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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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anders. Sie bringen Gefühle von einer Intensität in mir hervor, von der ich gar nichts geahnt habe, bis die Kinder kamen und sie aus mir herauspressten.
    »Mutterschaft und Würde vertragen sich nicht gut miteinander«, sagt CJ. »Ich würde sogar sagen, sie stehen sich feindlich gegenüber. Wenn man sich für eine Seite entscheidet, befindet man sich mit der anderen im Krieg …«
    Die Mädels gackern.
    »Wäre es nicht allgemein praktischer – um nicht zu sagen, gnädiger –, wenn sie uns bei dieser ersten gynäkologischen Untersuchung raten würden, unseren Sexappeal, Geschlechtstrieb und alles, was ›straff‹, ›fest‹, oder ›makellos‹ ist, gleich vorn am Empfang abzugeben?«, fragt Dooly.
    »Ihr gebt alle zu schnell auf«, sagt Liz. »Kriegsparteien kann man immer irgendwie zu Verhandlungen bewegen. Dazu wurden Lilys erfunden.«
    »Sogar du musst während der Schwangerschaft ein paar Tiefpunkte erlebt haben«, sage ich. »Das Schwangersein hast du ja wohl nicht delegiert. Oder gibt es da etwas, was du uns noch nicht erzählt hast, Liz?«
    »Ha!«, schnaubt sie. »Wenn ich die Sache richtig durchdacht hätte, hätte ich das vielleicht getan … Und nein, ich fand es nicht besonders witzig, dass mir Milch aus den Brüsten lief, als ich gerade eine Besprechung geleitet habe.«
    »Ich mochte besonders diesen Ausfluss, der wie weich gekochtes Eiweiß aussieht«, sagt CJ.
    »Hämorrhoiden«, wirft Fiona ein.
    »Mir sind die Haare büschelweise ausgefallen. Ach, und mein Dammschnitt war ziemlich heftig«, sagt Dooly.
    »Meint ihr, wir hätten das durchgezogen, wenn wir gewusst hätten, was das unseren Körpern wirklich abverlangt?«, frage ich.
    »Es ist aber doch auch magisch und ein Wunder«, wendet Ereka ein.
    »Gelegentlich«, fügt Dooly hinzu.
    »Ist doch klar, dass einem niemand die Wahrheit sagt, oder?«, bemerkt CJ. »Unsere Mütter wollten alle Enkel haben, da werden sie den Teufel tun und uns raten ›Mach das bloß nicht‹. Die Ärzte würden Bankrott gehen, wenn wir alle die Fortpflanzung einstellen würden, und die Regierung will, dass wir zukünftige Generationen von Einwohnern produzieren. Das ist eine Verschwörung, dieses Schweigen. Eine Falle, und wir tappen hinein.«
    Während CJ spricht, erinnere ich mich daran, wie ich im freudigen Rausch der frühen Schwangerschaft verzweifelt versuchte, mir nichts draus zu machen, dass sich mein Körper langsam in ein aufgeblähtes, von blauen Adern überzogenes Behältnis für das neue Leben verwandelte, das in mir Wurzeln schlug. Ich mahnte mich bewusst (jedes Mal, wenn ich in den Spiegel sah), dem Anpassungsdruck einer magersüchtigen Gesellschaft zu widerstehen, die Frauen diktiert, dass sie schlanke, straffe Körper haben sollten. Ich kramte Andrea Dworkin wieder hervor. Aber ich kam nicht aus – ich war dick und fühlte mich deshalb elend. Zum ersten Mal in meinem Leben warfen Männer mir mitleidige Blicke zu, tätschelten mir den Kopf und baten mir ihre Sitzplätze an. Bald gierte ich nach einem lüsternen Blick oder einer chauvinistischen Bemerkung wie »Na, Süße?«.
    Während sich die Wochen zu Monaten dehnten, fühlte sich mein Körper immer mehr an wie eine Campingtoilette, die ich mit mir herumschleppte. Frank beobachtete in ängstlicher Faszination, wie ich Kissen um mich herum stopfte und stapelte, in dem verzweifelten Versuch, es nachts halbwegs bequem zu haben; es erschreckte ihn, dass er für dieses gigantische Kissen-Monster verantwortlich war, in das sich seine Frau verwandelt hatte.
    Ich brachte Frank das Mantra bei, das er mir vorsagen sollte, falls ich während der Geburt um Schmerzmittel zu betteln beginnen sollte: »Nimm den Schmerz an, nimm den Schmerz an.« Er lernte es brav, mit einem Blick, der seine Besorgnis um meine geistige Gesundheit kaum verbergen konnte. »Gott sei Dank, dass ich keine Frau bin«, sagte er mehr als einmal. Zumindest war das ein ehrliches Feedback, denn das sagte mir genau, welch missgestaltetes Ungeheuer ich geworden war.
    »Ich glaube, die Mastitis eine Woche nach Jamies Geburt war für mich einer der Tiefpunkte«, sage ich.
    »Ich hatte auch eine Mastitis«, sagt Tam, die mit einem Tablett gefrorener Beeren und einem Topf geschmolzener Schokolade aus der Küche kommt, Helen an ihrer Seite. »Es war grauenhaft.« Sie stellt das Tablett auf den Couchtisch.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, fragt Helen.
    »Nur jemand, der noch nie eine Entzündung der Milchdrüsen erlebt hat, weil das Baby nicht

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