Weiberregiment
hatte es wieder auf Reißer abgesehen.
»Der Strappi mir wirklich gehen auf die Felsspitzen«, brummte Karborund. »Du möchtest, dass ich ihm abreiße den Kopf? Ich es so machen könnte, dass es aussieht nach Unfall.«
»Nein, lieber nicht«, sagte Polly, obwohl sie sich einige Sekunden lang von dieser Vorstellung unterhalten ließ.
Sie erreichten eine Kreuzung, wo der Weg aus den Bergen auf die so genannte Hauptstraße traf. Reger Verkehr herrschte dort. Polly sah Wagen und Schubkarren, Menschen, die Kuhherden trieben, Großmütter mit ihrer ganzen Habe auf dem Rücken, allgemeine Aufregung aus Schweinen und Kindern… Und das Durcheinander war in eine Richtung unterwegs.
Es zog in die Richtung, aus der die Rekruten kamen. Menschen und Tiere strömten um die Gruppe herum, wie ein Fluss um einen störenden Felsen. Polly und die anderen drängten sich zusammen; andernfalls hätten Kühe sie voneinander getrennt.
Feldwebel Jackrum erhob sich auf dem Karren. »Soldat Karborund!«
»Ja, Feldwebel?«, polterte der Troll.
»Nach vorn!«
Das half. Die Menge teilte sich jetzt weiter vor der Truppe und wahrte einen größeren Abstand. Niemand möchte gegen einen sich langsam bewegenden Troll stoßen.
Aber die Leute starrten, als sie vorbeieilten. Eine Alte huschte näher, drückte Toller einen Laib altes Brot in die Hände und sagte: »Ihr armen Jungs!«
»Was hat das alles zu bedeuten, Feldwebel?«, fragte Maladikt. »Dies hier sieht nach Flüchtlingen aus!«
»Solches Gerede verbreitet Sorge und Verzagtheit!«, rief Korporal Strappi.
»Ach, sind das etwa Leute, die vorzeitig in Urlaub fahren, um dem Massenansturm zu entgehen?«, fragte Maladikt. »Entschuldige meine Verwirrung. Vermutlich liegt es daran, dass ich gerade eine Frau mit einem großen Heuballen auf dem Rücken gesehen habe.«
»Weißt du, was mit jemandem passieren kann, der zu seinem vorgesetzten Offizier frech ist?«, heulte Strappi.
»Nein! Ist es schlimmer als das, wovor diese Leute fliehen?«
»Du hast unterschrieben, Herr Blutsauger! Jetzt gehorchst du deinen Befehlen!«
»Ja! Aber ich erinnere mich nicht daran, dass mir jemand befohlen hat, mit dem Denken aufzuhören.«
»Das reicht!«, sagte Jackrum. »Ich will dahinten weniger Geschrei hören! Bewegung! Karborund, schieb die Leute beiseite, wenn sie keinen Platz machen, hast du gehört?«
Sie setzten den Weg fort. Nach einer Weile ließ das Durcheinander ein wenig nach, und aus dem reißenden Fluss wurde ein Bach. Gelegentlich sahen sie eine Familie oder nur eine dahineilende Frau, mit Beuteln beladen. Ein Alter mühte sich mit einer Schubkarre voller Rüben ab.
Sie nehmen sogar die Ernte mit,
bemerkte Polly. Und alle bewegten sich im Laufschritt, als wäre die Lage bei der Hauptgruppe der Flüchtlinge etwas besser. Oder wenn sie an der Rekrutengruppe vorbei waren.
Sie wichen einer Alten aus, die sich unter dem Gewicht eines schwarzweißen Schweins krümmte. Und dann lag vor ihnen nur noch die Straße, zerfurcht und schlammig. Nachmittäglicher Dunst stieg von den Feldern zu beiden Seiten auf, stumm und feuchtkalt. Nach den Geräuschen der Flüchtlinge wirkte die Stille des tiefen Lands bedrückend. Man hörte nur das Stapfen und Platschen der Rekrutenstiefel.
»Bitte um Erlaubnis zu sprechen, Feldwebel«, sagte Polly.
»Ja, Soldat?«, fragte Jackrum.
»Wie weit ist es bis nach Plotz?«
»Das brauchst du ihnen nicht zu sagen, Feldwebel!«, sagte Strappi.
»Etwa fünf Meilen«, antwortete Feldwebel Jackrum. »Im dortigen Depot bekommt ihr eure Uniformen und Waffen.«
»Das ist ein Militärgeheimnis, Feldwebel«, jammerte Strappi.
»Wir könnten die Augen schließen, damit wir nicht sehen, was wir tragen«, schlug Maladikt vor. »Was hältst du davon?«
»Schluss damit, Soldat Maladikt«, sagte Jackrum. »Bleib in Bewegung und hüte deine Zunge.«
Sie marschierten weiter. Die Straße wurde immer schlammiger. Wind kam auf, trug den Dunst aber nicht davon, sondern schob ihn in den sonderbarsten Formen langsam über die Felder. Aus der Sonne wurde ein orangefarbener Ball.
Polly sah etwas Großes, Weißes, das vom Wind über ein Feld getrieben wurde. Zuerst hielt sie es für einen Silberreiher, einen Zugvogel, der ziemlich spät losgezogen war, aber das Objekt wurde eindeutig vom Wind bewegt. Es landete ein- oder zweimal, bevor es von einer Bö angehoben über die Straße flog und sich gegen Korporal Strappis Gesicht presste.
Er schrie. Stecher griff nach dem weißen Objekt,
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