Wege des Herzens
nicht gut fühle bei der Vorstellung, diese arme Frau, die schließlich eine Patientin der Tagesklinik sei, in der sie arbeitete, als Köder zu benützen, um Eileen eine Falle zu stellen.
»Das würde ihr das traurige alte Herz brechen«, schloss sie.
Keiner sagte ein Wort. Nur Brian Flynn schien sie zu verstehen und wie sie Mitgefühl zu empfinden.
Eine ganze Woche lang passierte nichts. Father Tomasz kam aus Rossmore, und man informierte ihn über den neuesten Stand der Ermittlungen. Er käme sich vor wie in einem schlechten Roman, von dem niemand wisse, wie er endete, sagte er. Eileen ging wie immer im Club aus und ein, aber nicht mehr so häufig wie früher. Bis auf ein paar geheimnisvolle Bemerkungen, dass alle noch rechtzeitig genug Bescheid bekämen und dass sich in Kürze alle selbst überzeugen könnten, ließ sie Father Flynn in Ruhe.
Und dann passierte es, dass Kathleen Edwards bei ihrem zweiten Besuch in der Tagesklinik beim Hinausgehen nicht darauf achtete, wohin sie trat, und über einen losen Pflasterstein stolperte. Zum Glück verletzte sie sich nicht ernsthaft. In der Notaufnahme bekam sie etwas gegen den Schock und ein Pflaster auf die Schürfwunde an der Stirn, aber was sollte danach mit ihr geschehen? Also rief man in der Tagesklinik an, um sich den Namen ihres nächsten Angehörigen geben zu lassen. Johnny war da, als der Anruf einging.
»Ich könnte sie nach Hause bringen. Ich habe ohnehin in der Nähe der Mountainview Road zu tun«, schlug er vor.
»Woher wissen Sie denn, wo sie wohnt?«, fragte Clara, die Kathleen Edwards’ Unterlagen in der Hand hielt.
»Ach, ich glaube, Ania hat das mal erwähnt. Ania macht übrigens gerade Mittagspause, sie könnte mich ja begleiten.«
Normalerweise fiel es Clara nicht im Traum ein, Frank Ennis und den Krankenhausbürokraten, wie sie sie nannte, das Leben zu erleichtern, aber der Vorschlag schien ihr vernünftig. »Und Sie geben auch der Tochter Bescheid, ja?«, vergewisserte sie sich.
»Selbstverständlich, wir rufen sofort in der Werbeagentur an«, versprach Johnny.
Die Adresse in der Mountainview Road Nummer 34 entpuppte sich als verwahrlostes und heruntergekommenes Haus. Zwei Fensterscheiben waren zerbrochen und notdürftig mit Speerholz repariert.
Ania ging sofort in die Wohnküche, um eine Tasse Tee zu machen, während Johnny sich im Haus umsah. »Sie sollten sich hinlegen, Mrs.Edwards. Sie haben einen Schock«, sagte er.
»Na ja, ich kann mich ja hier aufs Sofa legen«, meinte sie.
»Nein, nein, wir sollten Sie besser in ein Bett schaffen.«
»Er könnte aber jeden Moment heimkommen. Er mag es nicht, wenn ich tagsüber in unserem Bett liege.«
»Gibt es vielleicht noch ein anderes Schlafzimmer?«, fragte Johnny.
»Nur das von Eileen, aber da gehen wir nie hinein. Die Tür ist abgesperrt.«
Ihr Blick fiel auf eine Tür draußen am Gang.
»Aha.« Johnny warf sich mit der Schulter dagegen, und die Tür gab splitternd nach. »Jetzt ist sie offen«, stellte er fest.
Alle steckten den Kopf in das Zimmer, das von zwei Kleiderständern voller Jacken, Mäntel und Kleider, manche davon noch in Plastikhüllen, fast ausgefüllt war. In dem Alkoven neben dem Fenster reihten sich Handtaschen und Schuhe aneinander, und die Regale, die eine ganze Wand einnahmen, waren voller Pullover, Blusen und Jeans. Kathleen Edwards fasste sich erschrocken an den Hals.
»Sie haben ihre Tür eingetreten«, stieß sie keuchend hervor.
»Es war ein Notfall«, erwiderte Johnny, »sie wird schon nichts dagegen haben. Wir werden sie sofort anrufen und ihr alles erzählen.«
Eileen meldete sich beim ersten Klingeln.
»Ihre Mutter hatte einen Unfall. Es geht ihr so weit gut, und wir haben sie nach Hause gebracht, aber sie braucht jemanden, der sich um sie kümmert.«
»Wenn es ihr gutgeht und Sie bei ihr sind, dann braucht sie ja niemanden mehr.«
»Ich würde dir raten, auf der Stelle nach Hause zu kommen, du Früchtchen«,
sagte Johnny langsam.
»Wer sind Sie? Worum geht es hier eigentlich?«
»Es geht um dich, Eileen. Ich stehe in deinem Zimmer. Jetzt komm sofort nach Hause.«
»Das gibt es doch nicht!«,
kreischte Eileen.
»Soll ich dir beschreiben, was ich an den Kleiderständern sehe? Von links nach rechts?«
»Sind Sie von der Polizei?« Eileens Stimme zitterte.
»Ich bin einen Schritt, einen Anruf von der Polizei entfernt. Sagen wir mal, noch zehn Minuten, dann kommen die Bullen.«
»In der Zeit schaffe ich es nicht bis nach Hause, die
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