er.
»Nicht, wenn Sie sich extra ein Gewächshaus anschaffen müssen und jede freie Minute damit verbringen, die kleinen Setzlinge umzutopfen«, erwiderte Clara temperamentvoll.
»Nein.« Das gab Peter zu denken. Freunde hatten ihm erzählt, dass ein Garten ziemlich ins Geld ginge, und mit diesem Gedanken tröstete er sich immer, wenn er hinauf in seine Etagenwohnung ging.
»Wenn Sie im Sommer wiederkommen, können wir hier draußen sitzen und dort drüben in der Ecke essen«, sagte Clara.
»Dann hoffe ich, dass wir im Sommer noch Freunde sind«, antwortete er.
Es gab Fleischpastete als Hauptgang und danach Käse. Clara öffnete dazu eine Flasche Rotwein. Als Peter sie fragte, woher sie ihn habe und wie teuer er gewesen sei, log sie und sagte, sie wisse es nicht, der Wein sei ein Geschenk gewesen. Sie brachte es nicht fertig, ihm zu erzählen, dass sie in eine Weinhandlung gegangen war, um einen vollmundigen Qualitätswein zu kaufen, vielleicht sogar einen Burgunder, und einen dementsprechenden Preis dafür bezahlt hatte. In Peter Barrys Augen wäre das eine sündhafte Verschwendung und keine großzügige Geste gewesen.
Nach dem Essen kam Peter auf die vielen Pharmareferenten zu sprechen, die ihm die Tür einrannten, um ihre neuesten Produkte zu verkaufen, woraufhin Clara schilderte, wie ermutigend es sei, dass die Lebensqualität von Menschen mit Herzschwäche immer besser wurde. Patienten, die noch vor wenigen Monaten voller Angst zu ihnen gekommen waren und in der Klinik eine Art Warteraum für die nächste Welt gesehen hatten, waren jetzt wieder voller Zuversicht und Lebensmut.
Kopfschüttelnd erzählte ihr
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