Wege des Herzens
Schlafzimmer brannte Licht. Als er die Tür öffnete, sah er, dass auf seinem Bett ein Strauß roter Rosen lag, daneben ein Umschlag. In dem Umschlag steckte ein Foto von Eileen, das sie unter den Fußballpostern liegend zeigte, die unbestreitbar in seinem Schlafzimmer an der Wand hingen. In ihrem Brief an ihn stand:
Danke, dass ich Teil Deines Lebens sein durfte, dass Du mich in Dein Herz und in Dein Bett gelassen hast. Ich habe mir immer mit großer Hoffnung und Freude unsere gemeinsame Zukunft vorgestellt. Vielleicht wird doch noch etwas daraus.
In immerwährender Liebe,
Eileen
Jetzt hatte er keine Zeit mehr, auf einen Verbündeten zu warten. Eilends verließ Brian Flynn seine Wohnung und machte sich auf den Weg zur nächsten Polizeistation. Es würde nicht leicht werden, aber er musste es hinter sich bringen. Und Brian täuschte sich nicht. Der Beamte hinter dem Schreibtisch war ein kleiner, drahtiger Mann mit wissenden Augen, dem offenbar nichts Menschliches fremd war. Priester, die vom rechten Pfad abwichen, seien heutzutage keine Seltenheit mehr, meinte er trocken. Oft sei das lediglich Ausdruck der Tatsache, dass eine Berufung ihr Ende gefunden und ein neuer Lebensabschnitt begonnen habe.
Brian musste schwer an sich halten, um nicht die Fassung zu verlieren, als er diesen Unsinn hörte.
»Aber auf welcher Seite stehen Sie, Sergeant, wenn diese Behauptungen jeglicher Grundlage entbehren? Diese Frau hat allen meinen Freunden, jedem Menschen in dem Gemeindezentrum, in dem ich arbeite, und jetzt sogar meiner Mutter, die in Rossmore lebt und unter partieller Demenz leidet, erzählt, dass sie und ich ein Paar sind, dass wir eine Affäre haben, dass wir bald heiraten werden. Aber
nicht ein Wort
davon ist wahr.«
Der Beamte warf einen Blick auf das Foto, das Eileen Edwards im Bett des Pfarrers zeigte. Er las die E-Mail, die Brian angeblich an diese Frau geschickt haben sollte, die Liste der Namen und Adressen: Father Tomasz, James O’Connor und Johnny Pearse.
Sein Blick sprach Bände und ließ vermuten, dass trotz der Anzeige nichts geschehen würde. Und er sollte ausdrücken, dass vor ihm ein Priester stand, der sich auf eine verbotene Affäre eingelassen hatte und jetzt nichts mehr davon wissen wollte. Brian Flynn spürte, wie ihm völlig grundlos die Tränen in die Augen stiegen. Er hatte schon lange nicht mehr geweint. Aber jetzt schien ihm alles über den Kopf zu wachsen. Womöglich hatte er diese Frau tatsächlich ermutigt. Eine Träne tropfte auf den Schreibtisch des Sergeant.
Doch sogar ein hartgesottener Polizeibeamter wie er war nicht ganz gefühllos.
»Sie sollten jetzt vielleicht besser nach Hause gehen und noch einmal darüber nachdenken. Lässt Ihnen die Sache dann immer noch keine Ruhe, dann sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden und der fraglichen jungen Dame einen Brief schreiben lassen …«
Brian sammelte seine Unterlagen ein und schob sie in die Einkaufstasche aus Leinen mit dem Aufdruck »Rettet die Erde«. Er tat alles, was in seiner Macht stand, um dieses Ziel zu erreichen, aber leider kam nichts Gutes dabei heraus, dachte Brian.
»Ania, kommst du heute Abend mit auf ein Bier ins Corrigans?«, fragte Johnny, als Ania mit den Formularen in den Physiotherapieraum kam, die von den Patienten nach jedem Training ausgefüllt werden mussten.
»Nicht, wenn ich mit Father Brian reden soll«, erwiderte sie.
»Wieso, Ania? Für einen Pfaffen ist er wirklich ein netter Kerl, eigentlich generell, muss ich sagen.«
»Ein Pfaffe?«, fragte Ania verwirrt.
»Vergiss es. Das ist ein wenig charmanter Ausdruck für einen Priester.«
»Aha, gut. Also Pfaffe heißt das, ja?«
»Nein, das ist nicht wichtig, wichtig ist, dass du weißt, dass er ein netter Kerl ist.«
»Er ist kein netter Kerl, Johnny. Ich dachte, er ist es, aber er ist es nicht.«
»Wie kommst du denn auf diese Idee? Hat jemand etwas gegen ihn gesagt?«
»Nein, aber ich habe seine Freundin in seinem Bett liegen sehen – frech wie Oswald.«
»Oskar«, verbesserte Johnny sie.
»Was?«
»Es heißt ›Oskar‹, nicht ›Oswald‹. Hat sie mit dir geredet?«
»Natürlich hat sie mit mir geredet.«
»Und war das vielleicht Eileen Edwards, unser Goldlöckchen?«
»Du weißt genau, dass sie es war. Ihr beschützt ihn doch alle nur. Du bist genauso schlimm wie er.«
»Aber das sind alles Lügen, Ania, nicht ein Wort davon ist wahr.«
»Nicht das, was ich gesehen habe. Das war keine Lüge. Sie lag in seinem Bett,
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