Weiberabend: Roman (German Edition)
schlucke. Ich glaube, das war mir auch bewusst. Ich hatte Jamie an ihrer verletzlichsten Stelle gepackt, ein Bestechungskätzchen obendraufgelegt und sie so manipuliert, dass sie genau das tat, was ich wollte. Plötzlich ist mir ein bisschen übel, denn eine Erinnerung steht mir vor Augen, verstopft meinen Verstand – die Erinnerung daran, wie Jamie mit ihrem Kätzchen auf dem Schoß in der Küche in einer Ecke sitzt. Beherrsche ich die Kunst der Selbsttäuschung denn schon so gut, dass ich mir tatsächlich eingeredet habe, ein schwarzes Fellknäuel im Wert von 150 Dollar (vollständig geimpft, aber nicht stubenrein, wie sich herausstellen sollte), würde eine Sechsjährige dagegen wappnen, auf dem Spielplatz grausam ausgeschlossen zu werden und das einzige Mädchen in der Klasse zu sein, das nicht zu Clementines Geburtstagsparty eingeladen wird? Böse Mutter. Böse, böse Rabenmutter.
»Ich bin eine schlechte Mutter«, sage ich in der Hoffnung auf Widerspruch.
»Nein, bist du nicht«, sagt Helen entgegenkommenderweise; sie will mir einen Klaps auf den Kopf geben, erwischt aber stattdessen Fionas Handgelenk. »Du hattest keine andere Wahl – die meisten Mütter hätten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihrem Kind eine solche Entschädigung zu schenken. Sie hätten einfach gesagt: ›Du gehst jetzt auf eine andere Schule. Basta.‹«
»Vielleicht dachte ich, sie würde gar nicht merken, dass sie unglücklich ist, weil das neue Kätzchen sie davon ablenken würde. Vielleicht habe ich versucht, sie mit etwas zu kaufen, was sie lieb haben kann, damit sie da brav hingeht. Und wenn sie schon keine Freundinnen in der Schule hat, wartet wenigstens ihr Kätzchen zu Hause«, sage ich. Ich sortiere meine Gedanken für die Ausgabe und lege meine wirre Logik der öffentlichen Begutachtung vor.
»Manipulation ist eine Überlebensstrategie«, sagt CJ. »Lass nur.«
»Und dann hat eine Nachbarskatze ihr Kätzchen gebissen, und es gab eine tief sitzende, nässende, eitrige Wunde, und der Tierarzt hat gesagt, es würde 500 Dollar kosten, diesen Eiter zu drainieren, aber ich könnte das auch selbst versuchen. Also habe ich nachgerechnet: Es wäre billiger, ein neues Kätzchen zu kaufen, als dieses reparieren zu lassen.«
»Und was hast du gemacht?«, fragt Dooly, nimmt sich ein Schokokonfekt und knüllt die Verpackung zu einer kleinen Kugel zusammen, die sie auf den Couchtisch neben fünf weiteren deponiert. Die Schachtel Cadbury’s Favourites liegt in ihrem Schoß.
»Ich steckte wirklich in der Zwickmühle«, sage ich. »Sie hat dieses neue Kätzchen so sehr geliebt, und wir hatten sie gezwungen, die Schule zu wechseln. Also habe ich ein Paar Gummihandschuhe übergestreift und mich ins Reich des Eiters vorgewagt.«
»Ich habe dir ja angeboten, ihn für dich auszudrücken«, sagt Helen, beugt sich zu Dooly hinüber und wühlt in der Schachtel mit dem Schokokonfekt herum. Sie liebt einen dicken Pickel, einen Abszess oder eine schöne eitrige Wunde. Verrücktes Weib.
»Na ja, ich habe es dann doch selbst gemacht. Ich habe gewürgt und geröchelt, aber ich habe es geschafft, mich nicht zu übergeben und diesen Eiterklumpen herauszuholen – es schaudert mich jetzt noch, wenn ich daran denke, wie groß das Ding war. Die Wunde ist aber gut verheilt. Und jetzt sind alle glücklich und zufrieden.«
»Schon komisch, wie gnadenlos wir Haustieren gegenüber werden, wenn wir Kinder kriegen«, sagt CJ. »In der Überlebenshierarchie stehen sie auf einmal ganz unten auf der Dringlichkeitsliste.«
»Der finanzielle Druck hat mich erbarmungslos gemacht«, stimme ich ihr zu. »Wisst ihr, ich würde lieber eine Putzfrau bezahlen und einmal für eine Stunde ein sauberes Haus haben, als die Katze impfen zu lassen, wenn ich entscheiden müsste, wofür ich meine letzten sechzig Dollar ausgebe. Und ich würde definitiv lieber fünf Dollar für Sushi ausgeben als für ein Flohhalsband.« Ich höre Fiona hinter mir leise kichern.
»Wir wissen, dass du nicht unserer Meinung bist, Dooly«, sagt CJ. »Du bist ein viel netterer Mensch als wir.«
»Wohl kaum«, sagt Dooly bescheiden. Aber das ist sie. Ich meine, sie hat ihren Spitznamen von Dr. Doolittle, und obwohl sie noch nicht mit ihren Tieren sprechen kann, kann sie so gut wie alles andere. Sie hat dieses Pferdeflüsterer-Talent. Ihre Sorge um den Streichelzoo ihrer Söhne ist legendär. Sie haben Mäuse, zwei Katzen, einen Hund, der natürlich täglich ausgeführt werden muss, und einen
Weitere Kostenlose Bücher