Wege des Herzens
sagte Ania.
Und erst in dem Moment begriff Clara, was Ania damit ausdrücken wollte, nämlich, dass es keine Hoffnung für sie auf den gutaussehenden Carl Walsh gab. Clara hätte es mit der gefürchteten Mrs.Walsh auch nicht aufnehmen wollen. Bobby war ein Goldschatz, aber Mrs.Walsh – bei der brauchte man Nerven aus Stahl.
»Unter gleichen Wettbewerbsbedingungen könnten Sie sich jede Menge Hoffnungen machen.«
»Bitte?«
»Das sagt man so …«
»Ja, ich weiß, was das bedeutet – wenn alle gleiche Ausgangsbedingungen hätten«, antwortete Ania.
»Genau das heißt es. Aber Carls Mutter wird das immer anders sehen.«
»Trotzdem freut es mich, dass Sie glauben, ich könnte mir Hoffnungen machen«, sagte Ania.
Clara hatte nie zu den Frauen gehört, die alle ihre Probleme mit ihren Freundinnen besprachen und bis ins letzte Detail analysierten. Dervla O’Malleys ironische Kommentare wusste sie natürlich zu schätzen, aber abgesehen davon behielt sie ihre Probleme lieber für sich. Sie hatte es ganz mit sich allein ausgemacht, damals, als sie Alan Casey geheiratet hatte. Vielleicht hätte sie das besser nicht tun sollen. Und wieso kam sie überhaupt auf die Idee, Alan und Peter in dem Zusammenhang miteinander zu vergleichen? Sie waren so verschieden …
Doch Dervla war eine gute Zuhörerin und außerdem sehr klug.
»Hat er dich gefragt, ob du ihn heiraten willst?«, fragte sie. Sie saßen in Dervlas Golfclub und tranken Kaffee. Hier war der einzige Ort, an dem sie nicht gestört wurden.
»Ja, am letzten Abend«, gestand Clara.
»Muss ich das jetzt aus dir herausprügeln oder was? Wirst du mir erzählen, was du geantwortet hast?«
»Was hältst
du
von ihm, Dervla?«
»
Mich
hat er nicht gebeten, ihn zu heiraten, und irgendwie glaube ich nicht, dass Philip das gut fände.«
»Im Ernst, was hältst
du
davon?«
»Ich finde, er passt so gut zu dir wie der Deckel auf den Eimer.«
»Ich habe aber keine Schmetterlinge im Bauch.«
»Clara, bitte, überleg mal, wie alt du bist! Wenn du heute noch mit klopfendem Herzen wie ein Teenager herumlaufen würdest, müssten wir uns wirklich Sorgen machen.«
»Also bist du der Ansicht, dass ich seinen Antrag annehmen sollte?«
»Bist du krank, Clara? Du willst einen Rat von mir? Ich soll
dir
einen Rat geben? Nun gut. Also, wenn du dich mit Peter arrangierst, wirst du in ihm einen angenehmen, zufriedenen, ausgeglichenen Lebensgefährten haben, der dich liebt und auf Händen trägt. Was soll daran schlecht sein?«
»Der Ausdruck, ›mich arrangieren‹. Der gefällt mir ganz und gar nicht«, sagte Clara.
»Himmel, dir kann es aber wirklich keiner recht machen, Clara Casey.«
»Hast du dich denn mit Philip arrangiert?«
»Du weißt genau, dass es so ist. Den Mann, in den ich vor ihm verliebt war, konnte ich nicht bekommen. Es war hoffnungslos. Er musste eine Frau mit Geld heiraten, und das hat er getan. Aber dann habe ich Philip kennengelernt, und ich danke Gott noch heute jeden Tag dafür.«
»Aber das gewisse Etwas hatte er nicht?«, bohrte Clara nach.
»Ich weiß nicht, was das sein soll!«, erwiderte Dervla lachend.
»Du weißt
genau
, was ich damit meine«, sagte Clara.
»Also, ich kann mich sehr wohl daran erinnern, wie sich das mal angefühlt hat, sicher, aber ich glaube, wenn man die fünfundzwanzig erst mal überschritten hat, fällt auch das gewisse Etwas bescheidener aus.«
»Und danach arrangiert man sich eben?«
»Es ist bequem, man ist weniger einsam, und mit Tränen endet die Sache höchstwahrscheinlich auch nicht«, erklärte Dervla.
»Wahrscheinlich hast du recht«, meinte Clara, und damit ließen sie das Thema auf sich beruhen.
An diesem Nachmittag führte Clara ein Gespräch mit Nora Dunne, der großen, klugen Frau von Aidan Dunne, die so viel dafür getan hatte, dass ihr Mann wieder zu Kräften gekommen war.
»Dr.Casey, ich wollte Ihnen danken für alles, was Sie für uns getan haben«, sagte sie zu Clara. »Ich hätte Ihnen von Anfang an mehr vertrauen sollen. Aidan und ich haben durch Sie ein zweites Leben geschenkt bekommen. Außerdem wollte ich mich bei Ihnen dafür entschuldigen, dass ich Ihnen mit meinen Bedenken und Zweifeln die Zeit gestohlen habe.«
»Nein, nein, ich bitte Sie, Sie standen unter Schock«, beruhigte Clara sie.
»Aidan ist nun mal die Liebe meines Lebens. Meine Gedanken sind von morgens bis abends bei ihm. Ich überlege mir, was er wohl von diesem und jenem hält, ich merke mir, was ich ihm später
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