Weiberabend: Roman (German Edition)
Wellensittich. Im Gegensatz zu mir kümmert sie sich rührend und penibel um das Wohlergehen der Haustiere ihrer Kinder, und ich bin sicher, dass sie über meine Vernachlässigung dieser Katze insgeheim entsetzt ist. Ich glaube nicht, dass sie sich in den vergangenen fünf Jahren so etwas wie ein neues Paar Schuhe oder neue Unterwäsche gegönnt hat. Und – könnte ich mir so etwas ausdenken? – sie säubert die Mäuse einmal wöchentlich mit Wattestäbchen.
Vor zwei Monaten durfte Lukes Wellensittich für seinen täglichen Rundflug durch die Küche aus dem Käfig, und er landete in dem großen Topf Hühnerbrühe, die Dooly gerade kochte. Umrühren, die Federn rauspicken und so tun, als sei nichts gewesen, sage ich da nur. Der Wellensittich ist weggeflogen, wir kaufen dir einen neuen. Nicht so Dooly. Sie ist mit dem Wellensittich zum Tierarzt gerast. Es hat sie 353 Dollar gekostet (dafür hätte sie etwa zwanzig neue Wellensittiche bekommen). Und sie musste den Vogel wochenlang mit antibiotischer Salbe einschmieren. Der Wellensittich ist seitdem nicht mehr derselbe. Er leidet wohl am posttraumatischen Hühnersuppen-Syndrom. Er ist zur Nervensäge geworden, veranstaltet einen furchtbaren Lärm und kreischt grundlos, sobald es draußen dämmert. Die arme Dooly. Anscheinend sammelt sie Geschöpfe, die an seelischen Störungen leiden und aufwendige Pflege brauchen. Sie hat kein Problem mit Schwäche und Krankheit und eine Geduld mit siechenden Kreaturen, die mir einfach abgeht. Ich bewache eifersüchtig meine Ressourcen an Zeit, Energie und Geld. Sie werden in dieser Reihenfolge verteilt: erst die Kinder, dann Frank, wenn er Glück hat, und dann ich.
»Wo wir gerade davon sprechen«, sagt Fiona, »wie geht es Lukes Wellensittich?«
»Er ist immer noch ziemlich daneben«, sagt Dooly. »Ich glaube, der wird nie wieder richtig gesund.«
Helen und ich tauschen einen Blick, und sie beginnt zu kichern.
»Ihr zwei seid abscheulich«, sagt Dooly. »Ihr habt keinerlei Mitleid mit diesem armen Wellensittich.«
Helen und ich versuchen, das Kichern zu unterdrücken, aber es gelingt uns nicht. Bald fallen Fiona und Liz mit ein, und es dauert nicht lange, da lachen wir alle dermaßen hysterisch, dass Tam sich zu Zeiten vor ihrer Operation in die Hose gemacht hätte.
»So abscheulich bin ich gar nicht«, sage ich. »Ich kann nur mit so viel Abhängigkeit nicht umgehen. Frank witzelt manchmal, wenn er einen Unfall hätte und danach querschnittsgelähmt wäre wie Christopher Reeve, würde ich ihn fallen lassen wie eine heiße Kartoffel und jemanden dafür bezahlen, dass der ihm den Hintern und die Spucke abwischt.«
»Und das völlig zu Recht«, sagt Liz.
Aber so herzlos bin ich nicht. Frank will mich damit nur aufziehen. Er und ich haben vor Jahren ausgemacht, dass wir zusammenbleiben werden, solange die guten Zeiten die schlechten überwiegen. Von Bettpfannen-Saubermachen war damals nicht die Rede. Keiner von uns könnte den Gedanken ertragen, dem Menschen, den wir einmal so geliebt haben, diese quälenden Verrichtungen oder die ewige Dankesschuld aufzuladen. Das gehört vermutlich auch zu dem Bündel von Gründen, weshalb wir so viele Jahre lang nicht geheiratet haben. Wir sind beide Anwälte und standen dem weit gefassten Versprechen, einander für immer und ewig zu lieben, mit einem gewissen skeptischen Argwohn gegenüber. Wir haben uns darauf geeinigt, unsere Beziehung immer einen Tag nach dem anderen zu führen.
Aber dann, vor einem Jahr, haben meine Freundinnen mich in die Mangel genommen.
»Du hast Panik davor, dich zu binden«, sagte Liz.
»Du bist ängstlich«, meldete Tam sich zu Wort.
»Du hoffst, dass dir noch was Besseres begegnet«, scherzte Helen.
»Robbie Williams vielleicht?«, schlug CJ vor.
»Ich glaube nicht an die Ehe«, habe ich früher immer gesagt. »Ich wüsste nicht, was ein Blatt Papier für einen Unterschied machen sollte.« Sie haben mir geschlossen versichert, dass es eben doch einen Unterschied gibt. Gott, Zeugen. Nicht so leicht zu beenden. Also ehrlich. Als ob acht gemeinsame Jahre, zwei Kinder und ein Umzug auf einen anderen Kontinent ohne dieses Stück Papier nichts zählen würden.
CJ, so vermute ich, bewunderte im Stillen meinen Widerstand gegen den Druck, endlich zu heiraten. Sie hat sich, mit weißem Hochzeitskleid und allem Brimborium, für fünf elende Jahre an DVS gebunden, und du solltest mal hören, was sie über die geschäftstüchtige Hochzeitsindustrie und die falschen
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