Wehe Dem, Der Boeses Tut
Täter bist, aber du bist schließlich erst siebzehn und –«
»Welchen Grund sollte ich haben, London zu entführen?«
»Geld«, erwiderte Trisha. Zach fuhr auf und seine Augen wurden schmal.
»Würde ich dann nicht Lösegeld verlangen?«
»Es ist ja noch nicht so lange her.«
»Und wie sollte ich das anstellen? Wie sollte ich Ginny und London in meine Gewalt bringen und sie Gott weiß wo verstecken, während ich mich gleichzeitig zusammenschlagen lasse, um mir ein Alibi zu verschaffen? Das ist doch Unsinn, Trisha, und im Grunde ist das auch allen klar. Sie zeigen nur mit dem Finger auf mich, weil ich in der betreffenden Nacht außer Haus war und weil sie einen Sündenbock brauchen.«
»Erzähl das Jack Logan.«
»Logan ist ein Esel. Ach, verdammt, wen interessiert das alles überhaupt?« Zach stapfte nach draußen und band die Zügel los. Cyclone tänzelte und warf den Kopf herum, als Zach ihn in den Stall führte. In stummer Wut füllte Zach einen Eimer mit Wasser und ließ den Hengst trinken, dann begann er ihn abzureiben. »Wirklich, Trisha, das ist völliger Unsinn«, sagte er schließlich.
Trisha klopfte einen Hafersack aus, bevor sie sich behutsam darauf niederließ. Sie stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte das Kinn in eine Hand. Mit schmalen Augen blickte sie aus dem staubigen Fenster und nagte an ihrer Unterlippe. »Okay, vielleicht ist es wirklich nicht recht, dass du als Hauptverdächtiger giltst.«
»Danke.«
»Was meinst du eigentlich, wer sie verschleppt hat?«
»Ich will überhaupt nicht darüber nachdenken.« Das war die reine Wahrheit.
»Jemand muss es doch getan haben.«
»Gut, dann eben Ginny.«
»Ja, aber in wessen Auftrag?«
»Weiß nicht. Zum Teufel, nun lass es doch endlich gut sein.«
Trisha zog einen Strohhalm aus der Futterkrippe. »Ein Wort von mir und du wärst geliefert.«
»Wie meinst du das?« Zach striegelte mit energischen Strichen die Mähne des Pferds.
»Ich könnte sagen, ich wüsste von Mario, dass du in die Entführung verwickelt bist.«
Zach stutzte. Worauf wollte sie hinaus? »Das wäre gelogen.«
»Aber alle würden es glauben. Weißt du, es sind immer noch gewisse Gerüchte über dich im Umlauf.«
»Hör auf, Trisha.« Er kannte den Klatsch und wollte nicht daran erinnert werden, dass seine Mutter zur Zeit seiner Zeugung eine Affäre mit Polidori hatte. Mit zusammengebissenen Zähnen striegelte er weiter das Pferd, ohne auf Trishas Drohungen einzugehen. Himmel, was wollte sie von ihm?
»Ich halte es hier einfach nicht aus, Zach. Das hier ist … das Ende der Welt. Ich will zurück nach Portland.«
»Du bist doch gerade erst angekommen.«
»Egal.«
»Du möchtest bei Mario sein.«
»Und wenn?«
Zachs Blick brachte deutlich zum Ausdruck, dass er sie für töricht hielt. »Komm endlich zur Vernunft, Trisha. Du und Polidori – daraus wird doch nichts. Dad würde es niemals zulassen.«
»Spar dir deine weisen Ratschläge.«
»Schön.« Er öffnete die Tür an der Rückfront des Stalls und ließ den Fuchs nach draußen. Cyclone schnaubte, bäumte sich auf und stürmte hinaus in die Freiheit. Nachdem er eine Weile lang gebockt und ausgekeilt hatte, legte er sich hin, um sich zu wälzen. Staubwolken wirbelten auf und der Fuchs grunzte vor Behagen. Zach beobachtete die Szene.
Nach einiger Zeit brach Trisha das Schweigen. »Du willst mir also nicht helfen?«
Zach schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall.«
Sie zog eine fein geschwungene Augenbraue hoch und ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Das wird dir noch leidtun.«
»Erzähl mir was Neues.« Gereizt wandte Zach sich ab und ließ seine Schwester stehen. Er wünschte sich, die Familie möge ihn endlich in Ruhe lassen.
Stunden später fand Kat ihn. Die Sonne war inzwischen untergegangen und Jason war mit Trisha und Nelson in die Stadt gefahren. Zach, der seiner Familie so weit wie möglich aus dem Weg ging, hatte zwei Bier aus dem Kühlschrank stibizt und war aufs Dach des an die Stallungen angebauten Werkzeugschuppens gestiegen. Immer wieder blitzten Sternschnuppen am dunklen Himmel auf, und Zach saß allein da, mit dem Rücken gegen die raue Außenmauer des oberen Stallgeschosses gelehnt, die Beine auf dem abschüssigen Schindeldach ausgestreckt. Aus dem Stall drangen gedämpft die Geräusche der Pferde, Schnauben, das Rascheln von Stroh, ein gelegentliches Wiehern.
Die schmale Mondsichel schien hell genug, dass Zach die Baumgruppen rings um das weitläufige
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