Weiberabend: Roman (German Edition)
eine Fußmassage braucht, eine Tafel Schokolade, und zwar sofort, oder einfach seine Ruhe, ohne dass man es ihm sagen muss, und dem das auch noch wichtig ist?
So kam es, dass ich ihm mehrere Wochen später in den Weg trat, als er gerade mit dem Müll die Küche verlassen wollte, und offiziell und für alle Ewigkeit verkündete: »Ich liebe dich genug, um dich zu heiraten.«
Er ließ den Müll fallen und murmelte mit völlig untypischen Tränen in den Augen: »Ich hätte nie geglaubt, dass ich das mal von dir hören würde.« Nicht, dass er darauf gewartet hätte, versicherte er mir, damit ich ja nicht glaubte, er hätte sie nicht mehr alle.
Während der Gedanke daran, Frank zu heiraten, seine Runden in meinem Kopf drehte, freundete ich mich damit an, zunächst nur zögerlich, aber bald zog mich dieser Gedanke hin zu einem uralten Band, mit dem Menschen ihre Bindungen ritualisieren. Obwohl wir bereits durch gemeinsame Kinder aneinander gebunden waren, wäre eine Hochzeit eine persönliche Bekräftigung unserer bereits geprüften Liebe – die schon zahllose Windeln, schlaflose Nächte und die Verzweiflung junger Eltern überstanden hatte. Unsere Hochzeit war ein Tribut an unser Durchhaltevermögen, unsere Treue und die Tragfähigkeit unserer Partnerschaft, kein weiß gewandetes Wunschdenken, das blind nach der Zukunft tastet.
Ich bin ziemlich sicher, dass die vergebliche Bitte meiner Schwiegermutter – »Denk an die Kinder« –, die sie mir öfter ins Ohr flüsterte, als ich mit Jamie schwanger war, keinen Einfluss auf unsere Entscheidung hatte. »Was werden nur die Leute sagen?«, damit hat sie es auch versucht. Sie umklammerte meinen Arm mit der linken Hand, runzlig und sehnig, der Ehering praktisch am Finger festgewachsen, und flehte: »Es wäre so schön … wenn ich dich noch verheiratet sehen könnte … ehe ich sterbe …« Nach acht Jahren hatten unsere Eltern sich wohl mit unserer »wilden Ehe« abgefunden und irgendwie ihren Frieden damit geschlossen.
Aber insgeheim wollen eben alle Kinder ihre Eltern glücklich machen. Und unsere Eltern manipulieren uns mit Kätzchen* und ihrer eigenen Sterblichkeit, um zu bekommen, was sie wollen. Letzten Endes.
9 Anderer Leute Angelegenheiten
M ach die Tür zu, verdammt!«, herrscht CJ Ereka an, nicht unfreundlich, aber empörter, als ein kühler Luftzug gerechtfertigt erscheinen lässt. Ereka, die von ihrem zweiten Ausflug auf den Balkon zurück ist, hat beim Hereinkommen die Tür nicht fest geschlossen. Die kühle Nachtluft hat sich mit ihr hereingeschlichen. Alkohol stärkt bei CJ leider nicht die gewinnenden Charakterzüge, und es wird nicht mehr lange dauern, bis er ihre aufgestaute Bitterkeit freilegt und ihr die launenhafte Zunge richtig löst. Bei diesem Gedanken spüre ich leise Panik in mir aufkommen.
»Huch, Entschuldigung«, brummt Ereka und macht kehrt, um die Tür zu schließen. Sie hat diesen leicht dümmlichen, bekifften Gesichtsausdruck. Freiheit strahlt aus ihren Augen, entzückend und albern. Vielleicht sollte sie eher mal über Prozac nachdenken, überlege ich mir. Fionas Finger sind es immer noch nicht müde geworden, mir die Kopfhaut zu massieren, und ich wollte ihr eigentlich gerade sagen, dass sie jetzt aufhören kann – bestimmt reicht es ihr inzwischen.
»Worüber habt ihr gerade so gelacht?«, fragt Ereka.
»Über Lukes Wellensittich, der in der Hühnersuppe gelandet ist«, sagt Liz.
»Hast du nicht daran gedacht, ihn einschläfern zu lassen?«, fragt Ereka auf dem Weg zum Tisch Dooly. Mit neuer Begeisterung mustert sie die Reste, kramt unter den schmutzigen Tellern ihren hervor, ist sich nicht sicher, nimmt einfach irgendeinen und beginnt, ihn mit Essen zu beladen.
»Nein«, antwortet Dooly. »Ich meine, seine Lebensqualität ist nicht mehr besonders gut, aber ich glaube nicht, dass er leidet. Wir leiden unter ihm, aber er leidet wohl nicht …«
»Koch bloß keine Hühnersuppe mehr, wenn er seinen Freiflug genießt«, sagt Fiona zu Dooly, während ihre Finger meinen Schädel von allen Seiten bearbeiten. Berührung ist normalerweise etwas so Intimes, aber Fionas Berührung fühlt sich fast distanziert an. Als wäre sie nicht mit dem Herzen dabei. Vielleicht kann man nur so den ganzen Tag lang Menschen berühren, indem man körperlich da ist, aber im Geiste woanders. Prostituierte behaupten das jedenfalls.
»Ja, das war meine Schuld«, sagt Dooly niedergeschlagen. Sie löst den Schal von ihrer Hüfte und knüllt ihn in ihrem
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