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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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können, bis wir weinen müssen.
    Vor drei Jahren, als Tam sich operieren ließ, um ihre durch die Geburt verursachte Inkontinenz beheben zu lassen – sie konnte weder niesen, noch lachen oder husten, ohne sich ins Höschen zu machen –, legten wir alle zusammen und kauften ihr einen gigantischen Strauß rosa Rosen mit einer Karte, auf der stand: »Wenn du nicht als gutes Beispiel dienen kannst, musst du als abschreckende Warnung herhalten.« Und wenn wir alle zusammen sind und genug getrunken haben, veranstalten wir einen kleinen Wettbewerb: Wer hat den größten Kaiserschnitt-Hängebauch? Wessen Brüste sind am schlaffsten? Wessen Krampfadern am hässlichsten? Welche Dehnungsstreifen am abstoßendsten? Es endet immer damit, dass irgendjemand noch schlaffere Brüste hat als du, dein Hängebauch aber dafür größer ist, oder jemand wirklich grauenhafte Dehnungsstreifen vorweisen kann, deine Krampfadern aber schlimmer aussehen. Es ist tröstlich, einander all dieses Grauen zu zeigen, und tröstlich ist auch die Tatsache, dass keiner von uns das Schicksal des körperlichen Verfalls erspart bleibt. Und sobald eine von uns dabei allzu deprimiert wird, öffnen wir noch eine Flasche Wein oder fahren die nächste Platte voll fabelhaftem Essen auf.
    Wir haben unter unseren Vorbildern gründlich ausgemistet. Vorbei sind die Zeiten, da wir uns eine Figur wie Bo Derek oder einen stahlharten Po wie Jane Fonda wünschten. Jetzt wissen wir, dass Frauen, die auf natürliche Weise altern, nicht aussehen wie Cher. Unsere neuen Heldinnen sind Jamie Lee Curtis, die neulich für eine Serie ungeschönter Fotos posierte, oder Maya Angelou, die gern witzelt, ihre Brüste hätten eine Wette laufen, welche von ihnen als Erste die Knie erreicht.
    In dieser Batterie von Körpern im mittleren Alter, durchsetzt mit prämenstruellen, menstruellen oder postmenstruellen Hormonen, zählen wir insgesamt einundzwanzig Schwangerschaften (darunter vier Fehlgeburten), sieben Kaiserschnitte, zehn vaginale Geburten, und weiß Gott wie viele Tage des Bemutterns rund um die Uhr. Hunderte von Strafen, Auszeiten, Belohnungen und Versprechungen. Tausende von Küssen, Umarmungen und Beteuerungen: »Ich liebe dich bis zum Mond und wieder zurück.« Das ist eine beeindruckende Bilanz.
    Das linke Bein des Kleinen Hasen ist nun vollständig wieder angenäht. Ich seufze und stecke ihn mit einem Gefühl tiefer Befriedigung wieder in meine Tasche, denn ich bin unübertroffen im Reparieren schlaffer, knautschiger Dinge – solange sie nicht an mir festgewachsen sind.
    Helen steht auf. »Höchste Zeit, dass wir mal wieder was essen«, sagt sie. »Seid ihr Frauen, oder Feiglinge? Na los!«
    Ich blicke auf meinen Bauch hinab, eine grässliche Warnung, wie obszön es ist, alt zu werden, und verbiete mir innerlich strengstens, auch noch Nachtisch zu essen.
    Nein zu sagen ist manchmal die einzige Möglichkeit, uns zu zeigen, wie lieb wir uns haben – bis zum Kühlschrank und zurück.

15 Ein Buckel im Bikini
    A bgesehen von Doolys vorwitzigem Finger und der einsamen Beere, die Tam gegessen hat, bleibt Tams Dessert unberührt. Die geschmolzene Schokolade ist, wie eine verdorrte alte Jungfer, über das lange Warten hart geworden. Ich fürchte, Tam wird das persönlich nehmen. Eines sollte ich ihr mal sagen: Wenn du willst, dass die Leute deinem Essen trauen, dann musst du ihm erst mal selbst trauen. Unsere Angst überschattet selbst unsere besten Absichten. Nichts kann Aufrichtigkeit ersetzen. Tam hat so viel Angst vor ihrem eigenen Nachtisch, dass sie uns unbewusst vermittelt hat, die Finger davon zu lassen. Die gefrorenen Beeren tauen schon an und bluten auf den Teller. Jetzt taugen sie nur noch für einen Smoothie.
    Plötzlich habe ich dieses Kinderlied im Kopf über eine große, mutige Maus, die durchs Haus marschiert und verkündet, sie fürchte sich vor gar nichts … außer Katzen … Hunden … Mäusefallen … und so wird die Liste immer länger. Wie diese Maus, so fürchte auch ich mich vor gar nichts. Aber seit ich Mutter bin, ist meine Liste mit Ausnahmen ins Unermessliche gewachsen.
    Ich gestehe, dass ich noch nie besonders mutig war. Ich bin von Natur aus eher nervös – ich habe Angst vor großen Wellen, vor dem Fliegen, vor Jungs in schnellen Autos, Krebs, Achterbahnen, Betäubungsmitteln und so weiter. Außerdem habe ich schreckliche Angst davor, dick zu werden (verzeih mir, Ereka). Obwohl ich nach gewissen jugendlichen Maßstäben vermutlich schon dick

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