Wege des Herzens
freundlich.
»Nein, aber vielen Dank, Nora. Ich bin im Augenblick keine sehr angenehme Gesellschaft. Außerdem muss ich irgendwann mal nach Hause und meine Sachen abholen. Das mache ich am besten gleich an diesem Wochenende.«
»Vielleicht versöhnen Sie sich ja wieder mit Ihren Eltern.« Es war das erste Mal, dass Nora irgendwelche Unstimmigkeiten erwähnte.
»Mit meinem Vater habe ich mich immer gut verstanden«, sagte Carl.
»Ja, aber Frauen sind kompliziert. Wir denken um fünf Ecken und verstehen manches falsch …«
»Aber
Sie
doch nicht.«
»Nur manchmal. Aber ich sehe, wie sehr die Sache Sie mitnimmt, und ich mag es nicht, wenn Sie so niedergeschlagen sind, Carl.« Noras Stimme war voller Mitgefühl.
»Ich bin deswegen niedergeschlagen, weil ich so dumm war. Da lerne ich eine wunderbare junge Frau kennen, und was mache ich? Ich lasse sie wieder gehen.«
»Hat sie etwas für Sie empfunden?«
»Ich denke schon, aber ich bin so ein Idiot. Ich würde alles darum geben, diesen Abend noch einmal erleben zu dürfen.«
»Und wo ist sie jetzt, diese wunderbare junge Frau?«, wollte Nora wissen.
»In einem kleinen Dorf im Süden Polens. Nicht einmal reden will sie mit mir.«
»Und wann kommt sie wieder zurück?«
»Die anderen glauben nicht, dass sie jemals wieder zurückkommt.«
»Ich bin sicher, dass sie wiederkommt, Carl. Sie sind ein guter Kerl. Männer wie Sie findet man nicht so oft.«
»Ich bin kein guter Kerl, Nora. Ich bin ein ausgemachter Trottel.«
»Das sind wir doch alle von Zeit zu Zeit, glauben Sie mir. Mir tut es nur leid, dass Ihr Herz schon vergeben ist. Ich hatte mir nämlich Hoffnungen darauf gemacht, dass aus Ihnen und Aidans Tochter aus erster Ehe ein Paar werden könnte. Ach ja!«
Schweren Herzens stieg Ania die Anhöhe hinauf.
Irgendwie glaubte sie es Clara nicht, dass tatsächlich so viele Menschen sie vermissten. Aber jetzt war sie erst mal wieder zu Hause, mit einer Tasche voller Geld für ihre Mutter. Seit sie aus Polen weggegangen war, war kaum eine Stunde vergangen, in der sie nicht gearbeitet hatte, doch das Gesicht ihrer Mutter, wenn sie das Geschenk entgegennahm, würde sie für alle Mühen entlohnen.
Ania hoffte nur, dass ihre Mutter nicht weinen würde, da sie Angst hatte, selbst nicht mehr damit aufhören zu können, wenn die Tränen erst einmal flossen.
Fiona und Declan standen über die Ringe gebeugt und streiften einen nach dem anderen über Fionas Finger.
Bei dem einen Ring war es die Fassung, die ihnen gut gefiel, bei dem anderen der Stein, der prächtig funkelte. Schließlich entschieden sie sich für einen Ring mit drei kleinen, nebeneinanderliegenden Opalen.
»Das war der, den Sie zuerst in der Hand hatten. Das ist immer ein gutes Zeichen«, sagte der junge Mann, der den ganzen Tag über nichts als Steine verkaufte und sein Metier beherrschte.
»Und wann ist der große Tag?«, fragte er, während er die Opale noch einmal polierte.
»Ach, das kann noch dauern«, erwiderte Declan rasch.
»Gegen Ende des Sommers«, sagte Fiona.
»Ganz recht, junge Frau. Nageln Sie ihn fest«, meinte der junge Juwelier und grinste.
Anschließend gingen Fiona und Declan zum Mittagessen ins Quentins und zeigten den Ring Brenda, die wie immer die passenden Worte fand und ihnen ein Glas Champagner spendierte.
Danach riefen sie Fionas Eltern an und erzählten ihnen, dass sie den Ring gekauft hatten. Es herrschte große Aufregung, und Fionas Eltern luden die Carrolls ein, noch am selben Abend zum Essen zu ihnen zu kommen; sie würden etwas vom Chinesen holen.
Fiona benachrichtigte per E-Mail ihre Freunde Tom und Elsa in Kalifornien, David in England und Vonni in Griechenland.
Sie sei sehr glücklich, schrieb sie, und sie müssten unbedingt alle Declan kennenlernen.
»Warum hast du deine Meinung wegen des Termins geändert?«, wollte Declan wissen.
»Wahrscheinlich, weil ich mitbekommen habe, in welchem Schlamassel Ania und der arme Carl stecken, und ich wollte nicht, dass uns etwas Ähnliches passiert.«
»Wo wohnt Carl jetzt eigentlich?«, fragte Declan.
»Ich weiß es nicht. Schon erstaunlich, dass er so lange gebraucht hat, seine Mutter zu durchschauen.«
»Er hat wahrscheinlich um seines Vaters willen versucht, Frieden zu bewahren«, sagte Declan.
»Du findest immer für jeden ein freundliches Wort«, erwiderte Fiona liebevoll und drehte ihre Hand hin und her, um den Ring noch einmal zu bewundern.
Liebe Fiona,
wie wunderbar, dass Du heiraten
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