Weiberabend: Roman (German Edition)
Blätter schamlos in alle Richtungen aus. Über den ganzen Salat verteilen sich wie vom Winde verwehte Blüten makellose Ringe violetter Bermudazwiebeln, frisch gehobelter Parmesan und geröstete Pinienkerne. Außerdem habe ich – in einer Anwandlung dekorativer Extravaganz – ein paar gelbe, orangefarbene und rote Kapuzinerkresse-Blüten aus meinem Garten darüber verstreut. Das Dressing schließlich ist selbst gemacht (vergiss jegliche balsamischen Bemühungen, die man für dreifünfzig fertig in der Flasche kaufen kann). Das Rezept meiner Salatsauce ist ein Geheimnis. Helen hat mehr als einmal versucht, es mir abzupressen, aber ich mache ihr lieber ein Fläschchen davon mit, ohne allzu viel darüber zu verraten, und ich habe ihr versprochen, ihr das Rezept in meinem Testament zu vermachen. Nur so viel sei gesagt: Es besteht aus dreizehn Zutaten, darunter reduzierter Balsamico-Essig. Beim Kochen verringert die »Reduktion« ein wenig das Volumen, bereichert aber die Substanz. Meine Salatsauce wird also mit einem kräftigen Schuss dicken, köstlichen Balsamico-Sirups zubereitet.
»Himmel, so viel Essen«, sagt Liz von ihrem Platz aus und reckt den Hals, um den Tisch zu sehen, an den ich noch letzte Hand lege, während ich darauf warte, dass die Lasagne im Herd heiß wird.
»Was kümmert es dich?«, erwidere ich. »Wir können uns glücklich schätzen, wenn du noch vor Mitternacht an einem Salatblatt knabberst.«
»Ich finde es einfach übertrieben«, gibt sie zurück.
»Das ist ja der Sinn der Sache«, sage ich und lege Servietten in dunklem Türkis und Bernsteingelb neben das aufgefächerte Besteck.
»Hat jemand Kopfschmerztabletten dabei?«, fragt CJ und rappelt sich auf dem Sofa hoch. »Ich habe bestialisches Kopfweh.«
»Meine Eltern haben sicher welche im Medizinschränkchen«, sagt Helen und will aufstehen.
»Lass nur, irgendwo in meiner Handtasche sind ein paar«, sagt Dooly und wühlt in den Tiefen ihrer riesigen Mary-Poppins-Schultertasche herum – aus der sie einmal ein komplettes Werkzeugset zum Vorschein brachte, als wir zusammen im Park waren und ich scherzhaft fragte, ob jemand einen Schraubenzieher hätte, damit ich Aarons Stützräder festziehen könne. Sie wirft sich die Enden des orangeroten Schals über die Schultern. Er ist jämmerlich schlecht gestrickt, mit großen Löchern und krummen Enden. Das kann unmöglich ein modisches Accessoire sein. Ich weiß nicht, warum sie ihn nicht zu den Mänteln im Flur gehängt hat, als sie angekommen ist.
»Wunderbar«, sagt CJ. »Ich nehme an, es hat niemand eine Zigarette für mich?«
»Nein, aber ich habe einen Tampon, damit kannst du es ja mal probieren«, sagt Dooly und reicht ihr die Tabletten.
»Nein, danke, gepresste Watte ist kein Ersatz für das gute alte Nikotin …«, entgegnet CJ.
»Ich habe auch noch ein paar Klatschzeitschriften dabei, mit denen ich schon fertig bin«, sagt Dooly und zieht sechs eselohrige Magazine aus der Tasche, die aussehen, als hätten sie die letzten Monate in Doolys Badezimmer verbracht. Sie sind voll trivialer Unterhaltung, mit glamourösen Promis auf den Titelseiten, ein wahres Klatschfestival über die Trennung von Brad und Jen, Angelinas jüngste Adoption, Russells neuesten Wutausbruch und Paris’ schärfstes Paar Sandalen. Dooly wirft sie zwischen den Sofas auf den Boden. Die Garderobe der Stars: Wer hat 4000 Paar Schuhe?, lese ich auf der obersten Titelseite, und obwohl ich mich selbst dafür verachte, ist meine Neugier geweckt. Ich würde sie zwar nie selbst kaufen, nehme gebrauchte Zeitschriften aber gerne an, wie ein Gesellschaftsraucher, der seine Zigaretten immer nur von anderen schnorrt. Niemand sonst stürzt sich darauf. Nur Dooly und ich stehen dazu, dass wir uns gelegentlich im Promi-Klatsch suhlen.
»Wenn du erst etwas gegessen hast, geht es dir sicher besser«, tröstet Fiona CJ.
»Und da wirst du reichlich Auswahl haben«, bemerkt Liz und befingert ihre Perlenkette.
»Ich persönlich finde, dass nicht genug zu essen da ist«, sagt Helen und zwinkert mir dabei zu.
»Ich meine, wie viel kann ein Mensch schon essen, bevor es unangenehm wird?«, fährt Liz fort und nippt an ihrem Wein.
»Satt zu sein, ist noch lange kein Grund, mit dem Essen aufzuhören«, sage ich und gieße ein Päckchen feine Cracker um den Räucherlachs-Dip herum.
»Wirst du deine Tochter auch nach diesem Grundsatz erziehen?«, fragt Liz, und ihre strahlend blauen Augen blinzeln in meine Richtung. Mit dieser
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