Weichei: Roman (German Edition)
liegen, das sich in meinem Schädel zu drehen beginnt. Japanbier knallt auch nicht dezenter als der Billigfusel von der Ecke.
Ich liege neben Jana im Bett. Nach dem Schiffeversenken in der Sushibar sind wir wie immer ins Hotel gegangen und haben uns geliebt. Wie immer? Nein, irgendwas war anders. War ich es? Habe ich während des Sex an Steffi gedacht? Hm, vielleicht. Oder hat Jana beim Sex an Steffi denken müssen? Hm, vielleicht. Jedenfalls war es nach Steffis Auftritt schon in der Bar anders. Nicht mehr so rein. Irgendwie fremd. Auch jetzt denke ich an Steffi und ihren Lackaffen im Schlepptau. Dann drehe ich mich zu Jana um. Wie süß sie aussah heute Abend, und was für ein Mistkerl ich bin, dass ich ihre Gutmütigkeit ausnutze. Auch jetzt, als sie neben mir liegt, ist sie schön. Eine Strähne liegt über ihrem Gesicht, die sich bei jedem Ausatmen davonstehlen will und doch zurückgehalten wird. Ich lächle und streiche sie ihr von der Stirn. Dann gebe ich ihr einen Kuss und drehe mich wieder zur Seite.
Es ist jetzt schon Viertel vor vier, und ich habe bereits mein komplettes Sortiment an Einschlaftricks versucht.
Alles vergeblich.
Dann erinnere ich mich daran, mal in einer Zeitschrift gelesen zu haben, dass man als Einschlafhilfe seinen Lieblingsfilm
in Gedanken komplett durchgehen soll. Ich bin bekennender Fan von Star Wars – nur die alten Episoden – und stecke schon in Episode V, die den schlechtesten Teil darstellt, aber wegen der Vollständigkeit halte ich die Chronologie penibel genau ein. Gerade habe ich Han Solo vom Bösewicht Darth Vader in Karbon einfrieren lassen, als sich meine kleine Jediblase bemerkbar macht. Verdammt, dieses Japanbier!
Nachdem ich von der Toilette zurück ins Bett falle, bin ich nicht nur wacher als zuvor, sondern habe als Zugabe auch noch einen kalten Hintern von der Klobrille. Und zu allem Überfluss will mein Fantasie-Luke-Skywalker einfach nichts mit Prinzessin Lea anfangen. Dachte, dass ich dadurch den Film vielleicht etwas aufpeppen könnte, aber es gelingt mir nicht. Dazu habe ich von meinem Toilettengang neben dem kalten Po auch kalte Füße mitgebracht. Könnte natürlich aufstehen und mir Socken anziehen. Aber das wäre ein Rückfall in alte Weicheizeiten. Da bleibe ich lieber bis zum Frühling im Bett liegen und warte auf die ersten wärmenden Sonnenstrahlen.
Steffi hat sich immer eine Wärmflasche gemacht.
Ob Jana so was auch macht?
25
Die Weinprobe
D ie nächsten Tage vergehen im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Ich habe Jana nach dem Sushiabend gesagt, ich sei nun erst mal auf einer Mehrtagestour in Südamerika unterwegs und wäre am Wochenende wieder zurück. So gewinne ich wenigstens etwas Zeit. Ich fühle mich immer unbehaglicher dabei, sie anzulügen. Aber was bleibt mir anderes übrig? Wenn ich jetzt mit der Wahrheit rausrücke, bin ich sie erst recht los. Jetzt ist Wochenende, und schon signalisiert mir mein Minihandy eine SMS.
Es ist Jana.
Sie will mich heute überraschen.
Oh, oh.
Mal sehen, mit welchem Restaurant sie heute meine Geschmacksnerven strapazieren will. Aber ganz ehrlich: Es ist mir völlig egal. Selbst wenn sie mit mir am Hauptbahnhof lecker Gleise lecken wollte und frittierte Streptokokken zur neuen Trendspeise ausrufen würde: Ich wäre dabei. Ich würde sogar mit ihr zum Bieberer Berg gehen und eine Rindswurst der Offenbacher Kickers verputzen. Ja, ich wäre für sie zum Äußersten bereit.
Aber ich werde sie trotzdem auch bald überraschen müssen. Und zwar ganz übel. Vielleicht erst mal häppchenweise. Die Wahrheit auf Raten präsentieren. Und heute Abend werde ich damit beginnen. Treffpunkt ist um halb acht im Destino . Das beruhigt mich zudem. Ich kenne sowohl die Bar als auch die Essenskarte. Zumindest haben sie definitiv irgendein Stück Kuh oder Schwein auf der Karte, das ich mir einverleiben kann. Endlich keine Körner oder kreisrunde Fischkadaver.
Fünf Minuten vor der Zeit treffe ich ein und erkenne Jana schon von Weitem. Sie sieht erneut einfach nur toll aus. Der Abend könnte fantastisch werden, wenn ich ihr nicht die erste Portion Süßemilch-Wahrheit verabreichen müsste. Aber wenigstens wird das Essen diesmal ein Treffer. Doch schon als ich kurz nach Betreten der Bar in die Augen der weiteren anwesenden Personen blicke, zweifle ich an meiner Einschätzung. Es überkommt mich ein seltsames Gefühl von elitärem Größenwahn der oberen Mittelschicht, das sich hier sonst nicht so deutlich zeigt. Was
Weitere Kostenlose Bücher