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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Sandwich auf den Tisch. All ihre Recherchen und die Internetsuche hatten nichts ergeben. Keine offensichtlich geschäftliche Verbindung zwischen Reed und Dänemark. Meine Güte, was habe ich bloß übersehen? Sie warf einen besorgten Blick auf ihren Schreibtisch, auf dem sich schon ein Dutzend zu bearbeitender Akten stapelte. Die Themen waren mit einem dicken schwarzen Filzstift daraufgeschrieben: »Biodiversität«, »Atomkraft«, »Gentechnisch veränderte Organismen«, »Wald«, »Ozeane« … Daneben warteten fünf DVD s darauf, gesichtet, und Hunderte von Briefen von Anhängern und Gegnern darauf, gelesen zu werden.
    Sie setzte sich auf ihren neuen Bürostuhl, blau und mit verstellbarer Lehne, und machte eine halbe Drehung. Um sie herum nichts als Glasscheiben, denen jede persönliche Note fehlte. Naturfotos würden Gelassenheit und Energie vermitteln, ein Porträt von Sacha den Mut, der ihr manchmal fehlte, und es würde sie immer daran erinnern, wofür sie kämpfte. Hinter ihr schimmerte der Kanal. Die Kajakfahrer, die unter ihrem Fenster vorbeikamen, scheuchten die Enten auf. Rachel verbrachte die folgenden fünf Minuten damit, die Tausende auf dem Wasser funkelnden Diamanten zu betrachten – bis das durchdringende Hupen eines Autos sie brutal aus ihrer Konzentration riss. Sie rieb sich die Augen und wandte sich zu ihrem Computer um. An die Arbeit. Anhand der Notizen, die das Team ins Logbuch geschrieben hatte, sollte sie ein Bordtagebuch verfassen. Und vor allem musste der für die Presse bestimmte Bericht über Reed fertig geschrieben werden.
    Rachel schaltete den Computer ein. Ihr Briefkasten quoll fast über. Nachdem sie rund ein Drittel der Nachrichten – Werbung oder Spams, die durch den Filter gerutscht waren – gelöscht hatte, überflog sie rasch die Nachrichten anderer nichtstaatlicher Organisationen und nahm sich dann etwas mehr Zeit für die persönlichen Mails. Verschiedene Freunde, denen sie antworten müsste, sobald sie Zeit hätte. Und Journalisten, die sich vergeblich per Telefon bemüht hatten, sie zu erreichen, und es nun auf diesem Weg versuchten. Sie nahm sich vor, Kontakt mit ihnen aufzunehmen, denn das war Peters Direktive: die Presse bedienen. Ganz so, als hätte er ihren Entschluss gehört, schickte von Lommel in genau diesem Augenblick eine SMS :
    Kann ich heute Nachmittag bei GG vorbeikommen? Samuel
    Ohne groß nachzudenken, antwortete Rachel:
    Okay . Gegen 15 Uhr.
    Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Posteingang zu und löschte alles, was nicht von Interesse war. Gerade wollte sie auch die vorletzte Mail in den Papierkorb verschieben, doch ehe sie die Maustaste klickte, hielt sie plötzlich inne.
    Der Betreff »Eiche und Schilfrohr« ließ sie zusammenzucken. Das war weder eine Werbung noch ein Spam. Rachel kniff die Augen zusammen, öffnete das Dokument, las es aufmerksam und erbleichte. Sofort griff sie zum Telefon und wählte Peters Nummer, doch sie erreichte nur seinen Anrufbeantworter . Sie versuchte es auf dem Handy und geriet auch hier an die Mailbox. Rachel erhob sich und lief auf den Gang, der sie vom Büro ihres Chefs trennte. Doch die Tür war geschlossen und der Glaskasten leer.

KAPITEL ELF
    Ohne ihr Sandwich angerührt zu haben, verließ Rachel gegen dreizehn Uhr das Rote Haus. Peter war verschwunden und hatte sein Handy ausgeschaltet, vermutlich hatte er einen wichtigen Termin oder war auf dem Weg ins Krankenhaus, um Karl zu besuchen. Also hatte sie ihm nicht den Inhalt der erhaltenen Mail mitteilen können. Sie wandte dem Kanal von Christianshavn den Rücken zu und steuerte das Zentrum des Viertels an, wobei sie sich ständig umsah, um sicherzugehen, dass ihr niemand folgte. Wegen der zahlreichen Baustellen war der Verkehr dicht. Jeden Sommer wurden in dem Viertel Sanierungsarbeiten vorgenommen, bei denen die Bürgersteige aufgerissen wurden. Die Luft war von Staub erfüllt, und auf den Straßen lagen Berge von Bauschutt, sodass das Autofahren hier zum Albtraum wurde. Stoßstange an Stoßstange warteten die Wagen an einer roten Ampel, während ein überfüllter gelber Bus in die andere Richtung fuhr. Die Fußgänger drängten sich zwischen den Fahrzeugen und den Schaufelbaggern hindurch, das Atmen war in der staubigen Hitze schwierig. Als sie an einem Presslufthammer vorbeikam, den ein schweißüberströmter Arbeiter betätigte, musste Rachel husten und hielt sich die Ohren zu.
    Im Moment hatte sie nur ein Ziel: die Erlöserkirche Frelsers Kirke.

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