Weichei: Roman (German Edition)
normal?«
»Normal.«
»Des sin dann noch mal fünf dreißisch. Wenn Sie es vielleischt passend hätten?«
Jana kramt in ihrem Geldbeutel, findet tatsächlich fünf Euro dreißig klein, bezahlt und verlässt als zufriedene Kundin den Shop.
»Auf Wiedersehen und beehren Sie uns bald wieder«, ruft Henninger ihr noch hinterher und scheint langsam Gefallen an diesem Bluff zu finden.
Wie ein Apache auf Erkundungsmission spähe ich vorsichtig um das Regal herum.
Sie ist weg.
Es hat tatsächlich funktioniert.
Ich fasse es nicht.
Schweißgebadet reiße ich mir die Pads vom Körper und drehe den abgebrochenen Regler von Stufe fünf auf null. Dann lasse ich mich erneut zu Boden sinken und atme erst mal tief durch. Unter mir der kalte Fliesenboden und eine zehn Quadratzentimeter große Pfütze eines ehemaligen Schokoriegels auf Körpertemperatur. Erst jetzt verlasse ich mein Versteck und sehe gerade noch, wie ein Peugeot von der Tankstelle rollt. Körperlich und seelisch ausgelaugt, blase ich meine Backen auf und klopfe Henninger dankbar auf die Schulter.
»Männer, heute geht das Bier auf mich.«
23
Ölpest in der Sushibar
N achdem ich mithilfe des Internets mittlerweile immer vorher die passenden Flüge raussuche und mich im Anschluss zu taktisch perfekten Zeiten am Drehkreuz positioniere, treffe ich die passenden Crews mit einer achtzigprozentigen Erfolgsquote. Bei den letzten Versuchen habe ich es diesbezüglich zu wahren Meisterehren gebracht. Habe ich doch visuell Buenos Aires, Kapstadt und zweimal London angeflogen. Meist treffe ich zwar auf kopfschüttelnde, aber auch verständnisvolle Flugbegleiter. Eine junge Dame fand es sogar total süß und gab mir ihre Nummer für den Fall, dass es mit der anderen nicht klappen sollte. Verlockend, aber ich habe momentan nur Interesse daran, mit Jana auszugehen.
Es ist perfekt. Und herrlich unkompliziert.
Wir verabreden uns meist via SMS, gehen ins Kino, nehmen einen Drink, unterhalten uns großartig und enden stets in unserem Hotel in der Innenstadt. Das ist abenteuerlich und hat dazu den großen Vorteil, Jana nicht zu mir nach Hause in meine Wohnung einladen zu müssen, die so gar nicht nach Pilot aussieht. Und auch ihr scheint dieses lockere Arrangement zu gefallen.
Obwohl es ehrlich gesagt doch ein kleines Problem bei uns gibt. Denn sosehr ich sie auch mag, über ihre Essensgewohnheiten muss dringend mal geredet werden. Mit beängstigender Sicherheit trifft sie genau die Art von Restaurants und
Speisen, die ich am allermeisten verachte. Nach dem Rohkosterlebnis hat sie mich heute nach Sachsenhausen eingeladen. Was zunächst nach Äpplerkneipe und rustikalem Essen klingt, stellt sich jedoch erneut als Fehltritt heraus. Denn als ich am verabredeten Ort eintreffe, steht Jana vor der Eingangstür des Sushi-Restaurants Sushiko. Dazu strahlt sie übers ganze Gesicht, als ob sie mir damit einen lang gehegten Herzenswunsch erfüllen würde.
»Hi, Robert!«
Einem Begrüßungskuss folgt die prompte Erklärung. »Das ist zum besten Sushi-Restaurant Frankfurts gekürt worden.«
»Tatsächlich?«
»Ja, und als du mir auf der Hochzeit erzählt hast, dass du auch in Japan immer Sushi essen gehst, dachte ich mir, dass es dir hier vielleicht ähnlich gut schmecken könnte.«
Nur der Herr im Himmel weiß, was ich noch alles für einen Mist auf dieser Hochzeit von mir gegeben habe. Dass ich selbst mit der Hand Zebras reiße, weil ich das in Afrika auf Safari erlebt habe? Dass ich mir eine nette, kleine Hütte aus Lehm und Exkrementen unten am Main wünsche, da ich dies am Amazonasbecken bewundern durfte?
Egal was, ich muss jedenfalls die Sache mit dem Alkohol und den damit verbundenen Erinnerungslücken irgendwie in den Griff bekommen.
»Warst du schon mal hier?«
»Nee, das wüsste ich«, antworte ich zur Abwechslung mal wahrheitsgetreu und meine dies auch genau so.
»Klasse, der Chefkoch ist sogar einer der wenigen Spezialisten, die den normalerweise giftigen Kugelfisch zubereiten können.«
»Wie jetzt, giftiger Fisch?«
»Keine Angst. Dafür muss der Koch eine extra Ausbildung
machen, um die giftige Haut und die giftigen Innereien vom Fischfleisch trennen zu können. Und in Deutschland ist das ohnehin verboten.«
»Aha, klingt ja lecker«, antworte ich und nehme einen Platz an der Bar ein.
Zumindest denke ich das.
Denn die Bar stellt sich als Tisch mit integriertem Laufband heraus, an dem ähnlich wie an einem natürlichen Flusslauf Lachs und Co. stromabwärts
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