Weiberabend: Roman (German Edition)
furchtbar wichtig, als sei der Unterschied zwischen 38, 40 oder 42 eine Sache auf Leben und Tod. Aber wie damals Glenda Kierans, bin ich heute froh, wenn ich meine Brüste in einen bequemen BH packen und in meinem Schrank eine Hose finden kann, die nicht irgendeinen unerklärlichen Fleck aufweist. Die vereinzelten grauen Haare auf meinem Kopf, die irgendwann während meiner zweiten Schwangerschaft plötzlich auftauchten, rotten sich allmählich zusammen. In letzter Zeit haben die Falten die Haut zwischen meinen Brüsten nicht mehr nur gepachtet, nein, mein Busen gehört jetzt ganz ihnen. Inzwischen verhülle ich mich am Strand mit diesen lächerlichen T-Shirts mit Lichtschutzfaktor 50 und Extra-Schutz gegen UV-Strahlung und schmiere mich obendrein komplett mit Sunblocker ein. Zu spät aus Schaden klug geworden, das gebe ich zu, aber was soll man sonst tun? Aufgeben? Sich von Kevin ein bisschen nachhelfen lassen? Ich nicht. Jedenfalls noch nicht.
Die meisten von uns zwitschern gern mit fröhlicher Stimme, unsere wunderbaren Kinder seien all die Entstellungen, Verstümmelungen, Wunden und körperlichen Entwürdigungen wert – dass absolut hinreißende Körperteile überdehnt werden und erschlaffen, dass makellos glatte Bäuche aufgeschlitzt werden, feste, zarte Knospen von Brustwarzen zur Größe kleiner Teller auseinandergehen, und dass diese Dehnungsstreifen für immer sind.
»Es ist eigentlich erstaunlich, dass unsere Männer uns überhaupt noch ficken wollen«, sagt Helen, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
»Ach, hör schon auf, Hel, das ist doch albern. Wir sind immer noch schön – nur auf andere Weise«, sage ich.
»Du meinst, eher wie ein Sumo-Ringer?«, fragt Dooly.
»Ich bin stolz auf meinen Körper«, sagt Ereka. »Ich weiß, er macht heutzutage nicht mehr viel her, aber er hat so viel gegeben, ohne dafür irgendeine Belohnung zu erwarten, er hat hart gearbeitet, viel weggesteckt, und er war so gütig und großzügig, mir zu erlauben, neues Leben auf diese Welt zu bringen.«
»Schön gesagt«, bemerkt Tam.
»Und ich glaube, dass Jake das zu schätzen weiß …«, fügt sie sehnsüchtig hinzu.
»Ich hätte gern meinen Körper zurück«, sage ich. »Ich will ein eigenes Selbst, zu dem ich zurückkehren kann, eines Tages, wenn meine Arbeit als Mutter vollendet ist. Damit ich Kajakfahren gehen kann. Oder Wandern, in Spanien. Oder zu Fuß durch die Toskana, zusammen mit anderen älteren Frauen und Witwen, wenn meine Kinder flügge geworden sind und Frank auf seiner Yacht um die Welt segelt. Ich habe immer noch Pläne, auch wenn Sexappeal vielleicht nicht dazugehört.«
Die Mädels lachen leise.
Wir alle teilen dasselbe Schicksal – die Mutterschaft hat uns zwar unserer Würde beraubt, unserer straffen, unvernarbten Bäuche und unserer hochmütigen Brüste, doch das Schicksal war nicht nur grausam zu uns. Es hat uns für unsere Jugend mit etwas anderem entschädigt: Akzeptanz. Ich weiß, das ist nicht sehr romantisch, aber es dämpft den Schmerz. Schön, wir haben vielleicht keine flachen Bäuche mehr, aber unsere starken Arme schaffen den nahtlosen Transport – vom Autokindersitz ins Bettchen –, ohne das Baby aufzuwecken. Die Brüste, die wir früher nur notdürftig mit Itsi-Bitsi-Teeny-Weeny-und-so-weiter-Bikinis bedeckten, ziehen vielleicht Männerblicke nicht mehr magisch an, aber sie haben dafür gesorgt, dass ein Baby zu weinen aufhört. Gut aussehende Männer jagen uns keine Angst mehr ein. Wir sind Mütter, Herrgott noch mal. Wir können mit dem allerletzten Feuchttuch einen Hintern pieksauber wischen, jegliche Spuren von Kotze von einem Kaschmirpulli entfernen und feststellen, ob ein Kind Fieber hat, indem wir nur seine Stirn mit dem Handrücken fühlen. Erlaubt euch bloß keine Dummheiten mit uns.
Hier, gemeinsam, werden die unaussprechlichen Geheimnisse des Mutterseins bloßgelegt. Dazu gehören die körperlichen Makel, die schrittweise immer schlimmer werden, wie Haare auf den großen Zehen, die die Kosmetikerin immer umsonst wegmacht, wenn sie einem die Beine enthaart, der Geruch unserer Binden, wenn wir unsere Tage haben, die Stellen, an denen uns die Haare ausgehen, die lauernden Wechseljahre, der unverkennbare Geruch des einen Tag alten Spermas unserer Männer, das aus uns herausrinnt, während wir Kinder irgendwo hinbringen und wieder abholen. Das sind Unschönheiten, die wir alle teilen, während wir möglichst so tun, als seien sie gar nicht da, und über die wir lachen
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