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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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für mich zusammengenäht.«
    »Tja, so ist das eben im Leben«, erwiderte Jackrum. »Jeden Tag denkt man ›Bei den Göttern, wird Zeit, dass ich mir einen neuen Beutel besorge‹, aber dann hat man so viel zu tun, dass man weiter den alten benutzt. Danke, Perks.«
    »Oh, ich dachte ›Was kann ich dem Mann schenken, der alles hat?‹, und mehr konnte ich mir nicht leisten«, sagte Polly. »Aber du hast nicht alles, oder, Feldwebel? Du hast nicht alles.«
    Sie spürte, wie er erstarrte.
    »An dieser Stelle solltest du besser aufhören, Perks«, sagte er und senkte die Stimme.
    »Ich dachte mir, dass du vielleicht jemandem dein Medaillon zeigen möchtest«, fuhr Polly munter fort. »Das an deinem Hals. Und sieh mich nicht so an, Feldwebel. Ja, ich könnte fortgehen und nie sicher sein, nie wirklich sicher, und vielleicht würdest du es nie jemandem zeigen oder die Geschichte erzählen, und eines Tages sind wir beide tot und… welch eine Verschwendung, nicht wahr?«
    Jackrum starrte.
    »Du bist kein unehrlicher Mann, das kannst du beschwören«, sagte Polly. »Das betonst du jeden Tag.«
    Um sie herum in der Küche herrschte die rege Betriebsamkeit von Frauen. Womit auch immer Frauen beschäftigt waren, die Hände schienen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Damit hielten sie Babys, Pfannen, Teller, Wolle, eine Bürste oder eine Nadel. Die Hände arbeiteten selbst dann, wenn sie sprachen.
    »Niemand würde dir glauben«, sagte Jackrum schließlich.
    »Warum sollte ich jemandem davon erzählen?«, erwiderte Polly. »Und du hast Recht. Niemand würde mir glauben. Aber ich würde
dir
glauben.«
    Jackrum blickte in seinen frisch gefüllten Krug, als wollte er die Zukunft im Schaum erkennen. Schließlich traf er eine Entscheidung, holte die goldene Kette unter dem schmuddeligen Unterhemd hervor, löste das Medaillon und ließ es aufschnappen.
    »Hier«, sagte er und reichte es Polly. »Wenn du unbedingt Bescheid wissen willst…«
    Die beiden Innenseiten des Medaillons zeigten zwei Bilder: hier ein dunkelhaariges Mädchen, dort ein blonder junger Mann in der Uniform der Rein-und-Rausser.
    »Ein gutes Bild von dir«, sagte Polly.
    »Das kannst du deiner Großmutter erzählen.«
    »Nein, wirklich«, sagte Polly. »Wenn ich das Bild betrachte und dann dich ansehe… Ich erkenne dich in ihr wieder. Damals warst du natürlich blasser. Und nicht so… voll. Und wer war der junge Mann?«
    »William, so lautete sein Name«, sagte Jackrum.
    »Dein Liebster?«
    »Ja.«
    »Und du bist ihm ins Militär gefolgt…«
    »Ja. Die gleiche alte Geschichte. Ich war ein großes starkes Mädchen, und… Nun, du siehst es auf dem Bild. Der Künstler hat sich alle Mühe gegeben, aber ich war nie für ein Ölgemälde geeignet. Bin kaum ein Aquarell wert gewesen. Dort, woher ich stamme, suchen Männer Ehefrauen, die sich ein Schwein unter jeden Arm klemmen können. Und einige Tage später klemmte ich mir ein Schwein unter jeden Arm und half meinem Vater, und einer meiner Holzschuhe blieb im Schlamm stecken, und der Alte schrie mich an, und ich dachte: Zum Teufel hiermit, Willie hat mich nie angeschrien. Ich besorgte mir Männersachen, frag nicht wie, schnitt mir das Haar ab, küsste die Herzogin und war drei Monate später ein Auserwählter Mann.«
    »Was ist das?«
    »So nannten wir früher einen Korporal«, sagte Jackrum. »Ein Auserwählter Mann. Ja. Ich habe ebenfalls darüber gelächelt. Und so war ich auf dem Weg. Das Militär ist ein Kinderspiel im Vergleich damit, einen Bauernhof zu führen und sich um drei faule Brüder zu kümmern.«
    »Wie lange liegt das zurück, Feldwebel?«
    »Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nicht genau, wie alt ich bin, das schwöre ich, es ist die Wahrheit«, sagte Jackrum. »Ich habe so oft über mein Alter gelogen, dass ich es schließlich selbst glaubte.« Sie begann, den Kautabak ganz vorsichtig in dem neuen Beutel zu verstauen.
    »Und dein junger Mann?«, fragte Polly.
    »Oh, wir hatten eine großartige Zeit.« Jackrum verharrte kurz und blickte ins Leere. »Er wurde nie befördert, weil er stotterte, aber ich hatte eine gute Rufstimme, und das gefällt Offizieren. Es machte Willie nichts aus, selbst dann nicht, als ich Feldwebel wurde. Und dann fiel er bei Seppel. Starb an meiner Seite.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Es braucht dir nicht Leid zu tun, du hast ihn ja nicht getötet«, sagte Jackrum ruhig. »Ich trat über seine Leiche hinweg und spießte den Mann auf, der ihn umgebracht hatte. Es war nicht

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