Weiberregiment
Kommandeur Mumm. Folge mir, Fräulein.«
Pol y fühlte Hunderte von Blicken auf sich ruhen, als der Hauptmann
sie und ihre Begleiter durch die innere Festung führte. Einige
bewundernde Pfiffe erklangen, denn in den inneren Bereichen gab es
weitere Soldaten, unter ihnen auch Trolle. Jade bückte sich, nahm einen
Stein, warf ihn nach einem Trollburschen und traf ihn zwischen den
Augen.
»Schon gut!«, rief Maladikt und winkte, als hundert Männer ihre
Waffen hoben. »Das war die Trollversion einer Kusshand!«
Und tatsächlich: Der vom Stein getroffene Troll winkte Jade ein
wenig wacklig zu.
»Wir sollten diese Neckereien besser lassen«, wandte sich Pol y an
Jade. »Die weichen Leute könnten solche Dinge falsch verstehen.«
»Aber die Pfiffe haben jetzt aufgehört«, bemerkte Maladikt.
Noch mehr Soldaten beobachteten sie, als sie eine Treppe nach der
anderen hinter sich brachten. Dieser Bereich der Festung ließ sich nicht
erobern, das sah Pol y ganz deutlich. Jede Treppe war von einer
weiteren Treppe weiter oben einzusehen; jeder Besucher wurde
beobachtet, bevor er irgendjemanden zu Gesicht bekam.
Eine Gestalt trat aus den Schatten, als sie die nächste Etage
erreichten. Es war eine junge Frau, die ein altmodisches Panzerhemd
und einen Brustharnisch trug. Sie hatte langes, blondes Haar, und zum
ersten Mal seit Wochen spürte Polly einen Anflug von Neid.
»Danke, Hauptmann, von hier an übernehme ich«, sagte sie und
nickte Pol y zu. »Guten Abend, Korporal Perks. Bitte folgt mir.«
»Sie ist eine Frau!«, flüsterte Maladikt. »Und Feldwebel!«
»Ja, ich weiß«, sagte Polly.
»Aber sie hat einem Hauptmann einen Befehl erteilt!«
»Vielleicht ist sie eine Politische…«
»Und sie ist ganz of ensichtlich weiblichen Geschlechts!«
»Ich bin nicht blind, Mal«, sagte Polly.
»Und ich bin nicht taub«, sagte die Frau, drehte sich um und lächelte.
»Mein Name lautet Angua. Bitte wartet hier, ich lasse euch Kaffee
bringen. Dort drin wird gerade heftig diskutiert.«
Sie befanden sich in einer Art Vorzimmer, kaum mehr als eine
breitere Stel e des Korridors mit einigen Sitzbänken. Hinter der großen
Doppeltür in der gegenüberliegenden Wand erklangen Stimmen. Angua
ging davon.
»Einfach so?«, fragte Maladikt. »Was hindert uns daran, diesen Ort
einzunehmen?«
»Al die Männer mit den Armbrüsten, an denen wir auf dem Weg
nach oben vorbeigekommen sind?«, fragte Pol y. Warum wir?, dachte
sie und sah mit leerem Gesicht zur Wand.
»Oh, ja. Die Soldaten. Äh… Polly?«
»Ja?«
»Eigentlich heiße ich Maladikta.« Sie setzte sich. »Na bitte! Ich habe es
jemandem gesagt!«
»Wie schön«, ließ sich Jade vernehmen.
»Oh, gut«, sagte Polly. Etwa um diese Zeit würde ich den Latrinen ihre
Nachmittagsspülung geben, dachte sie. Dies war besser, oder?
»Ich glaube, ich war ganz gut«, fuhr Maladikta fort. »Ich weiß, was du
denkst. Du denkst: Vampire sind gut dran, ob als Mann oder als Frau.
Stimmt’s? Aber es ist überal das Gleiche. Samtkleidung, Nachthemden
mit Drahtbügeln, permanentes verrücktes Verhalten, ganz zu schweigen
vom ›Baden in Jungfrauenblut‹. Als Mann wird man viel ernster
genommen.«
»Ja«, sagte Polly. Ein langer Tag liegt hinter uns. Ein Bad wäre nicht schlecht.
»Ich dachte, ich wäre gut zurechtgekommen, bis zu der Sache mit
dem Kaffee. Eine Halskette aus Kaffeebohnen, das ist die Lösung.
Beim nächsten Mal werde ich besser vorbereitet sein.«
»Ja«, sagte Pol y. »Gute Idee. Mit echter Seife.«
»Seife? Was hat Seife damit zu tun?«
»Was? Oh… entschuldige«, sagte Polly.
»Hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?«
»Oh, das. Ja. Danke, dass du es uns mitgeteilt hast.«
»Das ist alles ?«
»Ja«, bestätigte Pol y. »Du bist du. Das ist gut. Ich bin ich, wer auch
immer ich bin. Tol er ist Toller. Wir sind einfach nur… Leute. Weißt
du, vor einer Woche war es der Höhepunkt meines Tages, die neuen
Kritzeleien in der Männerlatrine zu lesen. Du stimmst mir sicher zu,
wenn ich sage, dass seitdem viel passiert ist. Das mit der Halskette aus
Kaffeebohnen klingt gut, nebenbei gesagt.« Sie klopfte ungeduldig mit
dem Fuß auf den Boden. »Derzeit wünsche ich mir nur, es ginge etwas
schneller.«
Sie saßen da und lauschten, und nach einer Weile bemerkte Pol y
Rauch, der hinter einer Bank auf der anderen Seite aufstieg. Sie ging
hinüber und sah über die Rückenlehne. Ein Mann lag dort, den Kopf
auf dem Arm,
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