Weihnachten mit einem Dieb (Romeo & Julian) (German Edition)
Heiligabend? Was auch immer der Anlass dafür war, es verhieß nichts Gutes. Mit etwas Glück wäre Julian im Feierabend bevor das Aquarium wieder geöffnet wurde. Obwohl er sich eigentlich eher glücklich schätzen würde wenn er den Befehl bekäme zu bleiben um an irgendeiner internationalen Krise zu arbeiten die sich gerade ereignet hatte. Dann könnte er sich wenigstens mit etwas beschäftigen. Hoffentlich bis lange nach den verdammten Feiertagen. Idealerweise bis lange nach Ende des verdammten Jahres. Und am besten auch gleich bis zum Ende des nächsten Jahres.
Chief Baxter hatte ihm—nochmals—freundlich gesagt er solle sich ein paar Tage fr ei nehmen aber er hatte dankend abgelehnt. Nochmals. Es war schon schlimm genug dass er irgendwie die Zeit bis Neujahr totschlagen musste. Eine ganze Woche während der die Abteilung geschlossen war. Niemand hielt es für wahrscheinlich dass in dieser Woche irgendwelche bedeutenden Verbrechen die mit Kunst zu tun hatten begangen werden würden. Warum eigentlich nicht? Gehörten Kunstdiebe vielleicht einer Gewerkschaft an die es ihnen untersagte während der Festtage zu arbeiten?
Niemanden interessierte es dass er kaum in der Lage war die Zeit zwischen den Bürostunden zu Hause auszuhalten, ganz zu schweigen von den Stunden, sogar Tagen, die er alleine mit sich verbringen sollte. Das wäre unerträglich. Und am unerträglichsten war es, in seinem eigenen Haus zu sein wo all diese Erinnerungen waren, die Erinnerungen an—Nein, die einzige Lösung war es, einfach weiterzuarbeiten. Sich zu beschäftigen damit er keine Zeit hatte nachzudenken, denn wenn er das tat, landeten seine Gedanken unweigerlich bei—Arbeit. Er musste an seine Arbeit denken.
Fest entschlossen ging er zurück an seinen Schreibtisch, stellte die Tasse ab und griff nach einer weiteren Akte die auf dem kleinen Stapel vor ihm lag. Potentielle Fallakten. Es gab nicht gerade viele davon dieser Tage, aber dennoch genug damit er sich nicht langweilte. Er starrte auf die Papiere vor sich ohne etwas wahrzunehmen. Irgendwas das mit einem Kunstraub zu tun hatte, so viel war klar. Die Details, naja, die waren doch eigentlich unwichtig, oder? Die meisten Gegenstände die in der Kunstwelt die Besitzer wechselten bedeuteten sowieso nur einer sehr begrenzten Anzahl an Leuten etwas. Wenn jemand bereit war eine lächerliche Summe auszugeben um etwas zu bekommen, legal oder illegal, dann konnte er das Julians Meinung nach ruhig tun. Hatte er seinen Biss verloren? Vielleicht. Wahrscheinlich. Aber die dunkle Seite der Kunstwelt hatte den Reiz für ihn verloren in der Nacht als eine schwarzgekleidete Gestalt von einem Dach gestürzt und in der Dunkelheit dahinter verschwunden war.
„Special Agent Harris? Kann ich Sie kurz sprechen?“ Chief Baxters klare Stimme zerrte ihn aus dem schwarzen, uferlosen Fluss den er sich immer vorstellen musste wenn er an Romeos Ende dachte.
Sein Nacken kribbelte. Vielleicht hatte sich ja wirklich irgendetwas ereignet. Etwas das erforderte dass er da blieb und bis zum Umfallen arbeitete. Er wäre gerne bereit ins Büro zu ziehen auch wenn er annahm dass das ein bisschen zu weit gehen würde, selbst in Baxters kalten grauen Augen.
„Chief?“ Julian ließ die Tür hinter sich offen. Es war niemand mehr in den anderen Büros. Die gesamte Etage war verlassen. „Director Jones“, fügte er mit einer respektvollen Verneigung seines Kopfes hinzu.
Jones sah ihn kurz eindringlich an und wandte sich dann Baxter zu. „Ist er das?“
Sie nickte. „Special Agent Julian Harris, Leiter der Abteilung für Verbrechen die mit Kunstgegenständen zu tun haben.“
Jones steinerner Blick fiel erneut auf Julian. „Ich hörte Sie hatten endlich Erfolg in Ihrem großen Kunstdiebstahlfall.“
Julian schluckte. „Ja, ich hatte Erfolg. Sofern man den Tod seines einzigen Verdächtigen als Erfolg betrachtet.“
Jones hielt kurz inne, dann zuckte er die Schultern. „Gut. Ich schätze es wenn meine Agenten erfolgreich sind. Ich schätze es auch wenn sich der Erfolg mit einem Minimum an Aufwand erzielen lässt, sowohl finanziell als auch was den Einsatz von Zeit betrifft. Anders ausgedrückt, Special Agent Harris—ich erwarte dass Sie in Zukunft Ihre Fälle ein bisschen schneller lösen.“
Wut flammte in Julian auf, aber er rang sie nieder. „Sir. Ich werde mein Bestes tun.“ Es hörte sich lahm an, wie eine Entschuldigung, und vielleicht war es das auch. Er hatte sein Bestes gegeben, aber er war nicht
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