Weichei: Roman (German Edition)
den sie in feinsten Stoff gehüllt hat. Die wulstigen Fleischringe ihrer Hüften versucht sie dabei ebenso aussichtslos durch das schwarze Negligé zu kaschieren wie die Schwangerschaftsstreifen, die mich in ihrer epischen Breite an einen Zebrastreifen erinnern, über den ich keinesfalls gehen möchte.
»Ach guck, des muss der Neue sein«, entlässt mich der
sprechende Zebrastreifen aus seiner Umklammerung, und Flipper taucht in die unendliche Tiefe ihres Dekolletés ab.
Unglücklicherweise habe ich so einen freien Blick auf ihren Mund. Sofort fahre ich zusammen. Mich erinnert die Aussicht an eine südamerikanische Goldmine, in der schon seit sehr langer Zeit nicht mehr geschürft, geschweige denn etwas Wertvolles oder wenigstens Nützliches gefunden wurde. Nein, hier wurde schwerster Raubbau betrieben und die Verwüstung sich dann selbst überlassen. Auf den zweiten Blick erkenne ich aber, dass in dieser Grube doch noch Goldspuren zu finden sind. Neben den gänzlich fehlenden Schneidezähnen und dem fauligen Eckzahn schimmern nämlich die Überreste eines verwaisten Goldzahns.
Man kann es schlecht beschreiben, aber ich kann den Blick einfach nicht von ihr nehmen. Ähnlich wie bei einem schlimmen Autounfall, den man wissentlich übersehen möchte, jedoch einfach nicht wegschauen kann, ist das Grauen, das sich vor mir abzeichnet, gleichzeitig schockierend ekelhaft wie faszinierend. Jedenfalls gibt sie mich für einen kurzen Moment nun ganz frei. Ich atme.
»Ja, der Neue«, sage ich und strecke ihr schützend meine Hand entgegen, um einer weiteren kurz bevorstehenden Umarmung zu entkommen.
»Die Natascha küsst gern«, ruft mir Adilette zu. »Vor allem richtig geile Spermazungenküsse. So wie sie in der Anzeige geschrieben hat.«
SpZk , erinnere ich mich schemenhaft. S-p-Z-k, SpZk, heißt also nicht Spezielle Zärtlichkeit, sondern Spermazungenküsse. Und selbst den Zusatz aktiv und passiv kann ich mir nun ebenso schlüssig wie unappetitlich erklären.
»Und auf Natursekt steht sie auch«, schlägt Fliegenpilz einen weiteren Nagel in meinen Nadascha-Sarg.
NS , scheppert es laut in meinem Kopf. Und auch GB hat wohl nichts mit einer Gefühlvollen Berührung gemein. Ich bin inmitten einer Gruppensexorgie gelandet, einem Gangbang. Wobei diese Erkenntnis für mich keinen großen Unterschied mehr macht, da ich mit Natascha auch nicht unbedingt zärtliche Stunden der Zweisamkeit verbringen möchte. Und selbst ein Tête-à-tête zu zweit kommt mit dieser Tonne zwangsläufig immer einem Gangbang gleich. Von unserem gemeinsamen Frühstück bin ich mittlerweile auch meilenweit entfernt. Ganz zu schweigen von unserem romantischen Liebesurlaub.
Natascha, auch wenn du es nicht verstehen wirst und ich dir nun sehr wehtun muss … aber… ich mache Schluss.
Zu meinem Glück fallen die anderen sofort über sie her wie ein Rudel hungriger Hyänen, das ein verletztes Flusspferd entdeckt hat. Und Flusspferd Natascha hat ihren Kopf bereits tief in Florian alias Joachim alias Klassendepps Schamgestrüpp gesteckt, der diese Aktion mit einem genussvoll befreienden Seufzer quittiert. Fliegenpilz scheint dies ebenso zu animieren, und sein monströses Schattengewächs stellt sich noch größer auf, als würde es in einer Millisekunde Unmengen von Sonne und Wasser saugen.
Ich nehme dies nur noch entfernt wahr, denn ich nutze die Gunst des Augenblicks und schleiche mich aus dem Zimmer hinunter zu meinen Klamotten. Ich versuche, meinen Abbruch vor mir selbst zu rechtfertigen, und bemühe in meinem Kopf erneut Fußballweisheiten.
Auch mal mit einem Punkt zufrieden zu sein, dass hinten die Null stehen muss und dass es wirklich große Fußballer schon immer ausgezeichnet hat, im richtigen Moment das Tempo aus dem Spiel genommen zu haben.
»Bissde scho fedddisch, odä was?«, reißt mich eine bekannte
Stimme zurück aus der großen Welt des erfolgreichen Fußballs. Bäddrick steht vor mir und schaut mich fragend an.
»Also, Patrick«, beginne ich meine Erklärung, ohne zu wissen, in welcher Richtung sie enden wird. »Die Natascha ist ja bestimmt eine ganz Nette, aber irgendwie…«
Bäddrick versteht Andeutungen nicht oder nur sehr wenig davon.
Mensch, denke ich mir, geh doch mal da rauf und schau dir dieses Comedyevent an. Das Mädel hat keinerlei Parallele zu der Anzeige einer attraktiven Frau, und die Jungs sind der Inbegriff eines Off-Turns. Ich schwöre, falls ich irgendwann in diesem Leben noch einmal in den Genuss kommen werde,
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