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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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Briefbeschwerer in der Hand zusammengesunken auf seinem Stuhl saß. »Darf ich mal an deinen Computer?«
    Morton stand müde auf. »Klar, nur zu.«
    Lee setzte sich. Butts ging zum Schreibtisch und kaute dabei weiter Lakritze.
    »Was wollen Sie denn nachsehen?«
    »Todesfälle durch Ertrinken, die ungefähr zwanzig Jahre zurückliegen und im Drei-Staaten-Eck von New York, New Jersey und Pennsylvania passiert sind.«
    »Warum das?«
    »Sein Kindheitstrauma … das Wasser … könnte durchaus mit Ertrinken zu tun haben.«
    Butts biss wieder ab. »Ganz schön weit hergeholt.«
    »Ich weiß. Und wir haben auch nur eine Chance, wenn der Todesfall überhaupt angezeigt wurde.«
    »Wieso sollte der Fall nicht angezeigt worden sein?«
    »Falls seine Mutter von jemandem ertränkt wurde, der ihr nahestand, könnte es sein, dass der die Sache vertuscht hat.«
    »Du meinst, falls ihr Mann sie umgebracht hat«, sagte Chuck und setzte sich auf die Tischkante.
    »Ganz genau«, bestätigte Lee. »Vielleicht hat er sie umgebracht und dann behauptet, sie wäre mit einem anderen Mann abgehauen. Etwas in der Art.«
    »Aber auch wenn der Sohn den Mord mit ansehen musste, und sein Vater ihn dazu gebracht hat, den Mund zu halten, wusste der Junge ja trotzdem Bescheid«, gab Butts zu bedenken.
    »Das stimmt«, sagte Lee. »Ein Tod der Mutter ist an sich schon schlimm genug, aber wenn es wirklich ein Mord war und der Junge nicht darüber sprechen durfte, wird er ihn in seinem Kopf ständig wieder abgespult haben.«
    Chuck legte den Briefbeschwerer weg, stand auf und ging ans Fenster. Zum ersten Mal an diesem Tag wirkte er nicht mehr vollkommen erschöpft. »Dann schneidet er seinem Opfer die Augen heraus, weil …«
    »… weil er nicht will, dass es ihn ansieht«, beendete Lee den Satz.
    »Wie seine Mutter ihn damals angesehen hat«, sagte Butts.
    »Ja, das könnte es sein«, stimmte Lee zu, der auf der Tastatur herumtippte. Dann schaute er auf den Bildschirm und runzelte die Strin. »Die Suchbegriffe sind nicht konkret genug. Wir müssen die Zeitungen aus den Jahren durchkämmen.«
    »Wie wäre es mit den Vermisstenanzeigen?«, schlug Butts vor.
    »Gute Idee«, sagte Chuck. »Auch wenn ihr Tod vertuscht wurde, könnte man sie als vermisst gemeldet haben.«
    Lee tippte wieder und schüttelte dann den Kopf. »Immer noch zu viele Treffer, selbst wenn wir davon ausgehen, dass unser Täter hier irgendwo in der Gegend aufgewachsen ist. Aber es ist natürlich möglich, dass er erst später hergezogen ist.«
    »Herrgott«, sagte Butts. »Man muss schon ein ganz schön kranker Hund sein, wenn man seinem eigenen Kind so was antut.«
    »Nicht nur das«, sagte Lee. »Damit macht man sein Kind auch …«
    »Zu einem kranken Hund.«
    »Das Ganze erinnert mich irgendwie an Bridge«, stellte Butts fest und kaute nachdenklich Lakritz.
    »Inwiefern?«
    »Na ja, meine Frau spielt neuerdings Bridge.«
    »Ja, das haben Sie erwähnt«, sagte Chuck ungeduldig.
    »Wenn sie als Erstes eine Farbe ausspielt, zum Beispiel, gibt sie ihrem Partner damit einen Hinweis.«
    »Genau, sie sagt ihm damit, wie viele Punkte sie auf der Hand hat und will weitere Informationen von ihm«, sagte Lee.
    »Richtig, und ihr Partner antwortet ihr dann ebenfalls mit einem Hinweis durch die Karte, die er ausspielt – und sie muss den richtig interpretieren. Es hängt alles davon ab, ob sie mit jemandem zusammenspielt, der besonders risikofreudig ist oder nicht. Wenn er nun die Pik Zwei spielt, und er ist jemand, der das Risiko liebt, bedeutet das etwas anderes, als wenn er vorsichtig vorgeht.«
    »Und ob man das richtig einschätzt, kann Sieg oder Niederlage bedeuten«, fügte Lee hinzu. »Einen Stich zu verpassen, kann da reichen.«
    Chuck starrte ihn an. »Aha. Und?«
    »Dieser Typ gibt uns auch Hinweise – und wir müssen sie richtig interpretieren.«
    Lee schaute aus dem Fenster. Die Abendsonne tauchte die Stadt in warmes Licht. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Wenn es doch nur um so etwas Unwichtiges wie eine Partie Bridge gehen würde. Falls sie es weiterhin nicht schafften, die Hinweise des Täters richtig zu interpretieren, würde wieder jemand seinem Zorn zum Opfer fallen.

KAPITEL 46
    Caleb schaute sich im Café um. Es war sauber und hell, aber ein Hemingway hätte hier bestimmt keine fünf Minuten zugebracht. Die Einrichtung und Dekoration waren in Schwarz-Weiß gehalten. Alles war neu und glänzte wie die Haare der jungen Töchter der Superreichen, die sich hier

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