Wege des Herzens
vielleicht besser hineingehen und sich das Lokal ansehen sollte, damit er wenigstens eine Vorstellung von seinem angeblichen Lieblingsrestaurant hatte. Declan trat durch die Tür. Das Quentins war ziemlich gut besucht. Ein preiswertes Happy-Hour-Menü lockte Theatergänger vor der Vorstellung ins Restaurant.
Eine gutaussehende Frau um die vierzig, die hier die Chefin zu sein schien, kam auf ihn zu; sie machte Anstalten, ihn an einen Platz zu führen, aber zu Hause wartete Molly Carrolls Fleischpastete auf ihn.
»Nein, tut mir leid, ich wollte mich nur ein wenig umschauen. Wissen Sie, ich war noch nie bei Ihnen, aber ich habe jemanden zum Essen hierher eingeladen …« Declan war klar, dass er sich anhören musste, als ob er nicht ganz dicht sei. Wahrscheinlich würde ihn diese Frau auf der Stelle des Lokals verweisen und ihn nie mehr hineinlassen. Was war er doch für ein
Idiot
, hierherzukommen und sich bis auf die Knochen zu blamieren. Doch die Frau schien sein Benehmen für völlig normal zu halten.
»Selbstverständlich können Sie sich umschauen. Ich führe Sie kurz herum. Ich bin übrigens Brenda Brennan, mein Mann Patrick ist der Küchenchef. Wir zeigen Ihnen gern alles.«
»Ich heiße Declan Carroll«, stellte er sich vor und konnte kaum glauben, dass er noch einmal davongekommen war.
»Aber natürlich, Mr.Carroll, Sie haben doch vor ein paar Minuten angerufen. Darf ich Ihnen den Tisch zeigen, den ich für Sie vorgesehen hatte?« Benommen folgte Declan ihr von der Austernbar, auf der sich bergeweise das gestoßene Eis häufte, bis zu der Vitrine mit den Desserts, in der sich wahre Obstkaskaden aus Schalen ergossen. Brenda Brennan zeigte ihm auch die Toiletten und führte ihn sogar in die Küche, wo er Patrick und dessen Bruder mit dem merkwürdigen Namen Blouse kennenlernte. Vollkommen überwältigt bedankte er sich bei ihr und versicherte ihr, wie sehr er sich auf den kommenden Donnerstag freue.
»Es war sehr freundlich von Ihnen, Mrs.Brennan, mir Ihr Restaurant zu zeigen. Ich fürchte, ich muss Ihnen gestehen, dass ich von der feinen Küche nicht allzu viel verstehe.«
»Das tun nur wenige, Mr.Carroll, und noch weniger sind so ehrlich, das auch zuzugeben. Ist es denn ein besonderer Anlass am Donnerstag?«
»Für mich schon. Es ist mein erstes Rendezvous mit einem ganz reizenden Mädchen, und ich hoffe, es wird ein Erfolg.«
»Wir werden tun, was wir können, damit es ein Erfolg wird.« Brenda Brennan brachte Declan bis zur Tür, als ob er ein geschätzter Stammgast wäre, und sah ihm zu, wie er auf sein Fahrrad stieg und sich in den Verkehr einfädelte.
»Wirklich ein netter junger Mann«, sagte Brenda hinterher in der Küche zu Patrick.
»Ist er zufälligerweise Arzt?«, fragte Patrick.
»Ich glaube nicht. Das hätte er erwähnt, das tun sie doch alle. Außerdem wirkt er nicht so von sich eingenommen wie so viele Ärzte. Wieso fragst du?«
»Ach, erinnerst du dich nicht, dass Judy Murphy von einem jungen, rothaarigen Arzt auf einem Fahrrad erzählt hat, der ihre schrecklichen Hunde für sie spazieren führt? Das könnte er gewesen sein.«
»Ich würde sagen, dass Dublin voll von rothaarigen jungen Männern ist«, erwiderte Brenda, drehte sich um und machte sich wieder an die Arbeit. Trotzdem würde sie Judy bei nächster Gelegenheit danach fragen.
Declan saß beim Abendessen, besorgt beäugt von Molly, während er die riesigen Portionen zu bewältigen versuchte.
»Jetzt erzähl schon, was heute alles passiert ist«, bedrängte sie ihn.
Das war wirklich nicht zu viel verlangt, nicht, nachdem sie ein Leben lang auf alles verzichtet hatte, damit ihr Sohn es zu etwas brachte. Doch heute Abend war Declan nicht in der Stimmung, mit belanglosem Geplapper über seinen Tag als Medizinmann im weißen Kittel die Leere im Haus zu füllen. Einsilbig beantwortete er die Fragen seiner Mutter und schien dabei völlig abwesend zu sein.
»Mush, Mush, Mush«, sagte sein Vater plötzlich.
»Was meinst du, Dad?«
»Ach, ich habe gerade überlegt, ob du nicht Lust hättest, mit deinem Rudel Huskies später noch auf ein Bier ins Pub zu kommen. Mit dem Ruf feuern die Schlittenführer übrigens ihre Hunde an.«
»Ach, Paddy, lotse den Jungen doch nicht in diese schäbige Kneipe. Für unseren Declan kommen von jetzt an nur noch vornehme Hotelbars und Weinlokale in Frage.«
Ratlos betrachtete Declan seine Eltern.
Nie
im Leben durften sie erfahren, dass er die Absicht hatte, am Donnerstagabend fast so viel
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