Weibliche Lust ohne Tabus
Internet, freizügige Bilder und Diskussionen im Fernsehen: Trotz – oder vielleicht gerade – wegen der vielfältigen, ungeschminkten Wahrheiten über Sex im Dschungel der elektronischen Medien lassen sich deutsche Teenager für »das erste Mal« heute deutlich länger Zeit als noch vor sieben Jahren. Das jedenfalls bestätigt die Studie »Jugendsexualität« der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung . Nur 7 % der Mädchen und 4 % der Jungen haben schon mit 14 Jahren zum ersten Mal Sex. Vor einigen Jahren lag der Anteil noch bei 12 bzw. 10 %. Ein Drittel aller Teenager hatte mit 17 noch gar keinen Geschlechtsverkehr. Sind sie deswegen »Spätzünder«? Hat das etwas mit einem erotischen »Null-Bock«-Phänomen zu tun? Keineswegs, nur sind die Jugendlichen sehr viel überlegter und selbstsicherer als die Generation vor ihnen.
Eine freiheitliche, tolerante Erziehung und frühzeitige Aufklärung in der Schule haben zusätzlich zur »sexuellen Reizüberflutung« elektronischer Medien beigetragen, dass Sex für Jugendliche »entdramatisiert« ist. In diesem Alter und mit einer solch aufgeklärten Erziehung gibt es nur mehr wenig Gründe für Geheimnisse oder Verbotenes. Zwei Drittel aller Teenager geben ihr Zuhause als »Ort des Geschehens« an, weil die Eltern erlauben, dass der Freund oder die Freundin hier übernachten können. Die meisten wünschen sich Sex, aber nur innerhalb einer festen Beziehung. One-Night-Stands und erotische Abenteuer sind im Vergleich zu vorangegangenen Generationen relativ selten. In einem Zeitalter, da jede zweite Ehe geschieden wird, entwickeln die Nachkommen stärkere Wünsche nach emotionaler Bindung als nach Befriedigung rein erotischer, spontaner Lüste. Enorme Belastungen in der Schule, Freizeitstress, Nebenjobs und viele andere Unruheherde sorgen dafür, dass Teenager einem festen Partner als Ruhepol in ihrem Leben größere Bedeutung beimessen als den Aufregungen wechselnder Flirts und Liebschaften. 87 % aller Mädchen und 82 % aller Jungen sind übrigens darauf bedacht, konsequent zu verhüten: An erster Stelle steht dabei das Kondom, an zweiter die Pille, an dritter die Spirale und an letzter andere hormonelle Verhütungsmethoden.
Das klingt zum Teil erschreckend vernünftig, bewahrt aber die Jugendlichen davor, unkontrollierte Lust ein Leben lang zu bereuen. Sich für »den Richtigen« aufzusparen, ist niemals falsch. Und je intensiver und erfüllender die erste Liebe ist, umso besser sind die Voraussetzungen, um auch in Zukunft mit einer authentischen Wahrnehmung des eigenen Körpers und einem erotischen Selbstbewusstsein zwischen »richtig« und »falsch« unterscheiden zu können. Manchmal geht es darum, im entscheidenden Moment »Nein« sagen zu können. Das ist ganz wichtig, um sich selbst negative sexuelle Erfahrungen zu ersparen. Jeder darf das, egal wie unsicher man mit 15, 16 oder 17 ist.
Nur wer mit größter Lust und aus innerster Überzeugung »Ja« sagt – egal ob die Beziehung hält oder nicht –, kann diese Erfahrung auch noch für viele spätere Jahre als Gewinn auf sein Lustkonto verbuchen. Denn die ersten Erfahrungen haben entscheidenden Einfluss auf das Liebesleben der nächsten Jahre und Jahrzehnte. So führen erste sexuelle Erlebnisse, die unbefriedigend oder erzwungen verliefen, dazu, dass auch die Hingabe zu zukünftigen Sexpartnern häufig nicht hundertprozentig ist und keine Orgasmen erlaubt. Für Mädchen, die sich auf ihre Körperintelligenz verlassen und sich nur auf sexuelle Erlebnisse einlassen, die sie mit Körper und Seele bejahen, kann eigentlich – sofern sie gut verhütet haben – gar nichts schiefgehen. Auch wenn der erste Freund nicht bleibt: Aus den erotischen Investitionen in jungen Jahren erwächst oftmals erst im späteren Verlauf des Lebens eine lohnenswerte »Rendite«, die sich als Lustgewinn auszahlt.
Die Welt ist nicht genug: Abenteuerlust und Karriere
Zwischen 20 und 30 spielen im Leben einer Frau viele Entschlüsse eine Rolle für den weiteren Verlauf. Ständig kommt man an irgendeine Weggabelung und muss sich für die eine oder andere Richtung entscheiden: Ausbildung, Studium, Beruf, Wohnort und oftmals ein vollkommen neues, soziales Umfeld. In dieser Lebensphase hat man aber in der Regel auch am meisten Energie, um sich ganz neuen Herausforderungen zu stellen. Auch der Mangel an Lebens- und Liebeserfahrung will jetzt unbedingt kompensiert werden. Deshalb geht es zunächst einmal darum, sich selbst zu entdecken
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