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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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vorbeiziehen.
    All you can eat für 13,99 Euro, steht auf einem Schild. Ein echtes Schnäppchen und ein Gaumenschmaus. Zumindest, wenn man ein Grizzlybär ist und sonst am Ufer des Yellow River auf Lachsfang geht.
    Vor mir schieben sich die rohen Meeresbewohner in den schillerndsten Farben des Regenbogens auf kleinen Tellerchen vorbei. Jana klärt mich über California Roll, Babytintenfisch-Nigiri und Rainbow Roll auf. Ich verstehe nur Bahnhof, tue aber als angeblicher Fachmann so, als würde ich ihre Ausführungen bestätigen. Stattdessen glotzt mich ein Maki nach dem anderen wie aus einem einzigen Zyklopenauge an. Ist das bisher nur mir aufgefallen, dass diese Teile wie ein Walauge mit Iris und Pupille aussehen? Ich versuche, mir diesen Gedanken mit einem Tsingtao-Bier aus dem Kopf zu spülen. Denn wenigstens haben die Japaner im Gegensatz zu den Veganern Alkohol in ihrem Portfolio des Grauens.
    Die Sushiröllchen erinnern mich nun auf den zweiten Blick in ihrem dunkelgrauen Tangmantel an einen aufgeschnittenen und sauber portionierten Elefantenpenis. Auf den dritten auch noch, und ich entscheide mich direkt für ein weiteres Bier.
    Die schwarze Rundumpappe verleiht dem Fisch dazu ein seltsam unfrisches Bild. Als wäre der Meeresbewohner wegen
Ungenießbarkeit vom Ozean höchstselbst ausgekotzt worden.
    Jana nimmt sich mittlerweile das dritte Schälchen, während ich noch auf den richtigen Moment warte. Die Frage ist dabei nur, wie sieht der richtige Moment aus? Auf was wartet man an so einem Fischband?
    Auf ein Schnitzel?
    Currywurst mit Pommes?
    Ein paar Frikadellen halb und halb mit Zwiebeln und Bratkartoffeln?
    Wohl kaum.
    Ich schaue hinauf zum Quell des Flusslaufs, doch dort legt der fleißige Asiate nur ständig weiter zerteilte Meeresbewohner auf die Teller. Mir erschließt sich der tiefere Sinn dieser Fließbandverköstigung nicht so ganz. Für mich sieht das hier aus wie bei IKEA im Restaurant an der Geschirrrückgabe, nur dass hier die Teller nicht raus-, sondern reingefahren werden. Das, was auf dem Teller liegt, sieht hingegen bei beiden erschreckend gleich aus. Nur dass ich bei IKEA nichts zahlen muss, wenn die Teller vorbeifahren. Ein Königreich für einen Teller Köttbullar. Selbst für so einen labbrigen Schwedenhotdog mit holzigen Röstzwiebeln würde ich nun jede Fähre nach Stockholm kapern.
    Es nutzt nichts, irgendwann muss ich zugreifen. Jana hat bereits den nächsten Teller erobert und hantiert mit den Essstäbchen geschickt zwischen Teller und ihrem Mund. Gleich wird sie sich zu mir drehen, um zu fragen, was denn mit mir los sei. Ob es mir nicht schmecke, ich sie nicht mehr möge. Ob ich nichts mehr von ihr wissen will und dass sie daher besser das Ganze mit mir sofort hier und jetzt beendet.
    Ich ergebe mich und greife wahllos nach dem nächsten vorbeischippernden Teller. Es ist irgendwas ziemlich Rotes. Irgendwas,
das aus Reis herausquillt. Sofort schiebt mir Jana das Schälchen Wasabi herüber. Dass das so heißt, weiß ich nur, weil sie mich vor zwei Minuten gefragt hat, ob ich ihr das Schälchen Wasabi rüberreichen könne. Ich bedanke mich artig und wähle Messer und Gabel als Waffe. Ist sicherer, als mit den Holzstäbchen Sushi-Mikado zu spielen. Ich spieße meinen feuerwehrroten Fisch auf und ziehe ihn einmal durch den grünen Wasabischlamm. Dann beginne ich zu kauen.
    Jana schaut kurz auf und lächelt.
    »Ist ja witzig, du bist einer von denen, die die Gabel rechts und das Messer links halten. Nach Knigge ist das nämlich eigentlich verkehrt.«
    »Ach.« Ich kaue mit halb offenem Mund und denke, dass dieser Knigge wohl auch nie rohen Fisch vor sich auf dem Tisch liegen hatte, sonst hätte er auch noch Mülleimer und Kotzbeutel als passende Tischutensilien gebilligt.
    Das ist der Moment, in dem ich merke, dass Wasabi ein japanisches Überbleibsel aus Hiroshima sein muss. Mir brennt der Rachen wie nach einem Napalmangriff, und ich vergesse sogar für einen kurzen Moment den Fischtorso, der soeben in meinem Magen gelandet ist.
    Ein Mann sollte nichts essen, was kein Gesicht hatte, er nicht selbst erlegt hat oder zumindest Hufe oder Krallen sein Eigen nennt.
    »Und«, fragt Jana, »ist gut, oder?«
    »Klasse«, antworte ich einsilbig, da mir einfach die Luft für blumige Worte fehlt. Gierig schütte ich das Bier als Löschversuch hinterher. Guter Gedanke. Katastrophale Wirkung. Das Bier schafft es weder, das Feuer im Rachen zu binden, noch irgendwas zu löschen. Viel schlimmer. Es weiß

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