Wege des Herzens
sich seiner Sache immer so sicher. Er hatte sich gewünscht, Priester zu werden, sogar Missionar, und dann hatte er diese Frau getroffen und sie heiraten wollen. Sobald er wusste, was er wollte, tat er alles, um sein Ziel zu erreichen, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Es gelang ihm sogar, seine Eltern davon zu überzeugen, dass das, was er tat, richtig war. James war der Mann, den er um Rat fragen sollte.
Natürlich auch Johnny, der über einen gesunden Menschenverstand verfügte. Johnny war ein nüchterner Realist durch und durch. Einmal hatte er Brian erzählt, dass er noch nie geträumt habe. Er wisse überhaupt nicht, was die Leute damit meinten, wenn sie sagten, sie hätten dies oder jenes geträumt. Johnny könnte wissen, was zu tun war. Vielleicht würden sie zusammen einen Ausweg aus dem Dilemma finden. Gerade als er überlegte, Johnny anzurufen, erhielt Brian einen Anruf von Neddy Nolan.
»Brian, es ist etwas Unglaubliches passiert. Du weißt doch, dass deine Mutter oft Probleme hat, sich daran zu erinnern, wer jemand ist.«
»Ja, und ob ich das weiß. Vor allem Judy und mich erkennt sie nicht mehr.«
»Tja, aber jetzt ist sie felsenfest davon überzeugt, dass du das Priesteramt aufgegeben hast und heiraten wirst. Sie sagt, sie hat einen Anruf bekommen und erfahren, dass im nächsten Monat in Dublin Hochzeit sein wird, und jetzt will sie unbedingt dorthin.«
»Allmächtiger.«
»Also, ich sage dir das nur, Brian, weil sie es bereits Father Tomasz erzählt hat, und der ist sofort an die Decke gegangen. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass die arme Mrs.Flynn Probleme hat, Realität und Einbildung auseinanderzuhalten, aber es ist mir nicht gelungen. Father Tomasz war den ganzen Vormittag hier und hat mich gelöchert, wer deine Mutter wohl angerufen hat. Immer wieder hat er gesagt, ›böse, böse Frau‹, und mir versichert, dass er damit nicht deine Mutter meint, deswegen habe ich jetzt nicht mehr gewusst, was ich machen soll …«
Brian Flynn konnte sich lebhaft vorstellen, wie verwirrt der arme Neddy war, der doch immer nur das Beste für alle wollte.
»Also habe ich Clare gefragt, und die hat gemeint, dass ich dich anrufen soll. Denn wenn du tatsächlich heiraten wirst, dann macht es dir bestimmt nichts aus, wenn wir es wissen, und wenn nicht, dann weißt du sicher, was zu tun ist.«
»Die Antwort auf alle deine Fragen lautet
nein
, Neddy. Nein, ich werde nicht heiraten, und nein, ich habe keine Ahnung, was wir tun sollen.«
»Tomasz?«
»Bist du das, Brian? Hast du es schon erfahren?«
»Hat sie tatsächlich angerufen und verlangt, mit meiner Mutter zu sprechen?«
»Ja, es muss so gewesen sein. Der Pfleger war am Telefon und hat es Mrs.Flynn gebracht. Brian, das kann so nicht weitergehen.«
»Ich weiß.«
»Bist du jetzt endlich bereit, zur Polizei zu gehen?«
»Ich bin bereit«, sagte Brian. Doch allein wollte er nicht gehen. Er brauchte unbedingt einen Verbündeten an seiner Seite. Und dabei war er doch der Priester, der über die nötige Glaubensstärke und Kraft verfügen sollte. Doch wo war seine Zuversicht, wenn er sie am meisten brauchte? Unvorstellbar, dass er einmal gedacht hatte, das Leben in Rossmore sei hart und kompliziert gewesen.
Brian nahm den nächsten Zug und fuhr zu seiner Mutter. Einmal Priester, immer Priester, versicherte er ihr, während er ihre Hand hielt. Die Dame am Telefon habe sich getäuscht. Es war doch eine Dame, oder?
»Ja, eine Dame namens Eileen. Sie hat gesagt, sie würde dich heiraten und dass du deine Papiere aus Rom schon bekommen hast, mir aber nichts sagen willst, weil ich mich ansonsten nur aufrege.«
»Und was hast du darauf geantwortet, Mutter?«
»Ich habe ihr gesagt, dass ich mich darüber freue, wenn du kein Priester mehr bist. Aber ich habe der Dame auch unmissverständlich klargemacht, dass du mit
mir
verlobt bist, dass du mir einen Ring geschenkt hast und dass sie sich ja nicht einbilden soll, dass
sie
dich heiraten wird.«
Resigniert musste Brian Flynn erkennen, dass seine Mutter in der einen Sekunde noch gewusst hatte, wer er war, um ihn gleich darauf für seinen Vater zu halten. In der Verfassung würde er ihr keine weiteren Details über das Telefongespräch mit Eileen entlocken können. Jetzt war sie nur noch gegen sie eingestellt. Eileen war der Feind, eine Bedrohung, die ihr den seit langem verstorbenen Vater wegnehmen könnte.
Entmutigt kehrte Brian nach Dublin zurück und fuhr zu sich nach Hause. Im
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