Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
Vom Netzwerk:
mit einer attraktiven Frau schlafen zu dürfen, sodass mir eine vorzeitige Ejakulation droht, werde ich mir Florian alias Joachim alias Klassendepp, Adilette und Fliegenpilz vor mein inneres Auge rufen.
    In Bäddricks Gesicht tut sich nichts. Ich muss also deutlicher werden.
    »Sie ist nicht sooo mein Fall.«
    Die Augen von Bäddrick werden sprunghaft groß und drohen fast aus ihrer Verankerung zu flutschen. Und ich merke, dass er Natascha tatsächlich für eine attraktive Frau hält.
    »Wäklisch? Na ja, Geschmägge sinn halt unnerschiedlisch.«
    »Ja, eben. Also, ich fände es sehr korrekt von dir, wenn du mir die hundert Euro zurückgeben könntest.«
    Da habe ich einen empfindlichen Nerv getroffen. Ich merke sofort, wie Bäddrick zurückschreckt und irgendwo ins Nichts blickt, als müsse er nachdenken, was er definitiv nicht tut. Was er gar nicht tun kann.
    »Des is jetzt net so einfach. Mir hamm ja au Koste. Des Trinke, die Miet für die Location un so weidä.«
    Mich interessiert in diesem Moment wirklich, was sich hinter den Un-so-weidä-Kosten verbergen könnte.
    Der Topstylist von Natascha?
    Ihr Visagist?
    Der Flug aus Paris von ihrer Prêt-à-porter-Show, von der sie eigens hier in dieses verträumte Nest im Vordertaunus angereist ist?
    Oder sind einfach nur die Bestechungsgelder der Pfleger gemeint, die Natascha für diese eine Nacht hinaus in die Welt ziehen ließen?
    Ich entscheide mich dafür, mich auf keine Diskussion einzulassen, und schlage den Weg der Diplomatie ein.
    »Okay, verstehe ich. Aber da ich ja nun vor der eigentlichen Aktion gehe und auch die Flasche Sekt hierlasse, schlage ich vor, dass wir uns auf die Hälfte einigen.«
    Bäddrick tut erneut so, als würde er nachdenken, und ich gehe ihm dieses Mal sogar fast auf den Leim. Vielleicht denkt er wirklich nach? Doch dann merke ich, dass er wahrscheinlich nur Probleme damit hat, in seinem Hirn die Hälfte von hundert zu berechnen. Wie gesagt, ich mag ihn trotzdem irgendwie.
    »Fünfzig Euro, ich denke, das ist fair für uns beide«, übernehme ich die verzwickte Rechenaufgabe und öffne ihm somit die Tür. Komm schon, du brauchst nur noch durchzugehen.
    Und zu meiner Überraschung nickt er tatsächlich zustimmend und kramt einen Fünfzig-Euro-Schein aus seiner Hosentasche.
    »Is in Oddnung. Hast ja ach die Flasch Sekt middgebrachd und dagelasse.«
    »Eben.« Ich nicke verständnisvoll und ziehe mich dabei in einem für mich nie da gewesenen Tempo an.
    Als ich die Tür hinter mir schließe und diese Parallelwelt-Party
verlasse, überlege ich mir noch, ob Bäddrick mir vielleicht die fünfzig Euro nur deshalb gegeben hat, da er der Überzeugung war, dass mein Tankstellensekt tatsächlich so viel gekostet hat.
    Ich setze mich in mein arschkaltes Auto, lasse den Motor an und fahre los. Es fällt mir schwer, das Erlebte einzuordnen, und ich wünsche mir Emile neben mich. Er wüsste bestimmt eine Lösung oder zumindest eine Erklärung.
    Ich versuche, so wie er zu denken: Okay, du bist Deutschland. Und Deutschland ist eine Turniermannschaft. Ein Team, das meist schwach beginnt und sich während eines langen Turniers stets zu steigern weiß, sage ich mir und beschließe jedoch im gleichen Moment, mein Leben nie wieder nach Fußballweisheiten auszurichten.

8
Mama, Magdalena Neuner und der Weißflog
    E ins vorweg: Ich liebe meine Mutter. Ich bin ihr für so viele Dinge unendlich dankbar. Zuallererst natürlich dafür, mich in einer schmerzvollen und stundenlangen Aktion durch ihren Unterleib auf die Welt gepresst zu haben. Zum anderen aber auch für Kleinigkeiten. Zum Beispiel für ihr Verständnis, als ich im Alter von acht Jahren meinen bewegungslos und anscheinend tot im Käfig liegenden Hamster heimlich per Feuerbestattung im Garten verbrannte. Und noch viel mehr dafür, dass sie noch vier weitere Jahre wartete, bis sie mir das Phänomen des Winterschlafs erklärte und mir so ein frühkindliches Trauma als Tiermörder ersparte. Für all diese Dinge danke ich meiner Mutter.
    Aber manchmal geht sie mir auch unglaublich auf den Sack. Das ist nun mal so bei Söhnen. Vor allem aber bei den Söhnen meiner Mutter. Es sind meist Kleinigkeiten, die mich schier in den Wahnsinn treiben. So hat meine Mutter zum Beispiel ein neues Hobby für sich entdeckt: Strom sparen!
    Jede Doku auf Kabel 1 zum Thema Strom sparen öffnet für sie vermeintlich eine weitere Tür zur Welt der Erkenntnis und Erleuchtung. Einzig und allein aus dem Grund, den Gott der

Weitere Kostenlose Bücher