Weichei: Roman (German Edition)
Currywurstflecken im Gesicht.
In der Nebenrolle: Silent-Rolf.
Und ich als Souffleur unter dem KitKat-Regal.
Es wird das größte Highlight dieses OIL!-Theaters seit dem versuchten Überfall eines kahl geschorenen Hartz-IV-Nazis, der vor dreieinhalb Jahren eines Abends mit gezücktem Messer vor mir stand und die Tageseinnahmen verlangte. Er konnte nicht ahnen, dass just an diesem Tag in der benachbarten Rudi-Mörlitz-Turnhalle die Hessischen Kickboxmeisterschaften ausgetragen wurden und der Offenbacher Kämpfer Yüksel Emre alle drei Titel in der Schwergewichtsklasse abräumte. Noch viel weniger konnte er ahnen, dass der frisch gekürte Champion und seine türkischen Klubkameraden ausgerechnet bei uns darauf anstoßen wollten.
Kurzum: Ich konnte dem Bomberjackenspacko noch die Hälfte seines Kiefers sowie sein sonstiges Leben retten, indem ich ihn nach einer Tritt- und Schlagsalvenserie von Herrn Emre in die Toilette sperrte, bis die Polizei eintraf.
Gerade schaffe ich es noch, mich abzuducken, als ich schon
Janas Stimme höre. Dabei rutsche ich mit den Händen weg und falle auf den Steiß. Oder zumindest auf den Ort, an dem mein Steiß sitzen sollte, denn dieser ist durch das Steuerungsmodul meines MuscleMaster X 2000 besetzt, der den Sturz abfedert. Doch leider verstellt sich dadurch auch der Controller, und ich spüre nur Nanosekunden später eine gewaltige Kontraktionswelle durch meinen Körper schießen. Nun entfaltet der MuscleMaster X 2000 sein wahres, höchst erstaunliches Leistungsvermögen, und ich frage mich, wie so ein Gerät jemals durch den deutschen TÜV kommen kann. Die Stromschläge sind so heftig, dass ich mir geistesgegenwärtig ein Snickers aus dem Regal greife und mir samt Verpackung als Beißriemen zwischen die Zähne stecke. Doch selbst meine Gesichtsmuskeln, die völlig padfrei sind, beginnen, sich durch die Power des MuscleMaster X 2000 rhythmisch zu verselbstständigen.
»Guten Abend.«
Mein Puls schießt nach oben, als wäre der Hau-den-Lukas-Hammer auf mich herabgefahren. Dazu ziehen sich meine Mundwinkel immer wieder nach unten, als ob ich katzenartig einen Wollknäuel auf die Fliesen würgen wollte. Mit aller Macht unterdrücke ich einen Schrei, beiße noch fester auf den Snickersriegel und schaue zu Henninger hinauf.
Der nickt Jana nur zu, sagt aber kein Wort.
»Ich hatte die Säule drei. Müssten genau vierzig Euro sein.«
Wieder nickt Henninger, und ich sehe erst in diesem Moment, dass mein Name fein säuberlich vernäht auf der linken Brusttasche der Thermoweste prangt.
R. Süßemilch . Verdammt!
Aber immerhin scheint sie es passend zu haben, denn ich höre Geldscheine rascheln. Ganz ruhig, Robert. Der Bluff könnte tatsächlich funktionieren. Schweißperlen bilden sich
auf meiner Stirn, und Spucke läuft mir links und rechts über den Schokoriegel, dessen Konsistenz soeben kapituliert und in einem Schoko-Erdnuss-Gemisch zu Boden tropft. Ich verdamme die Erfinder des MuscleMaster X 2000 für die Idee der Stufenschaltung und versuche, den Schmerz in den Unterbauch zu atmen. Doch dann höre ich wieder Janas Stimme.
»Und dann nehm ich noch ein Päckchen…«
O nein! Ich zucke zusammen. Und zwar ganz ohne die Abnehmwunderpads an meinem Körper. Passendes Geld entgegennehmen hätte vielleicht ja noch irgendwie funktionieren können, aber bedienen und abkassieren? Ne, das war’s dann wohl…
Ich sehe mich schon wie ein zuckender Depp hinter dem Tresen hervorkriechen. Peinlich berührte Erklärungen abgeben. Jana wird enttäuscht sein. »Wie, du bist gar kein Pilot? Nur ein mickriger Tankwart? Und dann auch noch mit so einer bescheuerten Lügengeschichte.« Ich warte noch fünf endlos lange Sekunden, in denen ich glaube, Henningers Herzschlag zu hören. Es können aber auch meine vibrierenden Wadenpads sein, die meine Zwillingsmuskeln mittlerweile zu zwei stattlichen Fleischballons aufgepumpt haben.
Dann entscheide ich mich endgültig dafür, nicht nur meine Tarnung, sondern auch eine große Hoffnung aufzugeben. Mein Mund gibt eine aufgeweichte Schokoverpackung frei, und für einen Moment spüre ich den Muskelschmerz nur noch entfernt. Schade, es hatte alles so gut angefangen.
»… West Leischt?«, dringt plötzlich Henningers Stimme wie aus einem Paralleluniversum an mein Ohr. Ich lasse mich zurück auf den kalten Fliesenboden sinken und harre der Dinge.
»Heißen die nicht Silver?«
»Kann sein.«
»Ja, dann nehme ich die.«
»Als Big Pack oder
Weitere Kostenlose Bücher